Sicherheit im Profi-RadsportDiese Maßnahmen sind bei der Tour de France geplant

Sven Bremer

 · 02.06.2024

Sicherheit im Profi-Radsport: Diese Maßnahmen sind bei der Tour de France geplantFoto: Getty Images/Tim de Waele
Fans kommen ihren Idolen in den Anstiegen oft ganz nahe. Das kann die Sicherheit der Fahrer beeinträchtigen
Nach den vielen Stürzen im Frühjahr 2024 wird im internationalen Radsport viel darüber diskutiert, wie man die Profis besser schützen kann. Wir haben mit Pierre-Yves Thouault, dem Vizedirektor der ASO (Amaury Sport Organisation), gesprochen, was die Organisatoren der Tour de France für die Ausgabe im Sommer 2024 an zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen geplant hat.

TOUR: Herr Thouault, nach den vielen Stürzen in diesem Frühjahr: Hat die ASO ihr Sicherheitskonzept für die Tour de France 2024 noch einmal überdacht und wird es bei der Tour wie bei Paris-Roubaix Schikanen an bestimmten Schlüsselstellen geben?

Pierre-Yves Thouault: Zur ersten Frage: ja, wir sind absolut offen gegenüber allen Vorschlägen, die an uns herangetragen werden, um die Sicherheit auf den Strecken der von uns organisierten Radrennen generell zu verbessern. Zur zweiten Frage: nein. Das ist bei der Tour nicht vorgesehen. Das war eine wirklich sehr spezielle Vorrichtung für die Einfahrt in die Trouee d’Arenberg bei Paris-Roubaix.



TOUR: Welche neuen und zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen plant die ASO für die diesjährige Ausgabe der Tour de France und gibt es insbesondere Pläne, die Fahrer besser vor allzu rücksichtslosen Fans zu schützen?

Pierre-Yves Thouault: Wir werden an den Anstiegen, dort wo wir viele Fans erwarten, noch mehr sogenannte ‘piquetage-cordage’, also ‘Pfahl-Seil-Zonen’ einrichten, um das Publikum besser kanalisieren zu können. Mit Seilen kann man flexibler umgehen als mit festen Absperrungen. Diese Zonen werden im Vergleich zum vergangenen Jahr um das Siebenfache ausgeweitet. Wir glauben, dass das eine sehr effektive Vorrichtung ist. Darüber hinaus kommunizieren wir an den Renntagen über die verschiedenen Medienkanäle, die sozialen Netzwerke, Radio und Fernsehen mit den Zuschauern am Straßenrand, um sie zu sensibilisieren. Außerdem wird es Lautsprecheransagen aus den offiziellen Tour-Fahrzeugen heraus geben, die vor dem Peleton fahren, um die Zuschauer am Straßenrand noch einmal kurz vor dem Eintreffen der Fahrer zu sensibilisieren. Dass wir eng mit den eingesetzten Sicherheitskräften zusammenarbeiten und in diesem Bereich stets versuchen, die Kommunikation zu verbessern, versteht sich von selbst.

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TOUR: Der schwere Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt, bei dem sich u.a. der Tour-Vorjahressieger Jonas Vingegaard verletzt hat, wird auch auf den schlechten Straßenbelag zurückgeführt. Werden die Straßen vor dem Start der Tour de France noch einmal kontrolliert und gegebenenfalls nachgebessert?

Pierre-Yves Thouault: Wir führen grundsätzlich viele Erkundungen durch auf den Straßen, auf denen die Tour de France verläuft. Wenn die Strecke feststeht, dann wird sie von ehemaligen Profis inspiziert und freigegeben. Manchmal gelingt es, Straßenerneuerungsarbeiten, die bereits von einem Departement geplant waren, zu beschleunigen. Aber auf der anderen Seite verlangen wir von der ASO nie, dass eine Straße für die Tour de France neu gebaut wird. Der Straßenradsport nutzt per Definition ja nun mal die Straßen, die das ganze Jahr über für den Verkehr geöffnet sind, dem Wetter ausgesetzt sind und so weiter. Seit dem es Radrennen gibt, mussten sich die Fahrer stets an die unterschiedlichen Straßenbeläge anpassen. Aber ich kann wie gesagt versichern: die Straßen werden mehrmals von ehemaligen Radprofis gecheckt. Und wir wir ernennen pro Etappe einen sogenannten ‘Monsieur Route’, der die Fahrbahn kurz vor dem Rennen noch einmal inspiziert und natürlich dann auf eventuelle Gefahrenstellen hinweist. Und die akustischen und optischen Warnhinweise, beispielsweise vor gefährlichen Kurven auf Abfahrten, werden noch einmal ausgebaut.



TOUR: Ist es denkbar, dass die ASO an besonders brisanten Stellen Tempolimits einführt?

Pierre-Yves Thouault: Nein, das ist eine Angelegenheit der UCI und liegt nicht im Verantwortungsbereich des Veranstalters. Aber wir werden bei Massensprints auf den letzten Metern, wo das Tempo der Rennfahrer am höchsten ist, doppelt so viele Barrieren einrichten wie im Vorjahr, die die Profis unter anderem vor allzu übermütigen Fans schützen, die sich über die Banden lehnen, mit ihren Smartphones fotografieren und die Fahrer dadurch behindern und zu Fall bringen könnten. Wir arbeiten seit mehreren Jahren mit Safe Cycling, den Experten schlechthin in Sachen Sicherheit bei professionellen Radrennen, zusammen. Da geht es neben den bereits genannten Aspekten auch darum, Konzepte zu entwickeln, das sich die Motorräder der Garde Republicaine und die Fahrer zum Schluss der jeweiligen Etappen nicht in die Quere kommen. Die Gesundheit der Fahrer steht für uns an erster Stelle, aber ich muss auch darauf hinweisen, dass ein Unfall, egal welcher Art, fast immer multifaktoriell bedingt ist. Wir versuchen daher, möglichst viele dieser Faktoren zu berücksichtigen, aber einige davon liegen nun mal nicht in der Verantwortung des Veranstalters.

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