Sicherheit bei Radrennen“Die UCI hört nicht zu”

Kristian Bauer

 · 11.05.2023

Sicherheit bei Radrennen: “Die UCI hört nicht zu”Foto: Getty Velo
Fabio Jakobsen Tour de Pologne 2020

Sollte die Zeit fünf Kilometer vor dem Ziel genommen werden? Ex-Profi Adam Hansen macht diesen Vorschlag für das Gesamtklassement bei Etappenrennen, um die Risiken durch den Zielsprint zu senken. Hansen ist neuer Präsident der Fahrergewerkschaft CPA (Cyclistes Professionnels Associes). Die Sicherheit bei Radrennen hat er zu seinem wichtigsten Thema erklärt. TOUR hat nachgefragt:

TOUR: Sie sagten in einem Interview, dass es beim Thema Sicherheit bei Radrennen keine Kommunikation gibt. Wie kann das nach den jahrelangen Diskussionen sein?

Hansen: Ich denke, weil wir mit zu vielen verschiedenen Parteien zusammenarbeiten. Es gibt die UCI mit den Regeln, die Organisatoren, von denen es viele gibt, die ihren eigenen Stil haben, dann die Motorräder bei den verschiedenen Rennen, die ihre eigene Vorstellung davon haben, was für den Radfahrer sicher ist. Und dann gibt es die Fahrer, die meiner Meinung nach wissen, was sicher ist, da sie alles bei verschiedenen Rennen erleben und die Stürze aus erster Hand sehen und die Ursache des Sturzes kennen. Ein bisschen Kommunikation zwischen den Fahrern und den anderen Parteien könnte sehr hilfreich sein.

TOUR: Nach dem Sturz von Fabio Jakobsen bei der Polen-Rundfahrt 2020 hat die UCI einen Sicherheitsmanager eingeführt - hat das die Sicherheit bei Radrennen erhöht?

Hansen: Nicht, dass ich wüsste - ich wusste nicht, dass wir einen haben.

Sicherheit bei Radrennen: die UCI oder der Rennveranstalter hören nicht zu

TOUR: Sie haben in den letzten Wochen viel mit den Fahrern gesprochen. Was war das Hauptproblem, das sie angesprochen haben?

Hansen: Das Hauptthema war, dass es viele kleine Dinge gibt, die man ändern kann und die einen großen Unterschied machen würden. Die Fahrer haben mir gesagt, was ihrer Meinung nach helfen würde, aber es scheint, dass sie damit auf taube Ohren stoßen. Ich war selbst Fahrer und weiß genau, was sie meinen, aber die UCI oder der Rennveranstalter hören nicht zu. Das hat mit Kommunikation zu tun, denn die Fahrer haben das Gefühl, dass sie nicht gehört und nicht wertgeschätzt werden.

TOUR: Sie haben gefordert, dass die die UCI ein Regelwerk mit Sicherheitsstandards aufstellt um die Sicherheit bei Radrennen zu verbessern. Was genau könnte die UCI in diesen Regeln festlegen?

Hansen: Es könnte z.B. sein, dass sich die Sponsorentafeln, die an den Absperrungen angebracht sind, überlappen, anstatt eine kleine Lücke zu haben. Wenn sie sich überlappen, kann sich ein Sprinter nicht die Hand einklemmen, wenn es zu einem Sprint kommt und er so nah heranfährt, dass er sie berührt. Das ist etwas so Kleines, so Einfaches, das nichts kostet und ein paar Stürze verhindern würde. Wenn ein Motorrad hinter das Peloton zurückfahren muss und nicht von der Straße kann, könnte es, anstatt auf der Straße anzuhalten, ein langsames Tempo fahren, damit es vom Peloton verschluckt wird. So haben die Fahrer mehr Zeit zu reagieren, und das Motorrad kommt viel langsamer zurück. Oder wenn es ein Hindernis auf der Straße gibt, erkennt die Person es und stellt sich nicht direkt davor, sondern 40 Meter davor, damit die Fahrer mehr Zeit haben, zu reagieren. Das sind nur einige Beispiele, von denen ich glaube, dass die UCI oder die Rennveranstalter keine Ahnung haben und die viele Unfälle verhindern würde.

Zeitnahme fünf Kilometer vor dem Ziel

TOUR: Sie haben vorgeschlagen, dass die Zeit für das Gesamtklassement fünf Kilometer vor dem Ziel genommen wird, um die Gefahr beim Sprint zu reduzieren. Haben Sie ein Feedback von der UCI erhalten?

Hansen: Ja, und auch von den Rennveranstaltern. Auch sie sind der Meinung, dass auf einer Etappe, bei der eine Stadt dafür bezahlt, dass das Ziel in einem eher technischen Finale liegt, eine Regel eingeführt werden sollte. Wenn man also ein technisches Finale zulässt, wäre es gut, wenn es so eine Regel gäbe, damit nicht 150 Fahrer im Finale über die Straßen rasen, sondern das Risiko eines Sturzes verringert wird.