Sebastian Lindner
· 28.08.2024
Die Manier, in der Milan (Lidl-Trek) seinen zehnten Saisonsieg einfuhr, war dabei nichts anderes als Weltklasse. Mathieu van der Poel, für den das Profil genau wie für alle anderen Kontrahenten im Gesamtklassement dann doch zu leicht war, fuhr das Leadout für Philipsen. Das Hinterrad des Weltmeisters hielt 200 Meter vor dem Zielstrich bereits Milan. Als van der Poel rausging, zog Milan einfach durch. Philipsen, der an dessen Hinterrad unterwegs war, kam aus dem Windschatten zwar bis auf gleiche Höhe, aber nicht am Italiener vorbei.
Auf den dritten Platz sprintete Axel Zingle für Cofidis, dahinter landeten Tim Merlier (Soudal - Quick Step) und Dylan Groenewegen (Team Jayco-AlUla). Die beiden kamen sich aber direkt nach der Ziellinie ins Gehege und zu Fall. Merlier, der beim Sturz mit Abschürfungen davonkam, warf danach böse Blicke in Richtung des Niederländers, der seit dem Sturz bei der Polen-Rundfahrt 2020, bei dem er Fabio Jakobsen in die Bande drängte, den Ruf des Sprint-Rüpels weghat. Schuldig war letztlich aber Merlier, der dafür schließlich auch seinen Platz einbüßte und ans Ende der Gruppe relegiert wurde. Für Groenewegen hatte der Sturz drastischere Konsequenzen als für Merlier. Der Niederländer von Jayco-AlUla brach sich das Schlüsselbein und musste das Rennen aufgeben.
“Es war heute ein sehr schwerer Tag, obwohl die Etappe nicht besonders lang war”, sagte Sieger Milan. “Das Finale war knifflig. Es war anders als normal, denn es ging leicht bergauf. Ich bin froh, dass wir hier gut ins Rennen gestartet sind. Nun werde ich mich so gut wie möglich erholen, um morgen ein gutes Zeitfahren zu liefern.”
Bei der Deutschland Tour hatte Milan neben zwei Etappen im Sprint auch den Prolog gewonnen. Der war mit knapp drei Kilometern zwar deutlich kürzer als die 15,4, die auf der 2. Etappe der Renewi Tour warten, doch in seiner Topform ist dem 23-Jährigen auch eine Top-10-Platzierung zuzutrauen. Ein Sieg dürfte anhand der vielen Spezialisten, die ebenfalls am Start stehen, aber unrealistisch sein.
Fünf Ausreißer bestimmten den Tag und fuhren lange Zeit vor dem Hauptfeld daher. Ceriel Desal, Loic Vliegen (beide Bingoal WB), Lars Craps (Team Flanders-Baloise) sowie Axel Huens und Jordy Bouts (beide TDT-Unibet) wurden erst 17 Kilometer vor dem Ziel eingeholt und verhinderten damit den von mancher Seite erwarteten ersten Schlagabtausch der Favoriten auf die Gesamtwertung.
Kurz nach dem Zusammenschluss stürzten zehn Fahrer auf den rauen belgischen Beton, unter ihnen auch Olav Kooij (Visma | Lease a Bike) und Max Kanter (Astana Qazaqstan), die damit gehandicapt in den sich anbahnenden Massensprint gingen. Denn auf den letzten Kilometern passierte nichts mehr, Attacken blieben aus.