Tadej PogačarInsider geben Einblicke ins Training

Tom Mustroph

 · 24.01.2025

Tadej Pogačar: Insider geben Einblicke ins TrainingFoto: picture alliance / NurPhoto / Jose Miguel Fernandez
Tadej Pogačar hat auch 2025 große Ziele
Tadej Pogačars neuer Trainer Javier Sola und der seit sechs Jahren im Team arbeitende Sportwissenschaftler Jeroen Swart sprechen über Neues und Bewährtes im Training des UAE-Kapitäns – und was künstliche Intelligenz über den Ausgang von Rennen weiß.

Aufgezeichnet von Tom Mustroph

TOUR: Was waren die wichtigsten Änderungen in Pogačars Vorbereitung, die ihn 2024 so überlegen machten?

Javier Sola: So große Änderungen waren das gar nicht. Er hatte ja schon eine gute Basis. Wir haben etwas Krafttraining hinzugefügt. Auch die Zusammensetzung seines Körpers hat sich geändert und er hat mehr mit dem Zeitfahrrad gearbeitet. Wir haben die Intensitäten erhöht, das war in den letzten Jahren etwas wenig. Es liegt aber auch daran, dass er älter wird, Erfahrung hinzukommt und wir etwas andere Reize setzen wollten.

Javier SolaFoto: UAE Team EmiratesJavier Sola

TOUR: Jeroen, Sie sind ja schon länger dabei; was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Impulse, die Javier Sola für Pogačars Training gegeben hat?

Jeroen Swart: Ich würde da auch das Krafttraining nennen und die höheren Intensitäten. Wichtig war aber auch das Hitzetraining, und hier vor allem die Kombination aus Hitze- und Höhentraining.



TOUR: Was bringt das genau?

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Jeroen Swart: Wir wissen, dass Höhentraining die Bildung roter Blutkörperchen stimuliert. Zugleich verringert sich aber das Volumen des Blutplasmas, das heißt, das Blut verliert flüssige Bestandteile. Und das hat negative Effekte auf den gesamten Blutkreislauf. Hitzetraining sorgt für den umgekehrten Effekt. Das Plasmavolumen kann um bis zu 25 Prozent erhöht werden. Wir haben letztes Jahr Sessions mit 35 Grad bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit gemacht. Wir haben herausgefunden, dass das sogar die Niere stimulieren kann, mehr Hämoglobin zu produzieren. Außerdem sorgt ein größeres Volumen von Blutplasma dafür, dass mehr Blut in die Haut gelangen kann, um dort die Körpertemperatur zu regulieren.

Jeroen SwartFoto: UAE Team EmiratesJeroen Swart

TOUR: Wo sehen Sie für die kommende Saison noch Verbesserungspotenzial bei Pogačar?

Javier Sola: Das ist schwer zu sagen. Ich habe auch keine Kristallkugel, die ich befragen kann. Wir werden einfach jeden Tag weiterarbeiten. Das Wichtigste ist, dass Tadej weiter motiviert bleibt und sich verbessern und Rennen gewinnen will.

Jeroen Swart: Ein wenig Luft ist vielleicht noch beim Krafttraining. Das ist wichtig für das Beibehalten einer guten Position auf dem Rad, um die optimale Leistung zu produzieren. Aber ansonsten sehe ich kaum Defizite bei ihm. Ich denke, wenn wir an all diesen Faktoren weiterarbeiten – man darf auch die Ernährung nicht vergessen –, dann wird das zu weiteren kleineren Fortschritten führen. Aber es wäre auch schon gut, wenn wir einfach das Niveau von der letzten Saison halten könnten.

TOUR: Radsport ist immer mehr datengetrieben. Worin sehen Sie da das größte Potenzial für Verbesserung?

Jeroen Swart: Es gibt da nicht den einen spezifischen Datensatz. Ich will Ihnen jetzt auch nicht zu viele Geheimnisse verraten. Wonach wir momentan aber schauen, ist die durchschnittliche maximale Leistung. Das hat sich in den letzten paar Jahren als interessant herausgestellt. Letztlich geht es darum, die Ermüdungswiderstandsfähigkeit zu messen und herauszufinden, wie sie die Leistung beeinflusst. Da spielt dann natürlich auch noch der Faktor Ernährung hinein. Dazu haben wir ein paar Studien veröffentlicht.

TOUR: Und dann nutzen Sie auch noch künstliche Intelligenz. Könnten Sie das näher erläutern?

Jeroen Swart: Wir haben gemeinsam mit unseren Partnern in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Plattform entwickelt, in die alle Daten einfließen, die wir von den Fahrern über die diversen Geräte erhalten, Leistungsdaten, Schlafdaten, aber auch persönliche Einschätzungen des Wohlbefindens. Die KI nennen wir Anna. Und sie gibt uns wirklich einzigartige Hinweise. Wir müssen nur lernen, ihr die richtigen Fragen zu stellen.

TOUR: Können Sie Beispiele für den Einsatz nennen?

Jeroen Swart: Als wir das letzte Mal bei unseren Partnern waren, haben wir uns eine bestimmte Tour-de-France-Etappe angeschaut. Wir haben dazu die Datenbrillen aufgesetzt. Die KI erstellte ein 3-D-Profil der Etappe. Wir fragten dann Anna, wie sich das Rennen entwickelte und was für Geschichten sie anhand der Daten vor allem über Tadej erzählen könne. Wir haben dann Dinge gesehen, die uns beim normalen Videostudium oder der normalen Auswertung der Daten entgangen wären. Künstliche Intelligenz kann hier einfach richtig transformativ werden.

TOUR: Haben Sie Anna auch schon danach gefragt, wie Mailand-San Remo zu gewinnen ist?

Jeroen Swart: Noch nicht. Aber das ist eine gute Idee. Ich werde sie gleich nächste Woche fragen und sehen, was sie sagt. Ihnen werde ich die Antwort sicher nicht verraten. Aber vielleicht weiß sie schon, wie das Rennen ablaufen wird.

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