WM 2025Kanadierin Vallieres wird sensationell Weltmeisterin der Frauen

Sebastian Lindner

 · 27.09.2025

Magdeleine Ramos ist die neue Weltmeisterin. Es ist die größte Überraschung im Laufe der Weltmeisterschaften in Kigali. Die Favoriten waren andere.
Foto: Getty Images / David Ramos
Magdeleine Vallieres hat für die größte Sensation bei der WM in Ruanda gesorgt und das Straßenrennen der Frauen gewonnen. Die Kanadierin ist dabei nur die Spitze eines Überraschungspodiums, das mit Silber für Niamh Fisher-Black (Neuseeland) und Mavi Garcia (Spanien) auf dem Bronze-Rang zwei weitere Außenseiterin sah. Beste Deutsche wurde Antonia Niedermaier als Sechste.

Erst hinter Niedermaier kam die Gruppe der absoluten Top-Favoritinnen um Demi Vollering (Niederlande) und Marlen Reusser (Schweiz) ins Ziel. Anderthalb Minuten waren da bereits vergangen. Die größten Medaillenkandidatinnen hatten sich komplett verpokert und lediglich gegenseitig beäugt - und das gleich mehrfach. Als in der drittletzten Runde die ging, zu der auch Vallieres, Fisher-Black, Garcia und Niedermaier gehörten, ging die Lücke schnell auf mehr als zwei Minuten auf, weil alle großen Nationen vertreten waren und keine die Führungsarbeit leisten wollte. Als vor allem durch die Initiative von Reusser das Loch fünf Kilometer vor dem Ziel und der entscheidenden Passage an der Cote de Kimihurura doch noch auf 30 Sekunden geschrumpft war, wollte wieder keiner weitermachen. Als Tour-de-France-Siegerin Pauline Ferrand-Prévot (Frankreich) die Gruppe anführte und hätte arbeiten sollen, griff sie zur Trinkflasche.

Da war klar, dass die Siegerin aus der Spitzengruppe kommen würde, auch wenn Elise Chabbey (Schweiz), die letztlich Vierte wurde und Teil der Favoriten-Gruppe war, zumindest noch Niedermaier und die Fünfte, Riejanne Markus (Niederlande) stellen konnte. Für Gold fehlten ihr 41 Sekunden, auf Garcia 14. Die wiederum kam vier Sekunden hinter Fisher-Black ins Ziel.

Das Podium des Straßenrennens der Elite Frauen bei der WM 2025 in Kigali: Gold für Magdeleine Vallieres vor Niamh Fisher-Black und Mavi Garcia. | Getty Images / Dario BelingheriDas Podium des Straßenrennens der Elite Frauen bei der WM 2025 in Kigali: Gold für Magdeleine Vallieres vor Niamh Fisher-Black und Mavi Garcia. | Getty Images / Dario Belingheri

Erste der zweite Profisieg für die neue Weltmeisterin

Vallieres, die dem Team EF Education-Oatly angehört, feierte mit dem Weltmeistertitel erst ihren zweiten Profisieg. Anfang 2024 hatte sie die Trofeo Palma gewonnen. Entsprechend überwältigt, auf dem Podium fast orientierungslos wirkte die 24-Jährige, die aber von der 17 Jahre älteren Garcia mehr oder weniger an die Hand genommen wurde. “Ich kann es nicht glauben. Mit der Weltmeisterschaft nächstes Jahr in Kanada ist es einfach perfekt”, sagte sie im Siegerinterview. “Natürlich habe ich von so einem Moment geträumt, die WM war auch ein großes Ziel von mir in diesem Jahr.” Mit einem derartigen Erfolg konnte sie aber nicht rechnen. Ein achter Platz auf einer Etappe der Tour de France Femmes war ihr bestes Resultat in dieser Saison.

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“​Die Mädels haben an mich geglaubt, also habe ich auch an mich geglaubt. Ich hatte eine gute Vorbereitung und wusste, dass ich in guter Form bin, also habe ich es einfach probiert und wollte am Ende auch nichts bereuen. Ich wusste, dass ich es nicht auf einen Sprint mit Niamh ankommen lassen durfte, weil sie so stark ist. Wir haben beide in der Gruppe viel gearbeitet, am letzten Anstieg ließ sie ein bisschen nach, also habe ich alles gegeben und es hat geklappt.”

164,4 Kilometer oder elf Runden hatten die Frauen in Kigali zu absolvieren. Aus deutscher Sicht waren neben Niedermaier noch Franziska Koch und Liane Lippert am Start. Koch wurde starke Zwölfte, nur fünf Sekunden hinter Vollering. Lippert beendete das Rennen nicht. Sie war als Kapitänin der deutschen Mannschaft ins Rennen gegangen. Niedermaier und Koch hatten sich zuvor in ihren Dienst gestellt.

