Aus sportlicher Sicht hat die Deutschland-Tour überschaubare Bedeutung – für die deutschen Fahrer und Teams ist sie aber eine wichtige Bühne, um sich den heimischen Fans zu präsentieren.
Dicht gedrängt standen die Fans an der Strecke der Deutschland-Tour – es scheint nach der Tour de France eine neue Radsport-Euphorie im Land zu wachsen. Besonders viele Autogramme musste Florian Lipowitz schreiben. Das fiel ihm zunehmend schwer, weil er auf der zweiten Etappe am Ausgang einer Kurve von der Straße abkam und gegen einen Stromkasten prallte.
Zwar konnte er am nächsten Tag beim Signieren nicht alle Finger benutzen, aber irgendwie biss er sich durch. Die Deutschland-Tour war für ihn ein Schaulaufen – sein dritter Rang bei der Tour de France bescherte ihm ungewohnte Beachtung. Angesichts des Streckenprofils war indes vorher klar, dass er sportlich keine Rolle spielen würde. Er verrichtete Helferdienste für Red Bull-Bora-hansgrohe und nutzte die Rundfahrt zum Formaufbau nach einer Erkältung.
Das war auch das Motto zweier anderer deutscher Fahrer: Georg Zimmermann (Intermarché-Wanty) befand sich im Formaufbau nach seinem schweren Sturz bei der Tour de France. John Degenkolb (Team Picnic PostNL) trat erstmals nach seinem Sturz bei der Flandern-Rundfahrt wieder im Rennen an. Im April hatte sich Degenkolb mehrere Brüche im Handgelenk, Unterarm, Ellenbogen und Schlüsselbein zugezogen. „Das war die schlimmste Zeit meiner Karriere“, beschrieb er die Reha-Phase.
Die Deutschland-Tour wollte mit einer höhenmeterreichen dritten Etappe die Spannung bis zum Finale hochhalten – ein Plan, der nicht aufging. Der Norweger Søren Wærenskjold (Uno-X Mobility) war bereits beim Prolog in Essen in das Trikot des Gesamtführenden gefahren und konnte ab der zweiten Etappe seine Führung verteidigen. Dabei sicherte sich der 25-Jährige am Ende auch die Trikots des besten Nachwuchsfahrers und Sprinters. Im Kampf um Erfolge spielten die deutschen Fahrer keine Rolle. Nils Politt stellte sich wie meistens in den Dienst des Teams, Sprinter Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) konnte nach einem Sturz auf der letzten Etappe die Rundfahrt nicht mehr beenden. Der Deutsche Miguel Heidemann vom Team (Rembe | Rad-Net) fuhr lange im Bergtrikot – musste es aber auf der letzten Etappe an Enzo Leijnse (Team Picnic PostNL) abgeben. Auch wenn die Deutschland-Tour nicht Teil der World-Tour ist, bekam sie viel Aufmerksamkeit. Die Organisatoren überlegen, die Rundfahrt im kommenden Jahr über mehr Etappen auszutragen.
1. Søren Wærenskjold (NOR, Uno X-Mobility)
2. Jhonatan Narváez (ECU, UAE Team Emirates-XRG)
3. Riley Sheehan (USA, Israel-Premier Tech)