Tour de France, Paris-Roubaix & Co.10 besondere Momente der Frauen-Radsportsaison 2023

Thomas Huber

 · 17.12.2023

Bei Strade Bianche kam es zu einem Wimpernschlagfinale zwischen zwei Teamkolleginnen, ...
Foto: DPA Picture Alliance
Die Radsportsaison der Frauen 2023 hielt einige Highlights bereit: Demi Vollering konnte sich mit ihrem Tour-de-France-Femmes-Sieg zur neuen Königin des Radsports krönen, Annemiek van Vleuten zeigte zudem eine beeindruckende Abschiedstournee. Aus deutscher Sicht sorgten Liane Lippert und Ricarda Bauernfeind für Highlights. TOUR blickt auf zehn besondere Momente der abgelaufenen Saison.

1. Vollering schlägt Teamkollegin Kopecky im Fotofinish bei den Strade Bianche

Du oder ich - wer hat gewonnen? Lotte Kopecky (l.) und (die spätere Siegerin) Demi Vollering schauen sich fragend an. Auf jeden Fall bleibt der Titel im Team SD WorxFoto: DPA Picture AllianceDu oder ich - wer hat gewonnen? Lotte Kopecky (l.) und (die spätere Siegerin) Demi Vollering schauen sich fragend an. Auf jeden Fall bleibt der Titel im Team SD Worx

Strade Bianche ist eines der ersten Eintagesrennen der Saison und machte im Jahr 2023 in doppelter Hinsicht auf sich aufmerksam. Erst verirrte sich ein Pferd kurzzeitig auf die Rennstrecke und sorgte für große Augen bei den Zuschauern, dann kam es zum Showdown zwischen zwei SD-Worx-Teamkolleginnen. Noch im Zielort Siena fingen Lotte Kopecky und Demi Vollering beim letzten Anstieg die bis dato führende Kirsten Faulkner ab, ehe die beiden Fahrerinnen auf die Zielgerade kamen. Im Fotofinish kamen sie ins Ziel, minutenlang war dabei unklar, wer der beiden die Siegerin war. Nach Ansicht der Bilder hatte sich Vollering um Haaresbreite an Kopecky vorbeigeschoben. Es war der Auftakt zu einer sagenhaften Saison für die Niederländerin.

2. Kopeckys emotionaler Sieg bei Nokere Koerse

Lotte Kopecky siegt vier Tage nach dem Tod ihres BrudersFoto: Getty ImagesLotte Kopecky siegt vier Tage nach dem Tod ihres Bruders

Wenige Tage nach Platz zwei bei Strade Bianche kam Lotte Kopecky dann beim Eintagesrennen Nokere Koerse als Erste ins Ziel. Für sie war es jedoch ein besonders emotionaler Sieg: Vier Tage vor dem Rennen war ihr Bruder Seppe plötzlich verstorben. Mit dem Sieg demonstrierte sie nicht nur ihre fahrerische Klasse, sondern auch mentale Stärke. Mit fast einer halben Minute Vorsprung vor der zweitplatzierten Lorena Wiebes bewies sie ihre Überlegenheit. Kopecky kam als Solistin ins Ziel, hatte dabei beim Triumph ihren Kopf gesenkt und jubelte nicht. Anschließend widmete sie den Sieg ihrem verstorbenen Bruder, der sie zum Radsport gebracht hat.

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3. Alison Jackson gewinnt Paris-Roubaix

Völlig überraschend siegte die 34-jährige Alison Jackson bei Paris-RoubaixFoto: Getty ImagesVöllig überraschend siegte die 34-jährige Alison Jackson bei Paris-Roubaix

Bei der “Königin der Klassiker” gab es im Jahr 2023 einen Überraschungserfolg. Die 34-jährige Kanadierin Alison Jackson siegte im Zielsprint und durfte ihren ersten Sieg bei einem World-Tour-Rennen bejubeln. Weil die Gruppe der Favoritinnen um Lotte Kopecky und Lorena Wiebes in der “Hölle des Nordens” in einem Massensturz 38 Kilometer vor dem Ziel zu Fall kam, rettete die Ausreißergruppe ihren Vorsprung ins Velodrom von Roubaix. Dort bewies Alison Jackson die höchste Spritzigkeit und setzte sich im Zielsprint vor ihren Kontrahentinnen um Katia Ragusa durch. Im Ziel konnte die Fahrerin von EF Education-Tibco-SVB den Sensationssieg kaum fassen.

