Thomas Goldmann
· 08.03.2024
Schon vor der Königsetappe zum Monte Petrano am Samstag hat Jonas Vingegaard mit einem bärenstarken Auftritt bei Tirreno-Adriatico 2024 für klare Verhältnisse gesorgt. Der amtierende Tour-de-France-Champion griff auf der 5. Etappe, die über 144 Kilometer von Torricella Sicura nach Valle Castellana führte, am San-Giacomo-Anstieg (1. Kategorie) 29 Kilometer vor dem Ziel an und ließ seine Gegner stehen.
Der Däne meisterte die anschließende Abfahrt souverän und holte sich seinen 32. Profisieg mit 1:12 Minuten Vorsprung vor Juan Ayuso (UAE Team Emirates) und Jai Hindley (Bora-Hansgrohe). Damit einhergehend streift Vingegaard auch das Blaue Trikot des Gesamtführenden über, das zuvor der Sprinter Jonathan Milan (Lidl-Trek) getragen hatte.
Wir hatten immer den Plan, es heute zu versuchen. Die Mannschaft war fantastisch. Ich bin sehr glücklich darüber, den Sieg eingefahren zu haben und den Jungs etwas zurückzugeben. - Jonas Vingegaard im offiziellen Siegerinterview
Für Chris Froome (Israel-Premier Tech) war das Rennen bereits vor dem Start beendet. Der viermalige Sieger der Tour de France musste mit einem Kahnbein-Bruch aufgeben. Anthony Delaplace (Arkea-B&B Hotels), Kristian Sbaragli (Team Corratec - Vini Fantini) und Rune Herregodts (Intermarche-Wanty) waren ebenfalls nicht mehr zur Einschreibkontrolle erschienen.
Der erste Angreifer des Tages war Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck). Der belgische Sprinter wurde aber schnell wieder eingeholt und sechs Fahrer machten sich aus dem Staub: Ivan Garcia Cortina (Movistar), Andrea Vendrame (Dectahlon AG2R La Mondiale), Simon Clarke (Israel-Premier Tech), Alessandro De Marchi (Team Jayco-AlUla), Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) und Damien Howson (Q36.5 Pro Cycling Team). Ihnen wurde kurz danach von vier Profis nachgesetzt: Niccolo Bonifazio (Team Corratec - Vini Fantini), Clement Davy (Groupama-FDJ), Kasper Asgreen (Soudal - Quick Step) und Magnus Cort Nielsen (Uno-X Mobility). Die beiden Gruppen spannten zusammen.
Viel Vorsprung gewährte das Peloton den zehn Spitzenreitern aber nicht – maximal rund zwei Minuten. Vor allem Visma | Lease a Bike arbeitete kräftig im Hauptfeld. Dort war Lennard Kämna (Bora-Hansgrohe) offenbar zu Fall gekommen. Von den Kameras eingefangen wurde das nicht. Der Deutsche fuhr mit mehreren Schwürfwunden durchs Bild und stellte den Anschluss zum Hauptfeld zunächst wieder her.
In der Anfahrt zum San Giacomo, einem Berg der 1. Kategorie und dem Haupthindernis des Tages, wurde es ernst: Visma | Lease a Bike schraubte das Tempo nochmals in die Höhe. Howson wurde als erster Ausreißer eingeholt, der Rest seiner Fluchtgefährten kurz darauf. 29 Kilometer vor dem Ziel erfolgte die Attacke von Jonas Vingegaard. Keiner konnte dem zweifachen Tour-de-France-Sieger folgen. Ben O’Connor (Decathlon AG2R La Mondiale) und Jai Hindley (Bora-Hansgrohe) spannten als Verfolgerduo zusammen, gefolgt von einem Quartett: Juan Ayuso (UAE Team Emirates), Thymen Arensman (Ineos Grenadiers), Cian Uijtdebroeks (Visma | Lease a Bike) und Ivan Ramiro Sosa (Movistar). Rund zweieinhalb Kilometer vor der Bergwertung bekam Ayuso Verstärkung von seinem Mannschaftskameraden Isaac del Toro, der von hinten aufschloss.
Während O’Connor zwei Kilometer vor der Bergwertung von dem Quartett eingeholt wurde, zog Hindley zunächst als einzelner Verfolger weiter, wurde aber kurz vor dem Gipfel ebenfalls gestellt. In der Gruppe um Ayuso spannte sich del Toro für den Spanier ein und versuchte Schadensbegrenzung zu betreiben. Das gelang bedingt. Mit einer Minute Rückstand auf Vingegaard ging die größere Verfolgergruppe über die Kuppe. In der Abfahrt verloren Sosa und O’Connor nach einem Ausflug des Movistar-Kolumbianers ins Gelände den Anschluss.
Del Toro und Ayuso ließen es krachen und knapsten Vingegaard einige Sekunden ab. Nachdem sich del Toro in einer Kurve versteuerte und die Gruppe an Fahrt verlor, war die zurückgewonnene Zeit aber wieder dahin. Dadurch konnte O’Connor nochmal mit einem Kraftakt zu den Verfolgern aufschließen.
Als die Straße auf den letzten acht Kilometern wieder begann anzusteigen, bekam UAE Team Emirates Unterstützung von den anderen Mitgliedern der Verfolgergruppe. Am Rückstand auf Vingegaard änderte das wenig. Der Däne gewann sogar noch Zeit dazu. Am Ende waren es 1:12 Minuten auf die Verfolgergruppe, die von Ayuso ins Ziel geführt wurde.
Vingegaard, der nebenbei auch die Führung in der Berwertung übernahm, geht somit mit einem komfortablen Polster von 54 Sekunden auf Ayuso in die Königsetappe zum Monte Petrano am Samstag.