UAE Tour Women 2024SD Worx verpokert sich - Ausreißerin Kraak rettet wenige Meter ins Ziel

Sebastian Lindner

 · 11.02.2024

Im Louvre von Abu Dhabi präsentierten sich die Teams vor dem Start der letzten Etappe.
Foto: Getty Images
Amber Kraak (FDJ-Suez) hat dem Team SD Worx einen weiteren Komplett-Triumph verwehrt. Als Ausreißerin rettete sie einen Mini-Vorsprung vor dem von Lorena Wiebes (SD Worx - Protime) angeführten Feld ins Ziel.

Zum Jubeln blieb der Siegerin keine Zeit. “Im Teamradio haben alle geschrien ‘Go Go Go!’, deswegen wusste ich, dass es sehr eng sein muss und so habe ich mich nicht getraut, mich umzudrehen oder die Arme hochzureißen”, schilderte Kraak im Zielinterview. Keine fünf Meter Vorsprung hatte sie im Ziel auf das Hauptfeld Vorsprung. Wiebes war dort die Schnellste vor Daria Pikulik (Human Powered Health).

Fast schon ein wenig zur Verteidigung fügte die 29-jährige Siegerin an: “Ich habe mit dem Jubeln noch nicht so viel Erfahrung”, schickte ein schüchternes Lächeln hinterher. Für Kraak war es der zweite Profisieg ihrer Karriere, der erste auf der Women’s World Tour - den Erfolg im Mannschaftszeitfahren bei der letztjährigen Vuelta nicht mitgezählt.

Kraak schüttelt Mitausreißerinnen fünf Kilometer vor dem Ziel ab

Damals war sie noch im Team Jumbo-Visma unterwegs. Die UAE Tour ist das erste Rennen für ihre neue Mannschaft, was den Sieg umso süßer mache. “Ich habe gestern schon am Berg Vollgas gegeben, da hatte es aber nicht funktioniert. Ich merkte heute früh jedoch, dass die Beine immer noch gut waren, deshalb habe ich es gleich nochmal versucht.”

Als Ausreißerin hatte sich Kraak schon nach wenigen Kilometern mit drei Gleichgesinnten vom Feld gelöst. “Als wir drei Minuten Vorsprung hatten und wir gut zusammenarbeiteten, war klar, dass heute etwas gehen könnte, denn SD Worx hatte ja auch nur drei Fahrerinnen, die nachführen konnten. Eigentlich wollte ich auf den Sprint warten, aber dann haben die anderen aufgehört mitzuarbeiten und ich musste es allein versuchen.” Die letzten fünf Kilometer absolvierte Kraak so als Solistin.

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SD Worx verschenkt Sieg durch ausbleibende Nachführarbeit

Letztlich wurde sie zeitgleich mit dem Hauptfeld gewertet, wodurch sich in der Gesamtwertung nichts mehr veränderte. Damit bleibt Weltmeisterin Lotte Kopecky durch ihren Sieg am Jebel Hafeet im Roten Trikot und ist damit Nachfolgerin von Elisa Longo Borghini (Lidl-Trek) als Siegerin der UAE Tour Women. Neve Bradbury (Canyon//SRAM) und Mavi Garci (Liv AlUla Jayco) belegen die Plätze 2 und 3. Beste Deutsche in der Endabrechnung wurde Ricarda Bauernfeind (Canyon//SRAM) als Zehnte (+1:48), zwei Plätze vor Hannah Ludwig (Cofidis, +2:02)

Trotz des Gesamtsieges, dem Gewinn aller Wertungstrikots ausgenommen dessen für die beste Nachwuchsfahrerin (Bradbury) sowie drei Etappensiegen durch Kopecky und den Wiebes-Doppelpack an den ersten beiden Tagen war die Stimmung bei SD Worx bescheiden, die Gesichter bei Kopecky und vor allem Wiebes direkt nach Zieldurchfahrt wie versteinert. Der komplette Triumph mit dem vierten Tagessieg schien fest eingeplant.

Dass es dazu nicht kam, hat sich SD Worx allerdings selbst zuzuschreiben. Ohnehin als Über-Team bekannt, dazu mit der Gesamtführenden in der Aufstellung sowie der haushohen Favoritin auf den Tagessieg, hielt sich die Mannschaft in der Nachführarbeit stark zurück und forderte die Unterstützung der Konkurrenz ein. Die half aber nur spärlich beziehungsweise erst, als es zu spät war. SD Worx hatte sich verpokert.



