Jörg Lohse
· 17.09.2025
Die Verbindung zwischen Škoda und dem Radsport reicht bis zu den Anfängen des Unternehmens zurück. Vor 130 Jahren begannen die Firmengründer Václav Laurin und Václav Klement mit der Produktion von Fahrrädern der Marke Slavia, bevor sie später in die Automobilherstellung einstiegen. Diese historische Verbindung greift der tschechische Autobauer nun mit einem besonderen Projekt auf: dem Škoda L&K 130, einem speziell für den Radsport konzipierten Begleitfahrzeug.
Das zehnte Azubi-Car der Škoda-Berufsschule in Mladá Boleslav (Tschechien) wurde von 28 Auszubildenden entwickelt und gebaut. In mehr als 2000 Arbeitsstunden verwandelten sie einen Škoda Superb Combi in ein funktionales Begleitfahrzeug mit Pick-up-ähnlicher Struktur. Der Name L&K 130 erinnert an die Firmengründer und die 130-jährige Geschichte des Unternehmens.
Die spezielle Farbgebung in Gold, Rot und Schwarz sowie das klassische Laurin & Klement-Logo auf der Motorhaube, den Radnaben und dem Lenkrad sind eine Hommage an die ersten Automobile des Unternehmens aus dem Jahr 1905.
Das Fahrzeug war erstmalig bei der 112. Tour de France zu sehen und soll die Position von Škoda als offizieller Hauptpartner der Tour de France und der Tour de France Femmes avec Zwift bis 2028 unterstreichen.
Die Auszubildenden haben tiefgreifende Änderungen an der Karosserie des Superb Combi vorgenommen, um ihn in ein funktionales Begleitfahrzeug für Radrennen zu transformieren. Das Kombidach wurde hinter den C-Säulen abgeschnitten und die Karosserieteile der verbleibenden Passagierkabine verstärkt. Die B- und C-Säulen wurden angepasst und die Dachreling verkürzt. Eine neue hintere Kabinenwand mit Heckscheibe trennt den Innenraum von der offenen Ladefläche.
Besonders innovativ ist die rechte hintere Tür, die mit einem neu entwickelten Hebe-Schiebe-Mechanismus ausgestattet wurde. Diese Konstruktion ermöglicht das sichere Öffnen der Tür auch dann, wenn Radprofis nah am Fahrzeug vorbeifahren, da die Tür nicht klassisch nach außen aufschwingt.
Die Auszubildenden haben diesen Mechanismus in enger Zusammenarbeit mit Experten aus der Entwicklungsabteilung des Unternehmens konstruiert. Diese Lösung adressiert ein spezifisches Problem bei Radrennen, wo Begleitfahrzeuge oft in unmittelbarer Nähe zu den Athletinnen und Athleten operieren müssen.
Das Herzstück des Umbaus ist die neue, niedrig positionierte Ladefläche, die den Platz des ursprünglichen Gepäckraums einnimmt. Diese lässt sich zusammen mit der neuen Heckklappe per Knopfdruck von innen oder außen mittels eines einzigartigen Zahnstangen-Mechanismus nach hinten ausfahren.
Diese Konstruktion ermöglicht es, während eines Rennens schnell und in angenehmer Höhe ein Ersatzfahrrad für einen Rennfahrer abzuladen. Auf der Plattform sind zwei Standard-Fahrradträger aus dem Original Škoda-Zubehör installiert. Wird die Plattform mit der Heckklappe eingefahren, schieben sich die Träger mit den Rädern bis zu einem Winkel von 35 Grad nach oben, und das Fahrzeug behält die gleiche Länge wie der ursprüngliche Škoda Superb Combi.
Ein drittes Fahrrad kann auf einem Dachträger transportiert werden. Diese durchdachte Konstruktion macht den L&K 130 zu einem idealen Begleitfahrzeug für professionelle Radrennen, bei denen schneller Zugriff auf Ersatzräder entscheidend sein kann, ohne dass das Fahrzeug durch seine Abmessungen im Rennbetrieb hinderlich wird.
Der Škoda L&K 130 ist das erste Azubi-Car mit einem Plug-in-Hybridantrieb. Dieser wurde unverändert aus dem Škoda Superb Combi iV übernommen und kombiniert einen 1,5-TSI-Benzinmotor mit 110 kW (150 PS) und einen Elektromotor zu einer Systemleistung von 150 kW (204 PS). Die Hochvoltbatterie mit einer Bruttokapazität von 25,7 kWh ermöglicht eine ausreichende elektrische Reichweite für den Einsatz als Begleitfahrzeug bei Radrennen.
Dank des reinen Elektromodus kann das Fahrzeug emissionsfrei im Umfeld der Radprofis operieren, was besonders bei Berganstiegen von Vorteil ist, wo die Athletinnen und Athleten nicht durch Abgase belastet werden sollten.
