Lukas Niebuhr
· 05.05.2024
Die zweite Etappe des Giro d`Italia 2024 führte von San Francesco al Campo 161 Kilometer zum Santuario di Oropa (Biella). Bereits ab dem scharfen Start zögerte eine zunächst sechsköpfige Gruppe nicht lange und fuhr mit Tempo einen kleinen Vorsprung auf das Peloton heraus. Im Verlauf des Rennens konnte die zu diesem Zeitpunkt nur noch fünfköpfige italienische Gruppe den Vorsprung weiter ausbauen und war zwischenzeitlich ca. 4:30 Minuten vor dem Hauptfeld. Lange Zeit passierte wenig, bis sich Andrea Piccolo (EF Education EasyPost) aus der Ausreißergruppe löste und allein auf Punktejagd bei den Bergwertungen ging.
Nach und nach wurden die Ausreißer vom Peloton gestellt, bis dieses auch den lange Zeit weit vorne liegenden Andrea Piccolo etwa 6,5 Kilometer vorm Ziel einholte. Topfavorit Tadej Pogacar, der zwischenzeitlich in der entscheidenden Phase des Rennens stürzte, konnte schnell wieder zu seinem Team aufschließen, das ihn in Position für seine Attacke brachte. Etwa 4,5 Kilometer vorm Ziel setzte sich der Slowene vom Peloton ab, zog zunächst noch eine Verfolgergruppe mit, die ihn jedoch nicht mehr einholen konnte, und siegte souverän bei der ersten klassischen Bergankunft, die es so früh beim Giro seit 1989 nicht gegeben hatte. Hinter Pogacar belegte Daniel Felipe Martinez (Bora-Hansgrohe) Rang zwei, sein deutscher Teamkollege Florian Lipowitz wurde Fünfter.
“Heute ist ein Traum in Erfüllung gegangen, eine außergewöhnliche Freude. Nach dem Sieg bei der Vuelta und der Tour konnte ich den Kreis schließen und bei allen Grand Tours erfolgreich sein. Das schaffen nicht viele Menschen. Nach dem Sturz bin ich nicht in Panik geraten, das Team hat mich schnell wieder auf die Beine gebracht. Nach dem letzten Sprint von Rafal Majka habe ich beschleunigt und einen guten Vorsprung herausgefahren. Ich hatte gehofft, das Maglia Rosa zu gewinnen, jetzt kann ich mich ein paar Tage ausruhen”, sagte Tadej Pogacar nach seinem Sieg bei der 2. Etappe.
Von der frühsten Bergankunft beim Giro d`Italia seit 1989 versprachen sich viele ein spannendes Rennen - mit einem klaren Sieger. Zwar konnte Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) im Ziel auf dem Santuario di Oropa den Erwartungen gerecht werden, jedoch zeichnete der Rennverlauf zunächst ein anderes Bild. Um 13:16 Uhr fiel der scharfe Start und mit ihm ging es brisant los. Filippo Fiorelli (VF Group-Bardiani CSF - Faizane) zog sofort an und nahm fünf Fahrer mit, die einen kleinen Vorsprung auf das Peloton herausfahren konnten. Vereinzelte Attacken aus dem Hauptfeld auf den ersten Kilometern konnten immer wieder unterbunden werden, jedoch schaffte es eine fünfköpfige italienische Gruppe, einen größeren Abstand auf das Peloton herauszufahren.
Die fünf Ausreißer, bestehend aus Filippo Fiorelli (VF Group-Bardiani CSF - Faizane), Davide Bais (Polti-Kometa), Martin Marcellusi (VF Group-Bardiani CSF - Faizane), Christian Scaroni (Astana Qazaqstan Team) und Andrea Piccolo (EF Education EasyPost) konnten ihren Vorsprung über einen längeren Zeitraum halten und sich so die Punkte bei den beiden Sprintwertungen holen. Filippo Fiorelli gewann beide Sprints, auch weil der erste wenig umkämpft war, und sicherte sich damit das zyklaminrote Trikot.
Anschließend zog Andrea Piccolo das Tempo an und machte sich alleine auf den Weg zur ersten Bergwertung. Er konnte den Abstand auf die Verfolgergruppe halten und später vergrößern und sicherte sich die Punkte beim Oasi Zegna und dem Nelva (beide Kategorie 3, jeweils 9 Punkte). Damit belegt er jedoch nur den 4. Platz in der Gesamtbergwertung.
Zu diesem Zeitpunkt ging das Rennen etwa 23 Kilometer vor Schluss in die entscheidende Phase. Die Verfolger von Piccolo konnten nach und nach vom Peloton eingeholt werden, das abwechselnd von Ineos Grenadiers und UAE Team Emirates kontrolliert wurde. Mehr oder weniger aus dem Nichts kam dann der kurze Schock, da Tadej Pogacar bei niedriger Geschwindigkeit gestürzt war. Grund war ein platter Vorderreifen, durch den der Slowene wegrutschte, jedoch sofort weitermachen konnte.
Pogacar arbeitete sich schnell ans und durchs Peloton zu seinem Team zurück, welches dieses anführte und weiter Tempo machte. Etwa 6,5 Kilometer vorm Ziel wurde der bis dahin sehr starke Andrea Piccolo vom Peloton eingeholt und verschluckt. Viele Fahrer verloren auf Grund des hohen Tempos bei einer bis zu 14%-Steigung den Anschluss. Auf den letzten 5 Kilometern setzte Pogacar seine finale Attacke, zog zunächst noch eine Verfolgergruppe mit, die ihn jedoch schnell aus den Augen verlor. Mit einem Vorsprung von 27 Sekunden sicherte sich der Topfavorit vor Daniel Felipe Martinez (Bora-Hansgrohe) und Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) den Etappensieg und übernimmt das Rosa Trikot.