UAE Tour Women 2024 - Ergebnisse: Die Top 10 der 4. Etappe

  1. Amber Kraak (FDJ-Suez) 2:27:33
  2. Lorena Wiebes (SD Worx - Protime) +0:00
  3. Daria Pikulik (Human Powered Health) +0:00
  4. Chiara Consonni (UAE Team ADQ) +0:00
  5. Valentine Fortin (Cofidis) +0:00
  6. Rachele Barbieri (dsm-firmenich PostNL) +0:00
  7. Anniina Athosalo (Uno-X Mobility) +0:00
  8. Agnieszka Skalniak-Sojka (Canyon//SRAM) +0:00
  9. Clara Copponi (Lidl-Trek) +0:00
  10. Laura Tomasi (Laboral Kutxa - Fundacion Euskadi) +0:00

Die Gesamtwertung zum Abschluss der UAE Tour Women

  1. Lotte Kopecky (SD Worx - Protime) 11:16:51
  2. Neve Bradbury (Canyon//SRAM Racing) +0:13
  3. Mavi Garcia (Liv AlUla Jayco) +0:32
  4. Gaia Realini (Lidl-Trek) +0:43
  5. Marion Bunel (St Michel - Mavic - Auber93 WE) +1:00
  6. Pauliena Rooijakkers (Fenix-Deceuninck) +1:04
  7. Elisa Longo Borghini (Lidl-Trek) +1:09
  8. Silvia Persico (UAE Team ADQ) +1:29
  9. Mareille Meijering (Movistar Team) +1:29
  10. Ricarda Bauernfeind (Canyon//SRAM Racing) +1:32


So lief die 4. Etappe der UAE Tour Women 2024

Die abschließende Etappe der UAE Tour Women begann ungewöhnlich. Und zwar mit Regen. Auf dem 105 Kilometer langen Kurs durch die Hauptstadt der Emirate, Abu Dhabi, blieb es aber bei insgesamt eher wenigen Tropfen, die in der Form auch keinen Einfluss auf das Rennen nehmen sollten. Stürze bedingt durch schmierige Straßenverhältnisse blieben aus.

114 Fahrerinnen und damit genauso viele wie an den Vortagen nahmen das Rennen auf. Anders als auf den ersten beiden Flachetappen nahm das Teilstück aber früh Fahrt auf. Von Beginn an attackierten diverse Teams. Absetzen konnte sich letztlich ein Quartett um Amber Kraak (FDJ-Suez), Sophie Wright (Fenix-Deceuninck), Monica Greenwood (Team Coop - Repsol) und Magarita Misyurina (Tashkent City Women Professional Cycling Team).

Mehr als drei Minuten Vorsprung konnte die Gruppe des Tages zwischen sich und das Hauptfeld bringen, ehe SD Worx - Protime das Tempo hinten anzog. Greenwood gewann die beiden Zwischensprints, was aber nichts mehr daran änderte, dass auch das Trikot in dieser Wertung in Person von Kopecky an SD Worx ging.

Kraak zieht durch, Massensturz im Finale

Während Misyurina 20 Kilometer vor dem Ziel den Anschluss an ihre Begleiterinnen verlor, hatten die zu diesem Zeitpunkt noch zwei Minuten Vorsprung. Zehn Kilometer vor dem Ende waren noch 60 Sekunden übrig - ein Massensprint stand damit auf der Kippe. Vor allem, weil Kraak alles in die Waagschale warf. Fünf Kilometer vor dem Ende hatte sie die beiden anderen abgeschüttelt und immer noch 45 Sekunden Vorsprung.

Und es sollte reichen. Als Carina Schrempf (Fenix-Deceuninck), die es schon auf der 1. Etappe auf diese Art und Weise versucht hatte, 1000 Meter vor dem Ziel nochmal aus dem Feld fuhr, erhöhte sich das Tempo der Verfolgerinnen nochmal deutlich, sodass es wirklich eng wurde. Während Schrempf wieder kassiert wurde, rettete Kraak eine Handvoll Meter auf Wiebes ins Ziel, zum Jubeln blieb ihr keine Zeit.

Auf dem letzten Kilometer ereignete sich zudem noch ein Massensturz. Einige Fahrerinnen aus den Top 10 waren verwickelt, Garcia, Gaia Realini und Longo Borghini kamen neben weiteren Sportlerinnen zu Fall. Alle schafften es aber letztlich ins Ziel, sodass sich an der Gesamtwertung nichts mehr änderte.

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