Thomas Goldmann
· 07.10.2022
Vincenzo Nibali beendet nach der Lombardei-Rundfahrt genau wie Alejandro Valverde seine Karriere. TOUR blickt vor seiner Abschiedsvorstellung auf die bemerkenswerte Karriere des italienischen Radsport-Stars zurück.
“Ich habe lange auf diese Etappe gewartet, seit einigen Jahren, denn ich wusste, dass der Giro d’Italia hier in Messina Halt machen würde. In meiner Stadt, in der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin und mit dem Radfahren angefangen habe. Auf den Straßen, auf denen ich trainiert habe, möchte ich verkünden, dass es mein letzter Giro d’Italia ist”, erklärte ein zu Tränen gerührter Vincenzo Nibali nach der 5. Etappe des Giro d’Italia 2022.
Ausgerechnet in seiner Geburtsstadt Messina, da wo alles für ihn begann, ließ er seine Fans wissen, dass er das Rad am Saisonende an den Nagel hängt und bei der Lombardei-Rundfahrt ein letztes Mal in den Sattel steigt. Der Rücktritt kam nicht unerwartet, die ganz großen Zeiten des Sizilianers sind schon länger vorbei. Und doch scheint er rechtzeitig vor seinem letzten Rennen nochmal richtig gut in Form zu kommen, wie seine angriffslustige Fahrweise beim Klassiker Tre Valli Varesine zuletzt gezeigt hat.
Egal, wie die Lombardei-Rundfahrt für ihn ausgeht: Nibali hat sich mit seinen Siegen und vor allem seinem Fahrstil einen Platz in den Geschichtsbüchern des Radsports gesichert.
Bei all seinen Erfolgen: Die Karriere von Vincenzo Nibali hatte auch ihre Schattenseiten. Bei der Vuelta 2015 wurde er disqualifiziert, nachdem er sich am Teamwagen festhielt und sich von diesem wieder ans Hauptfeld ziehen ließ.
Und auch sein Umfeld ist nicht ohne Fehl und Tadel. Der Sizilianer fuhr bei Liquigas, Astana und Bahrain. Drei Teams, in denen es immer wieder Doping-Affären gab. Nibali selbst hat sich diesbezüglich aber nichts zu Schulden kommen lassen.
So bleibt am Ende der Karriere stehen, dass er es als einziger Fahrer schaffte, die Siegesserie der Sky-Mannschaft (später Ineos) zwischen 2012 und 2019 bei der Tour de France zu durchbrechen und er war einer der ganz wenigen Aktiven in seiner Ära, die große Landesrundfahrten und Monumente des Radsports gewinnen konnten.
Nibali gelang es Rennen zu biegen, die schon verloren schienen - manchmal mit der Brechstange, manchmal durch taktische Kniffe. Und auch wenn diese Zeiten nun bald vorbei sind. Viele Radsportfans werden ihm dafür noch lange dankbar sein.