Der Plug-in-Hybridantrieb bietet zudem die nötige Flexibilität für längere Transfers zwischen den Etappen, bei denen der Verbrennungsmotor zum Einsatz kommen kann. Diese Antriebslösung passt perfekt zum wachsenden Umweltbewusstsein im Radsport und den Bemühungen der Veranstalter, die ökologischen Auswirkungen von Großveranstaltungen zu reduzieren.
Im Innenraum dominieren die klassischen L&K-Farben Rot, Weiß, Gold und Schwarz an den Sitzen, den Türverkleidungen und dem Armaturenbrett. Die verwendeten Materialien sind recycelbar. In die Bezüge der Sportsitze vorne ist ein “130 Jahre”-Logo eingestickt.
Für die Bedürfnisse eines Profi-Radteams haben die Auszubildenden zahlreiche spezielle Features integriert. Ein zusätzliches Display auf der Beifahrerseite des Armaturenbretts zeigt Daten an, die zur Unterstützung der Rennfahrerinnen und Rennfahrer benötigt werden. Durch eine permanente Internetverbindung sind diese Daten immer aktuell. Zur Kommunikation innerhalb des Teams wurde ein Funkgerät installiert.
Anstelle des linken Rücksitzes befindet sich eine große Kühlbox für die Trinkflaschen der Radprofis. Die 12-V-Batterie wurde hinter den Rücksitzen platziert. Ein großes Netz unter dem Dachhimmel bietet Stauraum für Kleinigkeiten wie Energieriegel oder Bandagen.
Der Servicetechniker auf dem rechten Rücksitz verfügt über ein eigenes Display an der Rückseite des Beifahrersitzes. Viele Ausstattungsdetails wurden mittels 3D-Drucktechnologie gefertigt, darunter die Halterungen für das Ablagenetz und diverse Logos.
Die Verbindung von Škoda zum Radsport reicht bis zu den Anfängen des Unternehmens zurück. Im Jahr 1895 begannen die Radsport-Enthusiasten Václav Laurin und Václav Klement mit der Entwicklung und Fertigung von Fahrrädern unter dem Namen Slavia. Diese Begeisterung für das Radfahren ist bis heute Teil der Marken-DNA geblieben und zeigt sich in der Unterstützung zahlreicher internationaler Radrennen.
Škoda Auto ist bis 2028 offizieller Hauptpartner der Tour de France und der Tour de France Femmes avec Zwift. Die Zusammenarbeit mit den Sportveranstaltern A.S.O. und Unipublic umfasst insgesamt 20 internationale Radrennen, darunter die Spanien-Rundfahrt La Vuelta sowie die belgischen und französischen Eintagesklassiker La Flèche Wallonne, Lüttich-Bastogne-Lüttich und Paris-Roubaix.
Der L&K 130 ist somit nicht nur ein technisch beeindruckendes Azubi-Projekt, sondern auch ein Symbol für die historische Verbindung zwischen Škoda und dem Radsport, die das Unternehmen kontinuierlich pflegt und weiterentwickelt.
Die Tradition der Berufsaus- und -fortbildung am Škoda-Stammsitz in Mladá Boleslav besteht seit fast 100 Jahren. Bereits 1927 gründete Škoda seine Berufsschule. Seit 1991 ist sie eine private Einrichtung von Škoda Auto und inzwischen Bestandteil der 2013 eröffneten Škoda Akademie.
Die Schule begann mit 58 Auszubildenden im ersten Jahrgang und hat bis heute mehr als 24.000 Absolventinnen und Absolventen hervorgebracht. Bis zum Schuljahr 2024/25 stieg die Zahl der Schülerinnen und Schüler auf mehr als 750. Die Škoda Berufsschule bietet aktuell drei- und vierjährige Ausbildungsgänge an. Die dreijährigen Kurse enden mit einer Abschlussprüfung und einem Gesellenbrief, die vierjährigen Kurse mit einem Fachabitur.
Nach erfolgreichem Abschluss setzen viele Absolventinnen und Absolventen ihre Ausbildung an einer Fachhochschule oder Universität fort oder steigen direkt bei Škoda Auto ein. Das Unternehmen bietet jedem Absolventen ein Arbeitsverhältnis an. “Das zehnte Azubi Car setzt eine stolze und langjährige Tradition der Škoda Akademie fort. Dieses hochkarätige Projekt ist ein wichtiger Bestandteil unserer Berufsausbildung und ein starker Ausdruck unseres Engagements in der Nachwuchsförderung. Spektakuläre Einzelstücke wie der Škoda L&K 130 zeigen Jahr für Jahr die Kreativität, das Können und die Neugier unserer Auszubildenden”, erklärt Maren Gräf, Vorständin für People & Culture bei Škoda Auto.