Giro d’Italia 2025 - 15. EtappeVerona gewinnt für Ciccone, Roglic muss Rosa-Träume endgültig beerdigen

Sebastian Lindner

 · 25.05.2025

Gutes Wetter und gute Laune vor dem Start der 15. Etappe über den Monte Grappa.
Foto: Getty Images / Dario Belingheri, Tim de Waele
Carlos Verona hat die 15. Etappe des Giro d’Italia gewonnen. Für den Spanier ist es der zweite Sieg seiner Karriere, für Lidl - Trek der sechste Etappensieg der Rundfahrt. Zweiter wurde Florian Stork (Tudor Pro Cycling Team). Primoz Roglic (Red Bull - BORA - hansgohe) hingegen hat als einziger Klassement-Fahrer wieder Zeit verloren.

43 Kilometer vor dem Ziel griff Verona am letzten Anstieg des Tages aus einer Spitzengruppe heraus an. Zwischenzeitlich konnten seine Verfolger die entstandene Lücke zwar fast noch schließen, doch der 32-Jährige fand im Finale Reserven, um nach einem Etappensieg bei der Dauphiné-Rundfahrt 2022 zum zweiten Mal jubeln zu dürfen. Dass es überhaupt dazu kam, hat viel mit dem gestrigen Tag zu tun, als Lidls Mann für die Gesamtwertung, Giulio Ciccone, stürzte und infolge dessen das 15. Teilstück über 219 Kilometer zwischen Fiume Veneto und Asiago nicht mehr antreten konnte.

“Ich war in erster Linie hier, um für diesen großartigen Kapitän zu fahren”, sagte Verona im Sieger-Interview. “Nun hatte sich gestern alles geändert und ich wollte das heute gar nicht so sehr für mich gewinnen, sondern für ihn und das Team.” Der viel beschworene Teamgeist in der amerikanischen Mannschaft mit deutschem Hauptsponsor hatte einmal mehr zugeschlagen. “Ich musste heute die Beine sprechen lassen, nachdem Guilio so viel für das Team und das Rennen getan und für einen so guten Zusammenhalt bei diesem Giro gesorgt hatte. Ich habe schon in der Fluchtgruppe überlegt, wie ich es heute am besten mache. Da ich nicht der Allerschnellste bin, war mir bewusst, dass ich nach meiner Attacke auch einen gewissen Vorsprung aufbauen musste, um gewinnen zu können. Das Team hat mir währenddessen soviel Selbstvertrauen gegeben, das war heute mein Tag.“

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Stork wird Zweiter

Ein besonderer Tag war es auch für Florian Stork. Der Mann aus Bünde in der Nähe von Bielefeld gehörte schon zu den Ausreißern, die sich vor dem 25 Kilometer langen Anstieg zum Monte Grappa Mitte der Etappe absetzen. Der 28-Jährige hielt sich fast den ganzen Tag vor dem Hauptfeld. “Ich merkte, dass die anderen Fahrer in der Gruppe am Limit fuhren, und mein Sportdirektor sagte mir, dass die Favoriten die Lücke schließen würden”, schilderte er in einem Statement seines Teams die Situation auf den letzten Kilometern des Tages. “Also griff ich an, um alleine ins Ziel zu kommen und den zweiten Platz zu belegen. Ich bin sehr zufrieden damit und freue mich auf den morgigen Ruhetag, bevor es in die letzte Woche des Giro d'Italia geht.“

Das war alles ziemlich nüchtern ausgedrückt, denn letztlich war es auch für Stork der wahrscheinlich größte Erfolg seiner Karriere.

Del Toro wehrt alle Angriffe souverän ab

Für Roglic hingegen war es genau das Gegenteil. Der Red-Bull-Kapitän musste am letzten Anstieg als einziger der GC-Favoriten reißen lassen, als Richard Carapaz (EF Education - EasyPost) unweit des Gipfels das Tempo anzog und versuchte, sich zu lösen. Bis auf den 35-Jährigen konnten allerdings alle Profis aus den Top 10 den Angriff parieren. Dementsprechend hat sich im Klassement nichts geändert, außer das Roglic um fünf Plätze auf Rang zehn zurückgefallen ist, weil er erneut anderthalb Minuten Rückstand auf seine Konkurrenten kassierte. Die kamen knapp 30 Sekunden hinter Tagessieger Verona ins Ziel.

Isaac del Toro (UAE Emirates - XRG) verteidigte damit sein Rosa Trikot problemlos. Der Mexikaner war unterwegs hellwach, etwa bei Carapaz’ Angriff, oder schon zuvor am Monte Grappa, als es Egan Bernal (INEOS Grenadiers) versucht und die Favoritengruppe kurzzeitig gesprengt hatte.

Am Montag steht der letzte Ruhetag der RUndfahrt auf dem Programm. Danach wartet die letzte Giro-Woche, die aber wie in der Vergangenheit auch noch für große Abstände und Überraschungen sorgen kann.



Giro d’Italia 2025 - Ergebnisse der 15. Etappe

So lief die 15. Etappe des Giro d’Italia 2025

Das Profil der 15. Etappe des Giro d’Italia 2025Foto: RCSDas Profil der 15. Etappe des Giro d’Italia 2025

Nach dem Ausstieg von Ciccone, der nach dem Sturz vom Vortrag aufgrund eines riesigen Hämatoms am Oberschenkel die Rundfahrt aufgeben musste, tat sein Team alles, um in die SPitzengruppe des Tages zu kommen. Patrick Konrad, Mathias Vacek und auch Mads Pedersen versuchten es allesamt, schafften es aber genauso wenig wie irgendein anderer Profi, sich zu Beginn der Etappe abzusetzen. So ging es im geschlossenen Feld zum ersten Zwischensprint, wo sich dann Pedersen wenigstens die Punkte für sein Trikot sicherte.

