Er war der Dominator der Saison und so ist es auch kein Wunder, dass Tadej Pogacar die Saison 2024 einmal mehr an der Spitze der UCI Weltrangliste abschließt. Der Gewinn des Giro d’Italia, der Tour de France, der Weltmeistertitel, dazu die Monumente Lüttich-Bastogne-Lüttich und Lombardei-Rundfahrt. Insgesamt siegte der Profi des Teams UAE Emirates 25 Mal in der abgelaufenen Saison, 24 Erfolge davon erzielte er auf World-Tour-Niveau.
Die Radsportwelt sah 2024 den bisher besten Tadej Pogacar der Geschichte. Satte 11.655 Punkte sammelte der 26 Jahre alte Slowene in dieser Saison. Seit (Wieder-)Einführung der UCI Weltrangliste im Jahr 2015 schaffte kein anderer Fahrer einen auch noch annähernd ähnlichen Wert. Selbst seinen eigenen Rekord aus dem Vorjahr (7695,86 Punkte) pulverisierte Pogacar und packte fast 4000 Zähler obendrauf - nochmal rund ein Drittel mehr. Eine vergleichbare Dominanz gab es im Radsport bisher nur in den 1970er Jahren unter Eddy Merckx.
Wohin die Reise bei Pogacar noch gehen kann, ist offen. Kürzlich verlängerte er seinen Vertrag bei UAE Emirates bis 2030, davor hatte er die Chancen für ein Grand-Tour-Triple ausgelotet und eine entsprechende Leistung als “möglich” bewertet. 2024 war es jedenfalls nahezu unmöglich, ihn zu besiegen. Das zeigt auch der Abstand in der Weltrangliste zu Pogacars verfolgern. Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) bringt es als Zweiter im Ranking auf 6072,57 Punkte - gerade mal die Hälfte von Pogacar. Dabei sammelte der Belgier allein bei den Olympischen Spielen und den Weltmeisterschaften mit seinen Goldmedaillen an gerade mal drei Renntagen fast 2000 Punkte ein.
Evenepoel konnte seine Ausbeute verglichen mit dem Vorjahr, als er noch auf Rang drei rangierte, um rund 400 Punkte steigern. Der Vorjahreszweite Jonas Vingegaard (Visma | Lease a Bike) verlor hingegen deutlich an Boden und findet sich - auch bedingt durch seinen schweren Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt und die lange Pause - nur noch auf Rang sieben wieder. Neuer Dritter ist in Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) ein weiterer Belgier. Der Sieger von Mailand-San Remo und dreier Tour-Etappen wird als bester Sprinter mit 4790 Punkten geführt.
Dann kommt schon Ben O’Connor (Decathlon AG2R La Mondiale), der im Schatten von Pogacar und damit relativ unbemerkt eine bärenstarke Saison lieferte. Der Australier sammelte 4096 Punkte und war so gut wie nie zuvor. 2024 fuhr der 28-Jährige fünf World-Tour-Rundfahrten und beendete sie alle in den Top 5. Darunter waren auch der Giro mit Rang vier und die Vuelta als Zweiter hinter Primoz Roglic (Red Bull Bora-Hansgrohe), der in der Weltrangliste als Achter geführt wird. Zudem wurde O’Connor Vize-Weltmeister hinter Pogacar. Sein Underdog-Image dürfte er damit in der neuen Saison, die er für Jayco-AlUla bestreiten wird, ein für allemal los sein.
Wie O’Connor ist auch Marc Hirschi (UAE Team Emirates) neu in den Top 10 und sortiert sich mit 3568 Punkten auf Rang sechs ein. Grundlage dafür war eine furiose zweite Saisonhälfte, in der er unter anderem fünf Eintagesrennen am Stück für sich entscheiden konnte, darunter die beiden World-Tour-Rennen in San Sebastian und Plouay. Einen Platz vor ihm rangiert Flandern- und Roubaix-Sieger Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck). Dritter Neuling neben O’Connor und Hirschi ist Biniam Girmay (Intermarche-Wanty). Der Eritreer überzeugte nicht nur bei der Tour de France mit dem Grünen Trikot und drei Etappensiegen, sondern sammelte auch viele weitere Top-10-Resultate bei Eintagesrennen auf der World Tour. 3352 Punkte reichen für Rang neun.
