Sebastian Lindner
· 20.05.2023
Nico Denz (Bora-Hansgrohe) hat nach der 12. auf die 14. Etappe des Giro d’Italia für sich entschieden. Wieder war der Südbadener Teil einer Ausreißergruppe. Aus fast aussichtsloser Situation fuhr der 29-Jährige auf dem letzten Kilometer noch eine Lücke zu und sprintete dann zum Sieg.
Zum Jubeln setzte er fast zu früh an, denn Derek Gee (Israel- Premier-Tech) kam noch auf gleiche Höhe - es gab ein Fotofinish, dass der Deutsche für sich entschied. Gee ist damit zum dritten mal Zweiter im Verlauf des Giros.
Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) hat unterdessen sein Rosa Trikot an Bruno Armirail (Groupama-FDJ) abgegeben. Armirail ist damit der erste Franzose seit Laurent Jalabert 1999, der das Rosa Trikot innehat. Das Feld kam mit mehr als 21 Minuten nach den Ausreißern ins Ziel. Neuer Träger des Bergtrikots ist Davide Bais (Eolo-Kometa), der 40 Punkte am Simplonpass einsackte, und damit Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) wieder überholte.
“Ich wollte die Etappe gewinnen, hatte nicht eine Sekunde an Rosa gedacht”, sagte der neue Gesamtführende Armirail im Ziel. Er fühle sich wie im Traum. “Die Realität erreichte mich aber erst auf der Ziellinie, als das Feld ankam. Ich war todmüde. Aber als der Vorsprung dann schon bei 15 Minuten war, wäre ich enttäuscht gewesen, wenn es dann nicht gereicht hätte.”
Am Ende waren es mehr als 21 Minuten, die das Feld auf dem 194 Kilometer langen Teilstück zwischen Sierre und Cassano Magnagohinter der Spitze ankam.
Denz sagte im Interview, dass sein erster Etappenerfolg nicht unwichtig für den heutigen war. “Wenn man schon einen Sieg in der Tasche hat, dann willst du nicht Vierter werden”, erklärte der Bora-Profi im Ziel. “Ich wollte entweder um den Sieg fahren, oder mit wehenden Fahnen untergehen. Es hat gereicht. Ich verstehe gar nicht, was hier gerade abgeht. Aber so darf es gerne noch eine Woche weitergehen."
Der Kanadier Gee zeigte sich einmal mehr extrem bescheiden. Sein Teamkollege Simon Clarke wohne in der Gegend und habe sein Erfahrungen geteilt. Auch er zählte zu den Ausreißern. “Wir waren zu dritt in der Gruppe und haben gut gearbeitet. Es ist schade, dass ich das heute nicht vollenden konnte. Es fehlte ganz wenig zum Sieg, aber mit der Leistung in diesem Giro bin ich sehr zufrieden.”
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Nach dem Start im Schweizer Ort Sierre versuchten sich einmal mehr relativ früh, Spitzengruppen zu bilden. Eine erste Gruppe konnte sich nach rund 20 Kilometern ein kleinen Vorsprung herausfahren. Ein frühe Windkante, die das Feld in drei Teile brach, wurde zuvor wieder geschlossen. Unter den 18 Mann: das deutsche Trio Jasha Sütterlin (Bahrain-Victorious), Marius Mayrhofer (Team DSM) und Etappensieger Nico Denz (Bora-Hansgrohe).
Doch mit diesem Gebilde waren nicht alle zufrieden, unter anderem versuchten sich mit Lennard Kämna (Bora-Hansgrohe) und Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) der Sechste und Achte der Gesamtwertung in einer weiteren großen Gruppe nach vorne zu fahren. Nach Protesten ihrer Mitfahrer ließ sich das Duo wieder ins Hauptfeld zurückfallen, der Rest schaffte es noch vor dem Fuße des Simplonpasses, nach vorne aufzuschließen, womit schließlich 27 Fahrer vorne waren. Zwei weitere kamen kurze Zeit später dazu.
Und auch der Regen gesellte ich im Anstieg zu den Fahrern, die bis zum Gipfel aber gut zusammenarbeiteten. Oben war Davide Bais (Eolo-Kometa) der Erste, sicherte sich 40 Punkte für die Bergwertung und holte sich damit das Trikot von Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) zurück, der nur vier Zähler auf Bais Vorsprung hatte. Am Gipfel hatte die Gruppe zehn Minuten Vorsprung auf das Hauptfeld.
63 Kilometer vor dem Ziel der 14. Etappe des Giro d'Italia 2023 - der Vorsprung der Gruppe war auf 13 Minuten angewachsen - eröffnete Alberto Bettiol (EF Education EasyPost) das Finale mit einer Attacke. Als der Italiener eingeholt war, nutzten Laurenz Rex (Intermarche-Circus-Wanty) und Stefano Oldani (Alpecin-Deceuninck) den Bonussprint als Sprungbrett für den nächsten Versuch. Davide Ballerini (Soudal - Quick-Step) und Toms Skujins (Trek-Segafredo) stießen kurze Zeit später dazu.
30 Kilometer vor dem Ziel hatte sich das Quartett etwa 45 Sekunden herausgefahren, das Hauptfeld hatte die Arbeit eingestellt und bereits 16:30 Minuten Rückstand. Als noch 18 Kilometer zu fahren waren, hatte sich daran nicht viel geändert. Das Terrain hingegen wechselte von topfeben nochmal zu leicht wellig.
Rex konnte zehn Kilometer vor dem Ende das Tempo der Spitze nicht halten. Währenddessen schmissen Denz, Mayrhofer, Bettiol und Gee die Kräfte zusammen und setzten sich vom Rest ab. Doch noch drei Kilometer vor dem Ziel sah es nicht so aus, also sollte das Quartett aufschließen können.
Dann warf Nico Denz den Diesel an, fuhr auf den letzten anderthalb Kilometern alleine 14 Sekunden zu. 400 Meter vor dem Ziel war die Spitze eingeholt. Denz zog direkt vorbei, nahm Bettiol als Sprungbrett zum Sieg und jubelte früh. Doch als er die Arme deutlich vor der Ziellinie hochriss, kam Gee fast noch auf gleiche Höhe, sodass das Fotofinish Denz letztlich zum Sieger erklären musste.