4. Ardennen-Triple für Demi Vollering

Innerhalb einer Woche gewinnt Demi Vollering drei Eintagesrennen und krönt sich so zur Königin der ArdennenFoto: Getty ImagesInnerhalb einer Woche gewinnt Demi Vollering drei Eintagesrennen und krönt sich so zur Königin der Ardennen

Nach dem Sieg bei Strade Bianche unterstreicht Demi Vollering bei den Ardennen-Klassikern, dass sie im Jahr 2023 das Maß der Dinge im Frauen-Radsport ist. Innerhalb einer Woche gewinnt die Niederländerin vom Team SD Worx das Amstel Gold Race, Fleche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich. Damit ist sie erst die zweite Frau, der dieses Triple gelingt. Im Jahr 2017 gewann Anna van der Breggen die drei Rennen hintereinander - heute ist die 33-Jährige sportliche Leiterin beim Team SD Worx. Womöglich hat sie hat sie ihr Sieger-Gen der Ardennen-Rennen an ihren heutigen Schützling weitergeben können.

5. Van Vleuten zittert sich zum Vuelta-Sieg

Annemiek van Vleuten schleppt sich bei der finalen Etappe der Vuelta ins Ziel und verteidigt um neun Sekunden ihren Vorsprung vor Demi VolleringFoto: Getty ImagesAnnemiek van Vleuten schleppt sich bei der finalen Etappe der Vuelta ins Ziel und verteidigt um neun Sekunden ihren Vorsprung vor Demi Vollering

Nach den beeindruckenden Siegen in den Jahren 2021 und 2022 bei der Vuelta a Espana Femenina geht es für Annemiek van Vleuten in ihrer letzten Spanien-Rundfahrt deutlich knapper zu. Zwar fährt sie auf der sechsten Etappe ein Polster von über einer Minute auf ihre Kontrahentin Demi Vollering heraus, die bei der Etappe bereits früh im Rennen den Anschluss an die Spitze verliert. Auf der finalen siebten Etappe wird es dann aber noch einmal eng. Fünf Kilometer vor dem Ziel verliert van Vleuten den Anschluss an ihre Landsfrau Vollering, die die Etappe auch am Ende für sich entscheidet. Im Ziel hat van Vleuten 56 Sekunden Rückstand auf die Tagessiegerin und rettet mit neun Sekündchen Puffer den Gesamtsieg ins Ziel.

6. Liane Lippert gewinnt die 2. Etappe der Tour de France Femmes

Die Deutsche Liane Lippert gewinnt die 2. Etappe der Tour de France FemmesFoto: Getty ImagesDie Deutsche Liane Lippert gewinnt die 2. Etappe der Tour de France Femmes

Zwei deutsche Fahrerinnen machten durch Etappensiege bei der Tour de France Femmes besonders auf sich aufmerksam. Auf der 2. Etappe siegte Liane Lippert vom Team Movistar in einem Bergauf-Sprint aus einer größeren Gruppe heraus. Auch gegen die in Gelb fahrende Lotte Kopecky setzte sich die 25-Jährige unter regnerischen Bedingungen durch und durfte ihren ersten Grand-Tour-Etappensieg bejubeln. Der Sieg der Friedrichshafenerin kam aber nicht aus heiterem Himmel. Bereits bei Fleche Wallonne belegte sie hinter der Dominatorin Demi Vollering Platz zwei. Lippert war aber nicht die einzige Deutsche, der ein Etappensieg gelang ...

7. Ricarda Bauernfeind bejubelt Etappensieg bei Frankreich-Rundfahrt

Die 23-jährige Ricarda Bauernfeind gewinnt eine Tour-de-France-EtappeFoto: Getty ImagesDie 23-jährige Ricarda Bauernfeind gewinnt eine Tour-de-France-Etappe

Ricarda Bauernfeind gewann bei der Tour de France Femmes die 5. Etappe. Auf welligem Terrain setzte sie sich 35 Kilometer vor dem Ziel ab und versuchte sich als Solistin. Als das Team SD Worx versuchte, die Mitfavoritin auf den Tagessieg Lotte Kopecky an die deutsche Ausreißerin heranzuführen, zerfiel das Peloton. Nur die Schweizerin Marleen Reusser und Liane Lippert versuchten, Bauernfeind auf den letzten Kilometern zu stellen. Die junge Deutsche trotzte den Versuchen und rettete am Ende 22 Sekunden Vorsprung ins Ziel. Die deutsche Siegerin der 2. Etappe Liane Lippert wurde an diesem Tag Dritte, während Bauernfeind den ersten Sieg auf World-Tour-Ebene feiern durfte. Am Ende wurde die 23-Jährige sogar starke Neunte im Gesamtklassement.