Dahinter beschließt Wout van Aert (Visma | Lease a Bike) die Top 10. Der Belgier ist neben Vingegaard der größte Verlierer an der Spitze des Rankings. Van Aert (2925 Punkte) kommt nur noch auf gut die Hälfte seiner Zähler aus dem Vorjahr. Doch auch seine Saison wurde arg durch Stürze beeinträchtigt. Sein Sturz bei Quer durch Flandern brachte ihn um ein Top-Resultat bei jenem Rennen genauso wie bei Paris-Roubaix und um seinen ersten Start beim Giro. Als van Aert bei der Vuelta schließlich wieder der Alte war, stürzte er erneut und musste Rundfahrt und Saison vorzeitig beenden. Ihren Platz in den Top 10 der UCI Weltrangliste haben Mads Pedersen (Lidl-Trek) und die beiden UAE-Rundfahrer Adam Yates und Joao Almeida eingebüßt.
Auf der Suche nach dem besten Deutschen im Ranking muss weit nach unten gescrollt werden. Nils Politt (UAE Team Emirates) hat den im Frühjahr schwer gestürzten Lennard Kämna (Red Bull Bora-Hansgrohe) abgelöst. Trotz einer starken Klassiker-Kampagne reichte es für Politt aber nur zu Rang 44 (1525,9 Punkte). Immerhin war er damit aber 20 Plätze besser als Kämna im Vorjahr.
Neben dem Gesamtranking führt die UCI auch gesonderte Weltranglisten für Eintages- und Etappenrennen. Beide werden wenig überraschend ebenfalls von Pogacar angeführt. In den Top 10 der Eintagesrennen haben sich Maxim van Gils (Lotto-Dstny), Toms Skujins (Lidl-Trek), Michael Matthews (Team Jayco-AlUla) und Pedersen platziert, die nicht vorne im Gesamtranking auftauchen. Politt ist hier als bester Deutscher Zwölfter.
Das Ranking für die Etappenrennen sieht Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers), Enric Mas (Movistar Team), Yates, Richard Carapaz (EF Education EasyPost) und Mikel Landa (Soudal - Quick Step) weit vorne, die nicht zur Top 10 der Gesamtwertung gehören. Hier ist Florian Lipowitz (Red Bull Bora-Hansgrohe) als bester Deutscher auf Platz 27 zu finden.
Zudem führt die UCI kontinentale Rankings. Die Punkte dafür entsprechen dabei denen aus der Weltrangliste. Damit hat Pogacar die UCI Europe Tour gewonnen, O’Connor das Ozeanien-Ranking und Girmay die Africa Tour. Matteo Jorgenson (Visma | Lease a Bike) schrammte als Sieger der America Tour als 13. mit 2702,14 Punkten nur knapp an den Top 10 im World-Ranking vorbei. Asien-Champion Alexey Lutsenko (Astana Qazqastan Team) ist dort mit 549,43 Zählern erst auf Rang 187 geführt.
Die Punktevergabe der UCI ist extrem komplex. Über allen anderen Rennen steht dabei die Tour de France. Der Gesamtsieger erhält 1300 Punkte, für den Zweiten gibt es noch 1040, für den Dritten 880. Insgesamt werden die Top 60 der Gesamtwertung belohnt, 15 Punkte gibt es dabei mindestens. Etappensiege bringen 210 Zähler, der 15. der Tageswertung bekommt noch fünf. Der Gewinner der Bergtrikots oder der Punktewertung wird gleichermaßen belohnt wie ein Etappensieger. Doch schon bei Giro d’Italia und Vuelta Espana sieht es anders aus. Während die Gesamtsieger mit 1100 Punkten belohnt werden, bekommen die Etappensieger 180.
800 Punkte gibt es für einen Sieg bei einem der fünf Monumente. Und, obwohl allesamt World-Tour-Rennen, bekommt der Sieger der Santos Tour Down Under beispielsweise mehr Punkte als der Gewinner der Baskenland-Rundfahrt. Auch der Sieg bei den Cyclassics wirft mehr ab als der bei Eschborn-Frankfurt. Zwischen 500 und 300 Zähler bringen die Siege bei den einzelnen Rennen der World Tour. Alle Rennen der Pro Series hingegen sind wieder einheitlich bewertet und bringen 125. Auch die .1- und .2-Events werden einheitlich belohnt.
Punkte gibt es ebenfalls für das Tragen des Leadertrikots in allen Etappenrennen und für den Sieg bei nationalen Meisterschaften. Wie viele hängt allerdings davon ab, ob das jeweilige Land mindestens einen Fahrer bei den vorherigen Weltmeisterschaften im Straßenrennen am Start hatte.