Thomas Goldmann
· 17.07.2024
Auf der 17. Etappe der Tour de France 2024 hatten die Ausreißer das Sagen: Richard Carapaz (EF Education EasyPost) setzte sich am vorletzten Berg, dem Col du Noyer, ab und siegte vor Simon Yates (Team Jayco-AlUla) und Enric Mas (Movistar). Für den Olympiasieger des Straßenrennens von Tokio 2021 schloss sich damit der Kreis. Carapaz hat nun Etappen beim Giro d’Italia, wo er 2019 Gesamtsieger war, der Vuelta a Espana und der Tour de France gewonnen. Bei der Frankreich-Rundfahrt hatte er in diesem Jahr zudem bereits auf der 4. Etappe für einen Tag das Gelbe Trikot getragen.
Neben dem Kampf um den Tagessieg ging es auch im Gesamklassement zur Sache. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) griff am Col du Noyer an und hängte Jonas Vingegaard (Visma | Lease a Bike) und Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) um einige Sekunden ab. Der Zweite und der Dritte des Klassements kamen in der Abfahrt zurück. Am Schlussanstieg drehte Evenepoel den Spieß um. Der Belgier attackierte, dockte sich an seinen Teamkollegen Jan Hirt an, der zuvor in der Ausreißergruppe fuhr, und holte am Ende zehn Sekunden auf Pogacar raus, zwölf auf Vingegaard.
Vor dem Start gab es die erste Aufgabe eines deutschen Fahrers. Phil Bauhaus beendete die Tour de France 2024 nach seinem zweiten Platz am Vortag vorzeitig. Nach dem Start hielt der Wind die Fahrer in Atem. Kurzzeitig gab es Windstaffeln. Einer der Favoriten geriet dabei aber nicht ins Hintertreffen, wodurch sich die Rennsituation wieder beruhigte.
Anschließend ging der Kampf um die Plätze in der Ausreißergruppe los. Es gab zahlreiche Attacken. Vor allem die Mannschaft Visma | Lease a Bike wollte unbedingt Fahrer in der Gruppe haben und schickte Wout van Aert immer wieder in die Offensive.
Vier Mann setzten sich schließlich um fast eine Minute ab. Mit Tiesj Benoot war dann auch ein Fahrer vom Vingegaard-Team dabei. Dazu gesellten sich Bob Jungels (Red Bull-Bora-Hansgrohe), Romain Gregoire (Groupama-FDJ) und Magnus Cort Nielsen (Uno-X Mobility).
Während vorne das Rennen tobte, stiegen weitere Fahrer aus: Alexey Lutsenko (Astana Qazaqstan Team), Fernando Gaviria (Movistar) und Sam Bennett (Decathlon AG2R La Mondiale) gaben die Frankreich-Rundfahrt auf.
Das Peloton flog zwischenzeitlich auseinander und gab sich nicht mit der Besetzung der Ausreißergruppe zufrieden. Das Gespringe ging bis zum Zwischensprint 63 Kilometer vor dem Ziel weiter. Vorne fuhr Cort Nielsen als Erster über den Strich. Um elf Punkte ging es noch aus dem Peloton heraus, die sich Biniam Girmay (Intermarche-Wanty) sicherte vor Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) und somit sein Polster um einen Zähler auf 33 Punkte Vorsprung im Kampf um das Grüne Trikot ausbaute.
Kurz nach dem Sprint setzte sich eine riesige Verfolgergruppe aus dem Peloton ab. 48 Fahrer wurden zwischenzeitlich gemeldet, von denen aber keine Gefahr in der Gesamtwertung ausging. Bestplatzierter war Simon Yates (Team Jayco-AlUla) mit 35:09 Minuten Rückstand.
Im Aufstieg zum Col Bayard (2. Kategorie) zerfiel die Verfolgergruppe. Guillaume Martin (Cofidis) und Valentin Madouas (Groupama-FDJ) hängten ihre einstigen Begleiter ab. Am Fuße des Col du Noyer (1. Kategorie) waren die beiden Franzosen dran. Dahinter versuchte Simon Yates die 40 Sekunden Lücke mit der Brechstange zu schließen, was dem Briten auch gelang. Im Schlepptau brachte er auch Richard Carapaz (EF Education EasyPost) und Stephen Williams (Israel-Premier Tech) mit.
Yates hielt sich nicht lange bei seinen Mitstreitern auf und attackierte. Niemand wollte die Attacke des Bergspezialisten direkt kontern. Erst mit Verzögerung setzten Carapaz und Williams nach, wobei der Brite dem Ecuadorianer nicht lange folgen konnte. Carapaz schloss die Lücke zu Yates, die beiden bildeten fortan das Spitzenduo bis zwei Kilometer unterhalb des Gipfels des Col du Noyer. Dort griff Carapaz in einem bis zu 14 Prozent steilen Abschnitt an und distanzierte Yates. An der Bergwertung hatte der Olympiasieger 15 Sekunden Vorsprung rausgefahren.
Das Peloton ging erst acht Minuten nach der Spitze in den Col du Noyer. Es wurde zwar ein flottes Tempo gefahren, doch es sah zunächst nach einem vergleichsweise entspannten Tag für die Klassementfahrer aus, ehe Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) mal wieder den Funken ins Pulverfass warf.
Kurz vor der Kuppe griff der Gelbtrikotträger an. Jonas Vingegaard konnte nicht folgen und verlor sogar den Kontakt zu Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step). Evenepoel überquerte den Col du Noyer rund zehn Sekunden hinter Pogacar, gut fünf Sekunden vor Vingegaard, der sich am Gipfel an seinen Teamkollegen Christophe Laporte andockte, der sich lange in der Verfolgergruppe befand. Das Duo schloss in der Abfahrt zu Evenepoel auf, zu dritt schafften sie auch den Anschluss zu Pogacar wieder.
Im Schlussanstieg attackierte Evenepoel und konnte sich von Vingegaard und Pogacar absetzen. Der Belgier schloss zu seinem Teamkollegen Jan Hirt auf, der als Relaisstation fungierte. Allerdings schloss auch Vingegaard zu zwei weiteren Helfern auf: Tiesj Benoot und Wout van Aert. Am Ende holte Evenepoel zehn Sekunden auf Pogacar heraus, der Vingegaard mit einem fulminanten Schlusssprint um zwei Sekunden distanzierte.
Als der Kampf um das Gesamtklassement tobte, war die Entscheidung in Sachen Tagessieg längst gefallen. Carapaz baute seinen Vorsprung auf Yates auf 37 Sekunden aus und feierte seinen ersten Sieg bei der Tour de France. Dahinter erreichte Enric Mas (Movistar) das Ziel als Dritter.