Nach 45 Kilometern wartete die Muro di Ca' del Poggio. Nur 1000 Meter, aber 12,2 Prozent im Schnitt. Zwar konnte sich auch dort keine Spitzengruppe lösen, aber das Hauptfeld wurde ernorm in die Länge gezogen und riss schließlich auch auseinander. Auch die Klassementfahrer befanden sich nicht alle in der ersten, etwa 80 Fahrer großen Gruppe. So war Antoniuo Tiberi (Bahrain Victorious) im zweiten Teil des Feldes, das nach der Rampe fast eine Minute Rückstand hatte.

35 Mann fahren vor dem Feld in den Monte Grappa

Nach 70 Kilometern trennte sich die erste Gruppe in die Fahrer, die um den Etappensieg kämpfen wollen, und die Klassement-Profis. Jene Fahrer nahmen dann das Tempo raus. Dadurch konnte auch Tiberi, dessen Rückstand beinahe bei zwei Minuten angekommen war, doch wieder Anschluss finden. Vorne hingegen machten zunächst 35 Fahrer weiter. Sie gingen mit dreieinhalb Minuten Vorsprung auf das Peloton in den 25 Kilometer langen Anstieg zum Monte Grappa (1. Kategorie).

Vorne mit dabei waren unter anderem Stork, Marco Brenner (beide Tudor Pro Cycling Team), Georg Steinhauser (EF Education - EasyPost), das Red-Bull-Duo Giovanni Aleotti und Daniel Martinez oder auch Lorenzo Fortunato (XDS Astana Team) im Bergtrikot. Bester Mann im Gesamtklassement unter den Ausreißern war Einer Rubio (Movistar Team), der als 14. nur viereinhalb Minuten Rückstand hatte.

Sieben Kilometer vor dem Gipfel attackierte Steinhauser. Der wache Fortunato sprang direkt an sein Hinterrad, weitere Fahrer kamen dazu. Derweil hatte Juan Ayuso (UAE Emirates - XRG) im Feld einen Defekt und musste das Rad wechseln. Kein Teamkollege ließ sich zurückfallen, alle arbeiteten weiter an der Spitze des Feldes - es war der letzte Beweis dafür, dass del Toro der neue Kapitän des Teams ist.

Bernal attackiert, Carapaz und del Toro gehen mit

Während die Attacke in der Gruppe wieder neutralisiert wurde, attackierte hinten Bernal. Del Toro ging mit, auch Carapaz. Bernal-Helfer Thymen Arensman und Derek Gee (Israel - Premier Tech) sprangen bis zum Gipfel des Monte Grappa noch dazu. Das Quintett ging mit einer Minute Rückstand auf die Spitze, in der Fortunato als Erster die Bergwertung überquerte, in dei Abfahrt. 20 Sekunden später kamen die weiteren GC-Fahrer.

In der Abfahrt löste sich Marco Frigo (Israel - Premier Tech) von den Ausreißern, die ihrerseits von del Toro und Co. aufgefahren wurden. Kurze Zeit später war auch die Gruppe um Ayuso und Roglic wieder dran. Am Ende der Abfahrt 65 Kilometer vor dem Ziel ging Frigo mit 30 Sekunden Vorsprung auf alle Verfolger in die folgende Ebene.

Im Flachen fuhren zehn Mann aus der Verfolgergruppe vor zu Frigo, unter ihnen Stork. Weil keine Klassement-Fahrer dabei waren, ging die Lücke bis zum Anstieg nach Dori (2. Kategorie) auf über drei Minuten auf. Dort löste sich Verona aus der Spitzengruppe und fuhr sich zwischenzeitlich bis zu einer Minute heraus. Der Vorsprung auf die Klassementfahrer wuchs auf über vier Minuten.

Roglic fällt zurück

Verona wurde von Gianmarco Garofoli (Soudal Quick-Step) und Filippo Zana (Team Jayco AlUla), er rettete nur eine Handvoll Sekunden über die Bergwertung. Hinten bei den Favoriten griff dann Carapaz an. Alle GC-Fahrer konnten mitgehen - nur Roglic nicht. Der Slowene kassierte auf den letzten zwei Kilometern bis nach oben eine Minute Rückstand, obwohl mit Martinez und Pellizzari zwei Helfer bei ihm waren.

Zehn Kilometer vor dem Ziel wurden Garofoli und Zana von den weiteren Ausreißern wieder eingeholt. Die Gruppe, zu der auch noch Stork zählte, hatte 50 Sekunden Rückstand auf Verona. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt auch die Favoriten nur noch anderthalb Minuten zurück. Doch Verona hatte die Beine und den Willen, den Tag als Solist zu Ende zu bringen. Und mit ein paar Sekunden Vorsprung rettete sich auch noch die Verfolger-Gruppe vor den Favoriten ins Ziel. Stork sprintete seinen Kontrahenten auf den letzten Metern noch davon, wurde Zweiter und fuhr damit das beste Grand-Tour-Ergebnis ind er Geschichte seines Teams ein.

Roglic hingegen kassierte rund anderthalb Minuten auf die Favoriten-Gruppe und konnte spätestestens damit alle Klassement-Ambitionen begraben,

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