Sebastian Lindner
· 13.06.2024
Um der Ausnahmestellung und dem Ruf, den die Tour de France im Radsport hat, auch in finanzieller Hinsicht gerecht zu werden, greift die A.S.O. tief in die Tasche. Der Veranstalter des wichtigsten Radrennens der Welt schüttet insgesamt 2,3 Millionen Euro an Preisgeldern an die 22 Teams und die 176 Fahrer aus. Im Radsport ist das der absolute Top-Wert.
Beim Giro d’Italia dieses Jahres verteilte Organisator RCS insgesamt rund 1,6 Millionen Euro an die Teilnehmer. Ebenfalls ein stattliches Sümmchen. Etappensieger wurden dabei sogar genauso gut entlohnt wie bei der Tour, in der Gesamtwertung gab es hingegen deutliche Unterschiede. Eines der wichtigsten Eintagesrennen der Saison, Paris-Roubaix, ebenfalls von der A.S.O. organisiert, bescherte Gewinner Mathieu van der Poel 30.000 Euro. Er kassierte damit etwa ein Drittel des gesamtes Preisgeldes.
Ebenfalls World-Tour, ebenfalls A.S.O., aber kein Monument des Radsports ist das deutsche Rennen Eschborn-Frankfurt. Hier gab es am 1. Mai insgesamt noch 40.000 Euro zu holen, fast die Hälfte davon für Sieger Maxim Van Gils.
Freilich sieht das bei Rundfahrten anders aus. Zumindest bei den großen. Der Gesamtsieger der Tour de France 2024 bekommt 500.000 Euro, für den Sieg beim Giro waren es rund 265.000 Euro für Tadej Pogacar. Beim Criterium du Dauphine wurden insgesamt 128.000 Euro ausgeschüttet, 16.000 Euro gab es für den Gesamtsieg. Die Deutschland Tour, die wie die Dauphine-Rundfahrt ebenfalls zum größten und reichsten Radsportveranstalter A.S.O. gehört, aber nicht Teil der World-Tour-Rennserie ist, verteilte zuletzt rund 73.000 Euro an Preisgeldern, gut 8000 Euro bekam der Sieger.
Reich, zumindest gesprochen für die Welt des Sports, machen die Preisgelder im Radsport also nicht mal die besten Rundfahrer des Radsports wie Pogacar oder Jonas Vingegaard. Denn in aller Regel wandern diese Summen in eine Mannschaftskasse, aus der alle Fahrer und auch der Staff, das Team hinter dem Team, ihre Anteile bekommen. Dafür, dass die Top-Stars dennoch gut leben können, sorgen ihre Verträge in Millionenhöhe und vor allem die Werbedeals.
Verglichen mit anderen Sportarten können aber selbst die Preisgelder der Tour de France nicht mithalten. Beim Tennis etwa werden jedes Jahr neue Rekord-Summen vermeldet. Beim Grand-Slam-Turnier von Wimbledon wurden letztes Jahr insgesamt 52,3 Millionen Euro verteilt. Die Sieger in den Einzelwettbewerben bei Männern und Frauen erhielten jeweils 2,3 Millionen Euro und damit die Summe, die bei der Tour insgesamt ausgezahlt wird. Für die Finalisten gab es noch die Hälfte. Selbst ein Erstrundensieg brachte 55.000 Euro ein.
Auch beim Golf sahnen die Besten richtig ab. Die US Open als bestdotiertes Major-Turnier verteilten im Vorjahr den Rekordwert von insgesamt 20 Millionen Euro an Preisgeldern. Seit 2016 hat sich die Summe damit verdoppelt. Für den Sieg gab es 3,6 Millionen Euro.
Wieder eine andere Kategorie ist der Fußball. Für die Weltmeisterschaft in Katar verteilte der Weltverband FIFA 444 Millionen Euro an die 32 teilnehmenden Mannschaften, der Sieger bekam 42 Millionen Euro. Die Gelder gingen an die jeweiligen nationalen Verbände, die dann selbst entscheiden konnten, was sie damit machten.
Für den Radsport sind das utopische Summen. Zahlen, die die Tour de France in ihrer gesamten Geschichte mit 111. Austragungen, 2024 eingerechnet, nicht annähernd erreicht hat. Selbst der Straßen-Radsport in seiner Ganzheit dürfte an dieser Marke scheitern. Dabei gab es auch Zeiten, in denen bei der Tour mehr zu holen war als jetzt. Die Rekordpreisgelder stammen aber aus der finstersten Epoche des Radsports. Zwischen 2006 und 2012 lag das Gesamtpreisgeld bei 3,2 Millionen Euro, der Sieger ging in dieser Zeit mit 450.000 Euro nach Hause.
2013 dann der Einbruch bei den Zahlen. Plötzlich standen nur noch zwei Millionen Euro zur Verfügung - die Summe für den Tour-Sieg blieb unverändert. Seit 2016 liegen die Werte auf einem konstanten Niveau, das bis heute besteht.
