Die neue Radsport-Saison beginnt wie gewohnt in Australien, am 13. Januar startet die Tour Down Under. Vorjahressieger Jay Vine (UAE Team Emirates) wird nicht starten. Dafür sind andere Top-Fahrer wie Simon Yates dabei. Australiens bekanntester Radsportberg, der Willunga Hill, gibt dem einstigen Vuelta-Sieger gute Gelegenheit, seine Kraft einzusetzen. Große Änderungen des Rennkalenders gibt es in der Folge nicht. Die Fernfahrten Paris–Nizza und Tirreno–Adriatico überschneiden sich weiterhin und konkurrieren damit um Aufmerksamkeit.
Im Sommer verursachen die olympischen Radrennen in Paris – die Zeitfahren am 27. Juli, die Straßenrennen am 3. und 4. August – eine längere Lücke. Weil die Spiele in Paris am 26. Juli beginnen, wird der Tour-de-France-Sieger 2024 eine Woche zuvor in Nizza gekürt. Nach einem echten Wettkampf übrigens, einem Zeitfahren über 34 Kilometer. “Für uns Klassementfahrer dauert die Tour de France 2024 jetzt einen Wettkampftag länger. Das ist neu. Ich freue mich aber schon darauf”, blickt der Sieger von 2023, Jonas Vingegaard, auf den Sommer voraus.
In Frankreich dürfte er es vor allem mit seinem Dauerrivalen Tadej Pogacar, dem Ex-Teamkollegen Primoz Roglic und Remco Evenepoel zu tun bekommen. Ohne Roglic wird es dem zweimaligen Tour-Sieger etwas an Unterstützung fehlen. “Wir werden ohne Primoz aber auch weniger interne Diskussionen haben”, meint Sportdirektor Merijn Zeeman. Zwei Zeitfahren, sieben Bergetappen (unter anderem mit Galibier, Tourmalet und Plateau de Beille) sowie 14 Schottersegmente auf der 9. Etappe stehen auf dem Programm.
Beim Giro d’Italia 2024 will Tadej Pogacar den Grundstein für ein mögliches historisches Double legen. Der Kolumbianer Nairo Quintana bastelt dort an einem Comeback, auch Wout van Aert will kommen, wenngleich eher mit Fokus auf Etappensiege. In Sachen Klassement dürfte Visma | Lease a Bike auf Cian Uijtdebroeks setzen, der nach einem Transfer-Hickhack von Bora-Hansgrohe zu den Niederländern wechselt.
Absolutes Zugpferd beim Giro verspricht aber Pogacar zu werden. Der Kurs ist zwar nicht ganz nach seinem Geschmack; die mythischen Gipfel und Pässe wie Mortirolo, Gavia, Zoncolan oder die Drei Zinnen fehlen. Da spielten auch die Wetterkapriolen in den zurückliegenden Jahren mit Streckenverkürzungen in den Bergen eine Rolle bei der Planung. Aber viele kleine, giftige Anstiege sind eingebaut, wie gleich am ersten Tag der Superga bei Turin. Die Hauptstadt des Piemont hat 2024 sogar das Privileg, nicht nur Auftakt des Giro zu sein, sondern auch Ziel der dritten Etappe der Tour de France. Die beginnt in diesem Jahr in Florenz. Was einst stolze Landesrundfahrten waren, werden immer stärker aufgeblähte Europa-Trips.
Auch die Vuelta a Espana 2024 macht da mit, ihre nächste Austragung beginnt in Portugal. Dort will vor allem Sepp Kuss beweisen, dass sein Erfolg von 2023 kein Zufall war. Der Amerikaner muss sich ab 2026 aber – wie das gesamte Peloton – vielleicht auf eine andere Jahresplanung einrichten.
UCI-Präsident David Lappartient spielt mit einigen Ideen, die den immer noch sehr traditionsverhafteten Radsport gehörig durchrütteln könnten. Dazu gehört der Plan, die Vuelta a Espana wegen der zunehmenden Augusthitze in Spanien auf einen anderen Termin zu legen, möglicherweise wieder ins Frühjahr, so wie es bis 1994 üblich war. Stattdessen könnten Paris-Roubaix und die Flandern-Rundfahrt in den Herbst wechseln. Noch größere Verwerfungen könnten durch die Cycling League entstehen, an der Richard Plugge, Boss bei Visma | Lease a Bike, bastelt.
Sie soll vom saudischen Staatsfonds PIF finanziert werden. Das erinnert stark an die umstrittene LIV-Tour im Golfsport. Mit an Bord sollen auch der alte Fusionspartner Zdenek Bakala von Soudal - Quick Step sein sowie Ineos Grenadiers. Veranstalter wie die ASO halten sich noch zurück. Kern des Modells soll sein, dass die TV-Einnahmen, die bisher vor allem bei den Veranstaltern landen, auch den Teams zugutekommen. Damit könnten diese ein zweites Standbein neben den Sponsoreneinnahmen aufbauen. Das klingt nicht schlecht. Dazu allein bräuchte es aber keine neue Liga, erst recht nicht mit dem umstrittenen Geldgeber Saudi-Arabien.