8. Vollering entthront van Vleuten am Tourmalet

Demi Vollering dominiert auf der Königsetappe der Tour de France und fährt ins Gelbe TrikotFoto: Getty ImagesDemi Vollering dominiert auf der Königsetappe der Tour de France und fährt ins Gelbe Trikot

Über viele Jahre war die niederländische Radsport-Legende Annemiek van Vleuten die große Dominatorin im Frauen-Radsport. Bei der 7. Etappe der Tour de France Femmes bekam die zu diesem Zeitpunkt 40-Jährige jedoch von ihrer Landsfrau Demi Vollering ihre Grenzen aufgezeigt. Bei der Königsetappe zerfiel das Feld der Favoritinnen am letzten Anstieg völlig. Am legendären Col du Tourmalet kämpfte sich Demi Vollering auf beeindruckende Weise als schnellste Fahrerin den Berg hinauf und deklassierte ihre Konkurrentinnen. Am Ende kam sie mit fast zwei Minuten Vorsprung auf die Polin Katarzyna Niewiadoma ins Ziel und hängte Annemiek van Vleuten mit über zweieinhalb Minuten ab. Damit entthronte Demi Vollering die einstige Dominatorin und wurde selbst zum Maß der Dinge im Frauen-Radsport. Der Etappensieg war zugleich auch die Vorentscheidung im Kampf um den Tour-Gesamtsieg.

9. Kopecky-Festspiele bei den Radsport-Weltmeisterschaften

Lotte Kopecky räumte bei der Rad-WM nicht nur auf der Straße ab, sondern auch auf der BahnFoto: Getty ImagesLotte Kopecky räumte bei der Rad-WM nicht nur auf der Straße ab, sondern auch auf der Bahn

Bei der Rad-WM in Glasow überragte vor allem eine Fahrerin: Lotte Kopecky. Erst sicherte sich die Belgierin beim Ausscheidungszeitfahren und beim Punktefahren auf der Bahn die Goldmedaille, ehe sie auch auf der Straße gewann. In einem hektischen Rennen setzten sich kurz vor dem Ziel Lotte Kopecky und Cecilie Uttrup Ludwig ab. Die Niederländerin bewies mehr Spritzigkeit, hängte ihre Kontrahentin ab, die sogar auf den letzten Metern noch von Demi Vollering abgefangen wurde. Mit drei Sekunden Vorsprung gewann Kopecky am Ende das Rennen. Mit der dritten Goldmedaille der Belgierin wurde die Rad-WM zu den Kopecky-Festspielen umgetauft.

10. Van Vleuten verabschiedet sich mit dem Gesamtsieg bei der Tour of Scandinavia

Der letzte Coup der niederländischen Radsport-Legende Annemiek van Vleuten war der Gewinn der Gesamtwertung der Tour of ScandinaviaFoto: Getty ImagesDer letzte Coup der niederländischen Radsport-Legende Annemiek van Vleuten war der Gewinn der Gesamtwertung der Tour of Scandinavia

Annemiek van Vleuten ist eine der erfolgreichsten Radsportlerinnen der Geschichte. Auch in ihrem letzten Profi-Jahr zeigte die Niederländerin, was in ihr steckt. Auf ihrer Abschiedstournee gewann sie im Jahr 2023 nicht nur die Vuelta a Espana Femenina und den Giro Donne. Sie siegte auch bei ihrem vorletzten Profi-Rennen überhaupt: Bei der Tour of Scandinavia benötigte sie für die fünf Etappen zwei Sekunden weniger als Cecilie Uttrup Ludwig und bewies einmal mehr ihr Sieger-Gen. Damit trat van Vleuten auf der Platzierung ab, auf der sie ihre Rennen so häufig beendete - auf Platz eins.

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