Tadej PogačarWissenschaftler enthüllen sein Erfolgsgeheimnis

Kristian Bauer

 · 03.12.2025

Tadej Pogačar: Wissenschaftler enthüllen sein ErfolgsgeheimnisFoto: Getty Imaegs/Dario Belingheri
Tadej Pogacar
Eine neue Studie der Molde University College analysiert Tadej Pogačar und seine Rekordfahrten bei der Tour de France 2024 und 2025. Der Slowene erreichte durchschnittlich 442 Watt über 40 Minuten bei sechs entscheidenden Bergankünften. Sein Erfolgsgeheimnis spiegelt sich in einem entscheidenden Wert: Pogacars maximale Sauerstoffaufnahme liegt vermutlich über 90 ml/kg/min und übertrifft damit frühere Tour-Sieger deutlich.

Tadej Pogačar mit Rekordwerten bei legendären Anstiegen

Wissenschaftler haben die physiologischen Anforderungen von Tadej Pogačar und seinen dominanten Bergfahrten bei den letzten beiden Tour de France untersucht. Ole Kristian Berg von der Molde University College analysierte sechs entscheidende Anstiege der Jahre 2024 und 2025. Die Studie nutzte öffentlich verfügbare Strava-Daten, Pogacars Körpermaße von 176 cm Größe und 66 kg Gewicht sowie validierte mechanische Modelle zur Leistungsberechnung. Das verwendete Rennrad wog 7,2 kg.

Die untersuchten Anstiege umfassten Plateau de Beille, Isola 2000, Col de la Couillole aus 2024 sowie Hautacam, Peyragudes und Mont Ventoux aus 2025. Pogačar benötigte zwischen 17:56 Minuten für Peyragudes und 53:47 Minuten für Mont Ventoux. Die Höhenmeter variierten zwischen 564 Metern bei Peyragudes und 1569 Metern am Mont Ventoux. Alle sechs Fahrten endeten mit Etappensiegen für den UAE Team Emirates-Kapitän. In der Vergangenheit hatte der Slowene schon Einblicke in sein Training und Trainingswerte gegeben.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Durchschnittlich 442 Watt über 40 Minuten

Die Berechnungen ergaben eine mittlere Leistung von 442 Watt mit einer Standardabweichung von 15 Watt. Bezogen auf das Körpergewicht entspricht dies 6,7 Watt pro Kilogramm. Die höchste berechnete Leistung erreichte Tadej Pogačar mit 462 Watt bei Peyragudes, die niedrigste mit 421 Watt am Mont Ventoux. Die durchschnittliche Kletterdauer betrug 40 Minuten mit einer Abweichung von 13 Minuten.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Zur Validierung des Berechnungsmodells verwendeten die Forscher Daten von Derek Gee vom Israel-Premier Tech Team. Der Kanadier hatte bei der 15. Etappe 2024 seine Powermeter-Daten auf Strava veröffentlicht. Das Modell erreichte eine Genauigkeit von 96 Prozent im Vergleich zu den gemessenen Werten. Die Wissenschaftler addierten daher vier Prozent zu ihren theoretischen Berechnungen.

Sauerstoffverbrauch von Tadej Pogacar erreicht Extremwerte

Die entsprechende Sauerstoffaufnahme lag bei durchschnittlich 80 ml pro Kilogramm Körpergewicht pro Minute. Die Forscher nahmen eine Effizienz von 23 Prozent an, was den höchsten bei früheren Tour-Siegern gemessenen Werten entspricht. Am Plateau de Beille erreichte Pogacar 82 ml/kg/min, bei Peyragudes sogar 84 ml/kg/min. Diese Werte liegen deutlich über den 80 ml/kg/min, die als Mindestanforderung für Tour-Sieger gelten.

Die Analyse berücksichtigt aerodynamischen Widerstand, Rollwiderstand und die Arbeit gegen die Schwerkraft. Der Luftwiderstandsbeiwert wurde mit 0,45 berechnet, basierend auf Pogacars Körpermaßen. Die Forscher verwendeten einen Rollwiderstandskoeffizienten von 0,0026 für die verwendeten Continental-Reifen. Eine Übertragungseffizienz von 98 Prozent floss in die Berechnungen ein.

Maximale Sauerstoffaufnahme über 90 ml/kg/min

Aus den Kletterwerten extrapolierten die Wissenschaftler die maximale Sauerstoffaufnahme von Pogačar. Bei Spitzenfahrern liegt die kritische Leistung bei 85 bis 90 Prozent der VO2max. Die berechneten 417 Watt kritische Leistung deuten auf eine maximale Sauerstoffaufnahme zwischen 91 und 96 ml/kg/min hin. Frühere Tour-Sieger erreichten Werte von 81 bis 84 ml/kg/min in Labortests.

Die Studie berücksichtigt, dass mehrstündige Etappen und die Belastung vorheriger Renntage die Effizienz reduzieren können. Dies würde die tatsächliche maximale Sauerstoffaufnahme noch höher einordnen. Tadej Pogačar selbst betont die Bedeutung der Herzfrequenz als physiologischen Indikator gegenüber reinen Leistungswerten. Die Herzfrequenz reagiert direkter auf die tatsächliche körperliche Belastung.

Pogacar: Rekorde auf historischen Anstiegen

Besonders eindrucksvoll zeigt sich die Dominanz von Tadej Pogačar am Plateau de Beille. Alle drei Erstplatzierten der Etappe 2024 unterbieten Marco Pantanis Rekord aus 1998. Pogačar benötigte 38:38 Minuten für die 1217 Höhenmeter. Bei der Attacke von Jonas Vingegaard und Pogačars Konter lagen die Momentanwerte vermutlich deutlich über den berechneten Durchschnittswerten. Die Studie analysiert jedoch die kompletten Anstiege von Start bis Ziel.

Die Windverhältnisse und Windschattenfahren können die Leistungsanforderungen beeinflussen. In Labortests reduziert Windschattenfahren bei steilen Anstiegen die benötigte Leistung um etwa sieben Prozent. Bei Rennen sind die Bedingungen komplexer, der Effekt über komplette Anstiege geringer. Der Anstieg nach Peyragudes wurde als Einzelzeitfahren ohne Windschatteneffekt gefahren.

Grenzen menschlicher Ausdauerleistung

Die Ergebnisse unterstreichen die physiologischen Anforderungen für Erfolg bei Grand Tours. Trainer, Wissenschaftler und Athleten erhalten Richtwerte für Trainingsplanung und Leistungsdiagnostik. Die theoretischen Berechnungen basieren auf etablierten wissenschaftlichen Methoden, bleiben aber Schätzungen. Faktoren wie Windverhältnisse und taktische Überlegungen beeinflussen die tatsächlichen Werte.

Die Tour de France 2026 verspricht weitere Höhepunkte mit dem Col du Galibier als höchstem Punkt auf 2642 Metern. Aufeinanderfolgende Ankünfte an der Alpe d'Huez werden neue Maßstäbe setzen. Die kontinuierlichen Verbesserungen in Training, Ausrüstung und Fahrerphysiologie verschieben die Grenzen menschlicher Ausdauerleistung weiter nach oben.

Meistgelesen in der Rubrik Profi - Radsport