Der World-Tour-Kalender umfasst auch im kommenden Jahr 35 Rennen. Dies könnte ab 2026 laut eines Berichts der französischen Online-Plattform DirectVelo schon anders aussehen. Auch die Renntermine könnten betroffen sein. Im Interview mit dem Online-Portal spricht UCI-Präsident David Lappartient über mögliche Veränderungen im Radsport-Kalender und deren Gründe, sowie die finanzielle Situation der Profi-Teams.
Die mögliche Umgestaltung des Radsport-Kalenders könnte Monumente wie Paris-Roubaix oder die Flandern-Rundfahrt treffen, die dann in den Oktober verschoben werden könnten.
Als Begründung für solche Überlegungen führt UCI-Präsident David Lappartient die “fantastischen” Zuschauerzahlen von Flandern-Rundfahrt (2020) und Paris-Roubaix (2021) an, als diese beiden Rennen aufgrund der Corona-Pandemie im Oktober abgehalten wurden.
“Ich sage nicht, dass wir das unbedingt noch einmal machen müssen, aber es ist nicht verboten. Allerdings sollten diese beiden Veranstaltungen aufeinander folgen, um die Logik der Vorbereitung auf diese speziellen Rennen beizubehalten. Warum sollte man die Lombardei-Rundfahrt und Lüttich-Bastogne-Lüttich nicht untereinander austauschen? Das Ganze muss natürlich einen Sinn ergeben”, ließ Lappartient durchblicken.
Der Franzose schlägt zudem vor, mehr Rennen in Südamerika Anfang des Jahres abzuhalten. Die Tour de France will er aber unangetastet lassen. “Die Tour de France mit dem Einfluss, den sie auf unseren Sport hat, zu verkürzen, wäre schädlich.”
Auch der Klimawandel soll bei der Neugestaltung des Radsport-Kalenders eine Rolle spielen und könnte dafür sorgen, dass die Vuelta a Espana und die Tour Down Under andere Termine bekommen. “In Australien gibt es im Januar Hitzewellen. Die Vuelta Mitte August ist auch nicht einfach. Das ist ein Faktor, der bei der Neugestaltung des Kalenders berücksichtigt werden muss”, meint Lappartient.
Um die Attraktivität des Radsports zu steigern, bringt Lappartient zudem neue Rennformate - ähnlich der Hammer Series - ins Spiel. Rennen, die ob ihrer Kürze oder des Rundkurs-Charakters, ein neues Angebot darstellen würden.
Grund für die möglichen Veränderungen im World-Tour-Kalender sei auch das Ziel, die Kohlenstoffemissionen der Teams und Rennen bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. Durch einen Rennkalender, in dem lange Reisen größtenteils vermieden werden, könnte man diesem Ziel näher kommen. Beispielsweise “Sprünge” von Nord- nach Südeuropa sollen zukünftig ausgeschlossen sein. “Anstatt fünf oder sechs Mal im Jahr in ein Land zu fahren, sollten wir dies über einen längeren Zeitraum tun”, begründete Lappartient seine Überlegungen und nannte als Beispiel die flämischen Klassiker, wo ein Teil des Radsports über einen längeren Zeitraum in einem kleinen Gebiet verweilt.
Bei all diesen Überlegungen möchte der UCI-Präsident weiterhin die Kontrolle haben, besonders nach einem Reuters-Bericht über ein mögliches Szenario einer aus fünf Spitzenteams gegründeten Super League um Jumbo-Visma und Ineos Grenadiers.
“Ich sehe es als eine Erweiterung der Diskussionen, die wir mit den Teams und den Organisatoren führen. Wir sind nicht in der Logik der Fußball-Superliga, die die Champions League herausfordern wollte”, erzählt der Präsident im Interview und fügt hinzu: “Die Teams wollen wirtschaftlich stärker eingebunden werden und mehr Gewinn aus ihren Investitionen ziehen. Das scheint nicht unlogisch zu sein. Außerdem gibt es Elemente, die wir mit ihnen besprochen haben und die nicht unvereinbar mit der UCI zu sein scheinen.”
Besorgt ist Lappartient jedoch vor dem möglichen Zusammenschluss von Top-Teams, was zu einem noch größeren Klassenunterschied führen würde. Gemeint ist die mittlerweile gescheiterte Fusion von Jumbo-Visma und Soudal - Quick Step.