Sebastian Lindner
· 21.05.2025
Lange musste Carapaz auf einen Sieg warten. Doch wenn er zuschlägt, dann sind es große Erfolge. Das bis dato letzte Mal durfte er auf der 17. Etappe der Tour de France des vergangenen Jahres jubeln. Damals wie heute kam der Ecuadorianer als Solist an. Seiner Attacke neun Kilometer vor dem Ziel in dem Moment, als die Spitzengruppe eingeholt wurde, konnte keiner folgen. Bis ins Ziel in Castelnovo ne' Monti verteidigte er auf der ansteigenden Zielgeraden zehn Sekunden von einstmals 30.
Der kleine Vorsprung und die Bonussekunden ließen Carapaz im Gesamtklassement wieder um drei Positionen auf Rang sechs nach oben klettern. Angeführt wird die Wertung weiter von del Toro, der Tageszweiter vor Giulio Ciccone (Lidl - Trek) wurde. Aus del Toro konnte durch Bonifikationen seinen Teamkollegen und Kapitän Juan Ayuso wieder um sechs auf insgesamt 31 Sekunden distanzieren.
“Es etwas ganz Besonderes, diese Etappe beim Giro zu gewinnen”, sagte Carapaz im Ziel. “Es war richtig aufregend heute. Ich möchte den Sieg meiner Familie widmen, besonders meinem Sohn, denn der hat heute Geburtstag.“ Für den 31-Jährigen war es der 24. Sieg seiner Profi-Laufbahn.
Viel hatte im Vorfeld dafür gesprochen, dass der Tag einer für die Ausreißer wird. Doch die Etappe war so umkämpft, dass sich erst direkt vor dem längsten Anstieg der bisherigen Rundfahrt nach 80 Kilometern eine Gruppe bilden konnte. Für viele Nicht-Kletterer war der Zug damit abgefahren. So waren es die Spezialisten um Lorenzo Fortunato (XDS Astana Team) im Bergtrikot, die die Hauptrollen spielten. Gerade für den Italiener im Bergtrikot lief es gut. Er konnte reichlich Punkte für sein Jersey sammeln und liegt nun mehr als 100 Punkte vor seinem ersten Verfogler Ayuso. Auch Mads Pedersen (Lidl - Trek) konnte sein Maglia Ciclamino verteidigen.
Es entwickelte sich von Beginn an der erwartete harte Kampf um die Ausreißergruppe des Tages. Trotz zahlreicher Attacken dauerte es knapp 80 Kilometer oder anderthalb Rennstunden, bis sich eine Gruppe bildete. Da war auch schon der Fuß des Anstiegs hoch nach San Pellegrino in Alpe (1. Kategorie) erreicht war. Nachdem zunächst Wout Poels (XDS Astana Team) und Wilco Kelderman (Visma | Lease a Bike) eine Lücke herausfuhren, setzte eine mehr als 30 Fahrer starke Gruppe nach, die das Duo schnell einholte. Mit dabei: Das Punktetrikot von Pedersen und der Mann im Bergtrikot, Fortunato sowie die drei Deutschen Marco Brenner, Florian Stork (beide Tudor Pro Cycling Team) und Georg Steinhauser (EF Education - EasyPost).
Während Fortunato dann aber schnell ins Solo ging, war auch das Hauptfeld nicht weit weg, UAE Emirates - XRG, nicht in der Gruppe vertreten, wollte die Ausreißer nicht allzu weit weglassen, lange lag nur eine Minute zwischen den beiden Teilen des Rennens. Auch Fortunato kam nur 30 Sekunden von der Gruppe weg. Die zerlegte sich dann im Anstieg komplett. Oben kamen nur noch die echten Experten an: Poels, Pello Bilbao (Bahrain - Victorious), Nairo Quintana (Movistar Team) und Luke Plapp (Team Jayco AlUla). Und natürlich Fortunato, der sich 40 Punkte für sein Bergtrikot sicherte.
Die Verfolger allerdings hatten nur ein paar Sekunden auf das Hauptfeld, das kaum mehr diesen Namen verdiente. Denn eigentlich waren das nur noch eine kaum 15 Fahrer große Gruppe um die GC-Favoriten. In der lamngen Abfahrt änderte sich die Situation aber wieder. Während die vier Verfolger zu Fortunato aufschlossen, wuchs der Abstand zur Favoritengruppe, die wieder auf bis zu 60 Fahrer anwuchs, auf mehr als zweieinhalb Minuten an.
Das änderte sich auch nicht auf dem Weg zur zweiten Bergwertung des Tages (2. Kategorie) 40 Kilometer vor dem Ziel. Fortunato sicherte sich auch hier die maximalen 18 Punkte. Danach begann der Vorsprung der Gruppe wieder zu schrumpfen, was vor allem auf die Arbeit von Lidl - Trek und Pedersen zurückzuführen war, der ebenfalls wieder Anschluss zur Gruppe um Rosa gefunden hatte.
Zu Beginn des letzten Anstiegs (2. Kategorie) waren die Ausreißer dann gestellt. Genau in dem Moment attackierte dann Richard Carapaz (EF Education - EasyPost). Neun Kilometer waren noch zu fahren. Zwar zuckte del Toro kurz und rief alle anderen auf den Plan, doch wirklich durch zogen die Verfolger nicht. Und so hatte Carapaz an der Bergwertung eine halbe Minute Vorsprung.
Auf den verbleibenden fünf Kilometern ließ der Ecuadorianer seine Konkurrenten zwar nochmal etwas näher an sich heran. Letztlich rettete er aber zehn Sekunden vor del Toro ins Ziel, der die Verfolger über den Strich führte, dabei aber gut im Griff hatte.