Walter GodefrootZum Tod der belgischen Radsportlegende

TOUR Redaktion

 · 06.09.2025

Walter Godefroot; der ehemalige Radprofi und Sportliche Leiter ist im Alter von 82 Jahren gestorben
Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images
Walter Godefroot, einstiger Radprofi und langjähriger Teamchef des Teams Telekom, ist mit 82 Jahren verstorben. Der Belgier prägte über Jahrzehnte hinweg als Fahrer und Teamchef den Radsport – ein Rückblick.

Die Radsportwelt trauert um Walter Godefroot. Der ehemalige belgische Radprofi und langjährige Teamchef des Teams Telekom ist im Alter von 82 Jahren verstorben. Der 1943 in Gent geborene Godefroot prägte als Fahrer und später als Sportlicher Leiter mehrere Jahrzehnte den internationalen Radsport. In den letzten Jahren hatte er sich aufgrund einer Parkinson-Erkrankung weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Vier Jahrzehnte bestimmte der Radsport Godefroots Leben. In den 1960er- und 1970er-Jahren avancierte der dreifache Familienvater zum erfolgreichsten belgischen Radprofi nach Eddy Merckx. In seiner Heimat gewann er alle wichtigen Klassiker, triumphierte bei Paris-Roubaix und feierte zehn Etappensiege bei der Tour de France. Später knüpfte er als Teamchef an diese Erfolge an und führte das Team Telekom mit Jan Ullrich und Erik Zabel an die Weltspitze, was einen beispiellosen Radsport-Boom in Deutschland auslöste.

Erfolgreiche Karriere als Radprofi

Als aktiver Fahrer gehörte Walter Godefroot zu den herausragenden Klassikerspezialisten seiner Generation. Seine internationale Karriere begann bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio, wo er die Bronzemedaille gewann. In den folgenden Jahren entwickelte er sich zu einem der stärksten Konkurrenten von Radsportlegende Eddy Merckx. Godefroot wurde zweimal Belgischer Meister und konnte seinen berühmten Landsmann bei wichtigen Rennen wie Lüttich-Bastogne-Lüttich und Paris-Roubaix hinter sich lassen. Besonders bemerkenswert war sein zweimaliger Sieg bei der Flandern-Rundfahrt 1968 und 1978 – mit einer Differenz von zehn Jahren, was seine außergewöhnliche Langlebigkeit als Spitzenfahrer unterstreicht. Bei der Tour de France sicherte er sich nicht nur zehn Etappensiege, sondern auch das Grüne Trikot des besten Sprinters. 1975 schrieb er Geschichte als erster Gewinner auf der Champs-Élysées in Paris, die seither traditionell den Abschluss der Frankreich-Rundfahrt bildet.

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Vom Radprofi zum erfolgreichen Teamchef

Walter Godefroot, hier bei der Tour de France 2005Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb / epa Gero BreloerWalter Godefroot, hier bei der Tour de France 2005

Nach seiner aktiven Karriere wechselte Godefroot als Sportlicher Leiter ins Teamauto. Als er 1992 mit der Führung des Team Telekom beauftragt wurde, musste er viel Pionierarbeit leisten. Innerhalb weniger Jahre baute er quasi aus dem Nichts ein Weltklasse-Team auf. 14 Jahre stand Godefroot an der Spitze des Bonner Radrennstalls und feierte zwei Tour-Gesamtsiege mit Bjarne Riis (1996) und Jan Ullrich (1997) sowie zahlreiche Klassiker- und Etappenerfolge bei großen Rundfahrten. Unter seiner Führung entwickelte sich Erik Zabel zu einem der erfolgreichsten Sprinter seiner Generation mit sechs Grünen Trikots bei der Tour de France in Folge. "Mit Jan und Bjarne war es super. Aber die Probleme waren die enorme Erwartungshaltung, der große Druck der Öffentlichkeit", sagte Godefroot einst rückblickend. Vor allem mit dem großen Hype um Ullrich tat sich der eher zurückhaltende Belgier schwer.

Dopingproblematik überschattet Karriere

Sowohl als aktiver Radprofi als auch später als Teammanager wurde Godefroots Karriere von Dopingkontroversen überschattet. Als Fahrer verweigerte er 1967 bei Paris-Tours und 1974 beim Wallonischen Pfeil Dopingtests. Bei der Flandern-Rundfahrt 1974 wurde er wegen der Einnahme von Ritalin disqualifiziert. Die größten Kontroversen erlebte er jedoch als Teamchef. Als 2007 die Doping-Enthüllungen rund um das Telekom-Team publik wurden, hatte sich Godefroot bereits aus der ersten Reihe des Managements verabschiedet. Von all den Machenschaften wollte er nichts gewusst haben, er sei nicht der Mann hinter dem System gewesen, sagte der Belgier einmal und machte geltend, möglicherweise naiv gewesen zu sein. Er habe Doping im Team weder organisiert noch finanziert.

Nach seinem Engagement bei Telekom arbeitete Godefroot noch kurzzeitig für das Team Astana, wurde dort jedoch entlassen, nachdem sein Name im Zusammenhang mit dem Fuentes-Dopingskandal genannt worden war. In seinen letzten Lebensjahren hatte er mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, darunter eine fortschreitende Parkinson-Erkrankung.

Vermächtnis im Radsport

Trotz der Kontroversen hinterlässt Walter Godefroot ein bedeutendes Erbe im Radsport. Als Fahrer gehörte er zu den vielseitigsten Profis seiner Generation, der sowohl Eintagesrennen als auch Sprintetappen bei Grand Tours gewinnen konnte. Als Teammanager war er maßgeblich daran beteiligt, den Radsport in Deutschland populär zu machen. Ohne Godefroot hätte es die Erfolgswelle im deutschen Radsport um Jan Ullrich wohl kaum gegeben. Der ehemalige Telekom-Betreuer Jef D'hont hatte allerdings behauptet, bei den Fahrern das Geld für die Dopingmittel eingesammelt und dann Godefroot gegeben zu haben. Der frühere Mannschafts-Kapitän Bjarne Riis sagte, Godefroot hätte von den Praktiken wissen müssen, wenn er nicht "auf einem Auge blind" gewesen sei. Unabhängig von diesen Vorwürfen bleibt Godefroot eine der prägenden Figuren des Radsports, dessen Einfluss als Fahrer und Teamchef über Jahrzehnte hinweg spürbar war.

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