WM 2025 - Straßenrennen Frauen Elite Ergebnisse


2025:

World Championships WE - Road Race: Kigali - Kigali

27.09.2025 | 164.6 km
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So lief das WM-Straßenrennen der Elite Frauen 2025

Das Profil des Straßenrennens der Elite Frauen bei der WM 2025 in KigaliFoto: UCIDas Profil des Straßenrennens der Elite Frauen bei der WM 2025 in Kigali

Nach einer Runde im geschlossenen Peloton mit 106 Frauen aus 44 Ländern war es Carina Schrempf (Österreich), die das Rennen ab dem zweiten Umlauf belebte. Sie baute ihren Vorsprung auf maximal drei Minuten aus. Zum Ende der vierten Runde kam dann etwas Bewegung ins Feld, wodurch sich der Abstand verringerte.

Mitt der sechsten Runde und damit zu Halbzeit des Rennens wurde dem Wettkampf durch eine Attacke von Blanka Vas (Ungarn) neues Leben eingehaucht. Ihr Vorstoß wurde jedoch schnell wieder beendet. Dafür fuhr Julie Van de Velde (Belgien) nach vorne zu Schrempf, deren Polster durch die Bewegung hinten deutlich zusammengeschrumpft war. Eingangs der siebenten Runde stieß auch Shirin van Anrooij (Niederlande) nach vorne und sprengte die Gruppe an den nächsten Anstiegen, worauf Schempf ins Hauptfeld zurückfiel.

Das war 60 Kilometer vor dem Ziel nochmal wesentlich kleiner geworden, rund 30 Fahrerinnen beendeten Runde sieben noch gemeinsam. Kurz darauf war aber auch van Anrooij wieder gestellt, Mireia Benito (Spanien) und Noemi Rüegg (Schweiz) übernahmen die Rolle als Ausreißerinnen. Auch 30 Kilometer später war das Duo noch vorne. Dahinter hatte sich eine Gruppe um Niedermaier gebildet, in der alle großen Nationen ebenfalls vertreten waren.

Antonia Niedermaier gehörte zur Ausreißergruppe um Weltmeisterin Magdeleine Vallieres (vorne) und wurde letztlich Sechste.Foto: Getty Images / David RamosAntonia Niedermaier gehörte zur Ausreißergruppe um Weltmeisterin Magdeleine Vallieres (vorne) und wurde letztlich Sechste.

Niedermaier plötzlich in Medaillenreichweite

In der Gruppe dahinter war es Anna van der Breggen (Niederlande), die als erste der Favoritinnen zum Ende der drittletzten Runde die anderen ziehen lassen musste. Derweil waren Niedermaier und Co. zum Spitzenduo vorgefahren, 40 Sekunden Polster nahmen sie mit auf die letzten zwei Runden. Genau auf der Ziellinie trat dann Elisa Longo Borghini (Italien) an und testete erstmal die Favoritinnen, die aber zumindest mit etwas Verzögerung wieder aufschließen konnten.

Doch plötzlich war ein Riesenloch zwischen der Spitzengruppe und den Favoritinnen. Fast zwei Minuten Differenz wurde gemeldet, 22 Kilometer waren da noch zu fahren. Kurz darauf fiel aber auch die Spitzengruppe auseinander. Fisher-Black, Garcia und Vallieres fuhren zunächst vorneweg. Als es zum vorletzten Mal die Cote de Kimihurura hinaufging, kam Niedermaier zurück, auch Markus.

Mit einer Minute ging das Spitzenquintett dann auf die Schlussrunde. Vor allem Reusser machte Jagd auf die Spitze und konnte sich mit Barbara Malcotti (Italien) vom Rest der Favoritinnen absetzen. Zehn Kilometer vor dem Ende betrug der Rückstand des Duos nach vorne nur noch 30 Sekunden. Über die Cote de Kigali Golf verloren Niedermaier und Markus den Anschluss nach vorne. Dahinter aber flog Chabbey heran, die mit Kim Le Court (Mauritius) zu Reusser nach vorne gefahren war.

Favoritinnen verpokern sich

Dann waren plötzlich auch wieder Niewiadoma, Vollering, Longo Borghini und Ferrand-Prévot bei Reusser und in Reichweite. Es schien, als hätten die Favoritinnen mit ihrer Zurückhaltung doch aufs richtige Pferd gesetzt. Als es daran ging, auch die letzten Sekunden zuzufahren, fühlte sich aber niemand zuständig. Damit war der Zug endgültig abgefahren. 2500 Meter vor dem Ziel ließ Vallieres auf dem Kopfsteinpflaster dann auch Fisher-Black und Garcia stehen. Die Kanadierin erwies sich als Stärkste der Gruppe und fuhr letztlich sogar unbedrängt ins Regenbogentrikot. Auch Fisher-Black und Garcia kamen als Solistinnen ins Ziel.

Chabbey, die bei den Pokerspielchen in der Favoritengruppe nicht mitmachte, überholte im Schlussanstieg noch Niedermaier und Markus, musste sich letztlich aber doch mit der Holzmedaille zufriedengeben.

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