Sebastian Lindner
· 27.05.2023
14 Sekunden fehlen Thomas auf auf Roglic. Dritter ist nach der 20. Etappe des Giro d’Italia 2023 weiterhin Joao Almeida (UAE Team Emirates), der auch in der Tageswertung hinter den beiden Top-Favoriten auf Rosa landete. Auch ein Defekt konnte Roglic nicht auf seinem Siegeszug stoppen. Kurz nach der zweiten Zwischenzeit sprang ihm die Kette vom Rad. Er verlor einige Sekunden, doch das schien ihn nur umso mehr zu motivieren, das Trauma vom verlorenen Tour-de-France-Sieg 2020 im abschließenden Bergzeitfahren zur Planche des Belles Filles vergessen zu machen.
“Es ist unglaublich. Ich habe meine Kette verloren, aber ich habe sie wieder draufgelegt. Ich hätte alles verlieren können, aber das ist Teil dieses Rennens. Die Fans gaben mit ein paar Extra-Watt. Noch ein Tag. Es ist noch nicht vorbei, bis es vorbei ist. Aber es sieht gut aus”, sagte Roglic im Ziel.
“Irgendwie hatte ich nicht den richtigen Druck auf dem Pedal”, suchte Thomas nach einer Erklärung. “Ich verliere lieber mit so einem Rückstand als mit einer oder zwei Sekunden. Und dann verdient er es. Wenn mir jemand im März Platz zwei vorhergesagt hätte, hätte ich mich riesig gefreut. Aber jetzt bin ich wirklich ziemlich enttäuscht.“
Lennard Kämna (Bora-Hansgrohe) muss sich nach Platz 14 in der Tageswertung und 2:18 Minuten Rückstand auf Roglic in der Gesamtwertung des Giro d’Italia 2023 mit Platz 9 begnügen. Der Deutsche Zeitfahrmeister büßte eine weitere Position ein und musste Andreas Leknessund (Team DSM) noch an sich vorbeilassen.
“Wie erwartet war es ein wirklich schwieriges Zeitfahren. Wir haben uns gut darauf vorbereitet und wussten, dass ich eine gute Chance hatte, hier gut abzuschneiden”, wurde Kämna in einer Mitteilung seines Teams zitiert. “Was soll ich mehr sagen, außer, dass ich an diesem letzten und entscheidenden Tag für die Gesamtwertung alles gegeben habe und deshalb mit meiner Leistung zufrieden sein kann.”
Weiter nach oben ging es hingegen für Thibaut Pinot, der den Giro d’Italia 2023 nach einem starken Zeitfahren auf der 20. Etappe nicht nur im Bergtrikot beenden wird, sondern auch auf Rang 5 im Gesamtklassement. Er zog noch genauso wie Thymen Arensman an Eddie Dunbar (Jayco-AlUla) vorbei, der 3:03 Minuten auf Roglic kassierte, damit als Gesamtsiebenter aber eine Sekunde auf Leknessund verteidigte.
Gerade für die Fahrer aus dem ersten Startblock - das Zeitfahren wurde in drei Teile gesplittet, damit zwischendurch Zeit war, um die Begleitmotorräder wieder vom Berg zu kriegen - hatten trotz des harten Tages vor der beeindruckenden Kulisse auf dem Monte Lussari ihren Spaß. Mark Cavendish (Astana Qazaqstan Team) klatschte mit den Fans kurz vorm Ziel ab, Laurenz Rex (Intermarche-Circus-Wanty) fuhr mit einem Wheelie über die Ziellinie.
Nicolas Dalla Valle (Corratec - Selle Italia), der als Erster gestartet war, lieferte auf dem Gipfel auch die erste Zeit mit 55:03 Minuten - ein Schnitt von 20,2 km/h. Doch die hatte nicht lange Bestand. Die Bestzeit aus dem ersten Block lieferte Thibault Guernelac (Arkea-Samsic) mit 48:35 Minuten.
Erst Thomas Champion (Cofidis) konnte diese Marke um 19 Sekunden drücken, doch diese Zeit hatte nicht lange Bestand, denn dann kam Matthew Riccitello (Israel - Premier Tech). Der Amerikaner pulverisierte die Marke des Franzosen, war fast zwei Minuten schneller (46:19 Minuten). Das Duo schloss den zweiten Block an der Spitze der Zwischenwertung ab.
Es benötigte einen Jay Vine (UAE Team Emirates), um den 21-Jährigen von der Spitze zu verdrängen. Doch auch der Australier war nur drei Sekunden schneller. Kurz darauf war es Vines Teamkollege Brandon McNulty, der die Situationen klarer regelte und in 45:30 Minuten eine neue Richtzeit lieferte. Ein weiterer Amerikaner konnte nochmal einen draufsetzen. Sepp Kuss (Jumbo-Visma) war nochmal zwei Sekunden schneller.
In der Zwischenzeit waren auch die Top 3 an der ersten Zwischenzeit durch. Primoz Roglic (Jumbo-Visma) hatte dort zwei Sekunden gutgemacht auf Geraint Thomas (Ineos Grenadiers), zwei weitere Sekunden dahinter lag Joao Almeida (UAE Team Emirates). Es blieb also eng.
An der zweiten Zwischenzeit hatte Roglic eine echte Marke abegeliefert. 16 Sekunden hatte er dort bereits auf Thomas aufgeholt. Doch kurz danach ereilte ihn ein Schreckmoment. An einer abgedeckten Regenrinne auf der Straße sprang die Kette von seinem Rad. Doch der Slowene fummelte sie schnell wieder rauf und verlor nur wenig Zeit.
So wenig, dass er bereits an der dritten Zwischenzeit trotz des Malheurs 29 Sekunden Vorsprung auf Thomas hatte - und damit den 26-Sekunden-Rückstand vor dem Start bereits in eine kleine Führung gedreht hatte.
Während Thinaut Pinot (Groupama FDJ) zuvor in 45:22 Minuten eine neue Bestzeit aufgestellt hatte, die Damiano Caruso (Bahrain-Victorious) erst um vier und dann Joao Almeida (UAE Team Emirates) nochmal um 13 Sekunden (45:05 Minuten) unterbot, pulverisierte Roglic die Zeit dann. Getragen von tausenden slowenischen Fans im Zielbereich lieferte er in 44:23 Sekunden ab - eine Zeit, an der sich auch Thomas die Zähne ausbeißen sollte.