Im vergangenen Jahrtausend hatten sich die Preisgelder kontinuierlich nach oben entwickelt. 1995 gab es in Summe etwa 1,8 Millionen Euro (rund 335.000 Euro für den Sieger), 1990 1,5 Millionen (305.000 Euro). Nochmal fünf Jahre zuvor lag die Gesamtsumme bei nicht mal einem Drittel davon. Tour-Sieger Bernard Hinault musste sich mit etwa 18.000 Euro begnügen. 1960 wurden insgesamt 61.000 Euro ausgeschüttet, für den Sieger gab es 3000 Euro.
Doch wie schlüsseln sich die 2,3 Millionen Euro für die aktuelle Ausgabe der Tour de France auf? Im Reglement des Rennens ist jeder einzelne Euro, den die A.S.O. ausgibt, genau geregelt.
Pro Etappe werden die besten 20 Fahrer mit einem Preisgeld bedacht. Insgesamt werden über die Etappenwertung pro Tag 28.650 Euro verteilt. Auf die gesamte Tour gerechnet macht das rund 600.000 Euro.
Jeder Profi, der die Tour de France beendet, wird dafür von der A.S.O. auch finanziell bedacht. Ab Platz 20 gibt es noch 1000 Euro. Auch für den 10. sind es nur 3800 Euro. Erst ab Platz 7 wird es fünf- bzw. sechsstellig.
Etwas mehr als 1,1 Millionen Euro gibt die Tour für die Gesamtwertung aus. Dazu kommen jeweils noch Prämien für den Träger des Gelben Trikots. Pro Tag bekommt der Gelbe 500 Euro zusätzlich.
19 Zwischensprints werden während der Tour de France ausgefahren. Jedes Mal bekommen die besten Drei nicht nur Punkte, sondern auch ein bisschen Preisgeld.
Der jeweilige Träger des Grünen Trikots bekommt pro Tag 300 Euro. Wer es auch am letzten Tag in Nizza trägt, wird besonders gut entlohnt. Die besten Acht in der Endabrechnung werden dabei bedacht. Für den Vierten gibt es 4000 Euro und 500 weniger für jeden Platz dahinter.
Für die Punktewertung werden damit insgesamt 128.000 Euro an Prämien ausgezahlt.
Analog zur Punktewertung werden auch die besten Acht der Bergwertung bedacht, für den Träger des Wertungstrikots nach den einzelnen Etappen gilt das gleiche. Abweichend belohnt werden hingegen die besten Fahrern an den einzelnen Bergwertungen.
Für die sechs Anstiege der höchsten HC-Kategorie werden für die Top 3 800 bzw. 450 und 300 Euro pro Anstieg ausgelobt. Für die zehn Berge der 1. Kategorie sind es 650, 400 und 150 Euro. An den elf Anstiegen der 2. Kategorie werden nur noch die zwei Besten monetär belohnt. 500 und 250 Euro werden jeweils verteilt. An den 19 Anstiegen der 3. Kategorie bekommt nur noch der Erste 300 Euro, die 21 Hügel der 4. Kategorie werden mit 200 Euro für den Ersten ausgelobt.
In Summe sind es damit 110.450 Euro Preisgeld, die von der A.S.O. für die Bergwertung verteilt werden.
Jeden Tag bekommt der beste Jungprofi im Etappen-Klassement 500 Euro. 300 sind es - wie beim Grünen und Gepunkteten - für das Tragen des Weißen Trikots. Die besten vier Fahrer in der Nachwuchs-Gesamtwertung werden in Nizza dann schon mit anderen Summen belohnt.
Insgesamt fließen 66.500 Euro Preisgeld in die Nachwuchswertung.
Im Verhältnis zur medialen Aufmerksamkeit kommt die Teamwertung der Tour de France gut weg. Jeden Tag bekommt die beste Mannschaft einer Etappe 2800 Euro für die Kasse. In der Endabrechnung werden die besten fünf Teams finanziell belohnt.
178.800 Euro kommen in Summe für die Mannschaftswertung zusammen.
Nach jeder Etappe - außer bei den Zeitfahren - wird der aktivste Fahrer einer Etappe mit 2000 Euro und der Roten Rückennummer ausgezeichnet. Er wird von einer Jury gewählt. Nach der Rundfahrt werden die Eindrücke zusammengenommen, um den aktivsten Fahrer des gesamten Rennens mit 20.000 Euro zu prämieren. 58.000 Euro kommen so insgesamt an Preisgeld für diese Wertung zusammen.
Drei Sonderpreise vergibt die A.S.O., von denen zwei auch hätten in der Bergwertung angesiedelt werden können. 5000 Euro bekommt der erste Fahrer am Col du Galibier (4. Etappe) zusätzlich zum Preisgeld für den Ersten am Anstieg einer HC-Kategorie. Denn dort wird das Souvenir Henri Desgrange vergeben. Der Gründer und erste Direktor der Tour wird dort besonders geehrt.
Am Col du Tourmalet (14. Etappe) wird hingegen sein Nachfolger geehrt. Auch das Souvenir Jacques Goddet bringt dem Ersten am Gipfel des Pyrenäen-Riesen 5000 Euro extra.
Zusätzlich dazu wählt eine Jury einmal pro Woche den besten Teamkollegen im ganzen Fahrerfeld. Der wird jeweils mit 3000 Euro belohnt. So verteilt die A.S.O. insgesamt 19.000 Euro Prämien für die Sonderpreise.