Den Auftakt der Straßen-WM bildeten die Straßenrennen im Nachwuchsbereich. Zunächst befuhren die Juniorinnen den Rundkurs in Glasgow. Die Französin Julie Bego kam dort mit neun Sekunden Vorsprung vor Cat Ferguson (Großbritannien) und Fleur Moors (Belgien) ins Ziel und sicherte sich den ersten Titel. Beste Deutsche wurde Hannah Kunz auf Platz 17.
Der Däne Albert Philipsen krönte sich zum Nachfolger von Emil Herzog, der in Wollongong 2022 Junioren-Weltmeister wurde. Doch auch in Glasgow ging der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) nicht leer aus. Paul Fietzke gewann 1:19 Minuten nach Philipsen den Sprint um Silber gegen Felix Örn-Kristoff aus Norwegen.
In einem Rennen, das von einer Protest-Aktion inklusive einstündiger Unterbrechung über Wettkapriolen bis hin zu ganz viel sportlicher Klasse und Spannung alles zu bieten hatte, fuhr Mathieu van der Poel (Niederlande) in unnachahmlicher Manier zu seinem ersten WM-Titel bei der Elite auf der Straße. Als Bester Deutscher holte John Degenkolb auf Platz 16 das Maximum heraus.
Stefan Küng, Stefan Bissegger, Mauro Schmid sowie Marlen Reusser, Nicole Koller und Elise Chabbey haben für die Schweiz wie auch schon vor einem Jahr in Wollongong Gold in der Mixed-Staffel gewonnen. Auch 2022 war exakt diese Formation für die Schweiz am Start. Deutschland holte sich Bronze, nachdem zahlreiche Medaillen-Kandidaten wie Italien, Australien oder die Niederlande aufgrund von Stürzen oder Defekten Zeit verloren. Max Walscheid, Jannik Steimle, Miguel Heidemann und Franziska Koch, Lisa Klein und Ricarda Bauernfeind waren für den Bund Deutscher Radfahrer am Start.
Kein Gold für Top-Favorit Alec Segaert. Der Belgier hatte zwar noch bis zur zweiten Zwischenzeit die Nase vorne, doch dann verlor er weitere Sekunden. Ab der dritten Zeitmessung führte Lorenzo Milesi. Im steilen Schlussanstieg im Finale ließ sich der Italiener die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Die beiden deutschen Starter Moritz Kretschy und Ole Theiler auf den Rängen 28 und 40 und spielten erwartungsgemäß keine Rolle im Kampf um die Spitzenplatzierungen.
Als Achte von 42 Fahrerinnen ins Rennen gegangen, lieferte Felicity Wilson-Haffenden früh eine Zeit, die keine mehr unterbieten sollte. Die 18-Jährige krönte sich damit auf dem 13,4 Kilometer langen Kurs von Stirling zur Weltmeisterin. Mit Hannah Kurz und Pia Grünwald schnitten auch die beiden deutschen Vertreterinnen auf den Plätzen 6 und 7 gut ab.
Chloe Dygert ist zum zweiten Mal nach 2019 Weltmeisterin im Einzelzeitfahren der Frauen auf der Straße geworden. Nachdem Marlen Reusser kurz vor der zweiten Zwischenzeit aufgrund von Lustlosigkeit aufgab, war lediglich Grace Brown als ernsthafte Konkurrentin verblieben. Sie wurde Zweite vor der Österreicherin Christina Schweinberger, die überraschend zu Bronze fuhr.
Im inkludierten U23-Rennen sicherte sich Antonia Niedermaier Gold. An den ersten Zwischenzeiten lag die frühere Skibergsteigerin noch deutlich hinter ihren Konkurrentinnen, doch im zweiten Teil hatte die 20-Jährige Deutsche aufgedreht. So verdrängte sie Cedrine Kerbaol (Frankreich) und Julie De Wilde (Belgien) noch auf Silber und Bronze.
An der ersten Zwischenzeit führte Louis Leidert noch, doch hintenraus waren andere schneller. Oscar Chamberlain hatte die meisten Körner fürs Finale aufgespart und holte das nächste Gold für Australien. Silber ging an Ben Wiggins, Sohn des frühen Tour-de-France-Gewinners und Olympiasiegers, Bradley. Für Leidert reichte es aber noch zu Bronze. Paul Fietzke, der im Straßenrennen bereits Zweiter wurde, rundete das gute deutsche Ergebnis als Zehnter ab.
Nach Rückstand an der ersten Zwischenzeit hat er aufgedreht und sich zum ersten Zeitfahr-Weltmeister aus Belgien aufgeschwungen: Remco Evenepoel holte Gold vor Filippo Ganna und Youngster Joshua Tarling. Hingegen konnten vor allem Tadej Pogacar und Stefan Küng die Erwartungen nicht erfüllen. Für Lennard Kämna endete der Wettkampf als 19., Nils Politt wurde als zweiter deutscher Starter 32.
Nach einem ganzen Tag in der Spitzengruppe hat Axel Lauraunce Gold im Straßenrennen der U23-Männer gewonnen. Zwischendruch war die Gruppe fast eingeholt - zu diesem Zeitpunkt stießen Antonio Morgado und Martin Svrcek dazu und sicherten sich die weiteren Medaillen. Neben Laurance zählte auch Moritz Kretschy von Anfang an zur Spitzengruppe. Der Sachse wurde letztlich Sechster. Henri Uhlig und Tim-Torn Teutenberg machten das Top-Ergebnis als 14. und 17. für den BDR rund.
Lotte Kopecky hat sich zur ersten belgischen Weltmeisterin der Frauen seit 50 Jahren aufgeschwungen. Die 27-Jährige war die Stärkste Fahrerin und zeigte das mit fortwährenden Attacken. Der letzten konnte niemand mehr folgen. Cecilie Uttrup Ludwig hatte fast schon Silber sicher, wurde aber noch von Demi Vollering auf den letzten zehn Metern überholt. Die deutschen Frauen konnten nicht in den Kampf um Edelmetall eingreifen. Liane Lippert wurde als beste Deutsche 19.
Der integrierte Wettbewerb wirft weiter Fragen auf. Nur 19 U23-Frauen erreichten das Ziel, da viele für ihre Kapitäninnen zu arbeiten hatten. Damit musste sich Goldmedaillen-Gewinnern Blanka Vas (Ungarn) nicht herumärgern. Im zweiköpfigen ungarischen Team spielte sie die Hauptrolle. Shirin van Anrooij und Anna Shackley, die die weiteren Medaillen holten, hatten aber in ihren Teams für den Elite-Wettbewerb teamtaktische Rollen zu spielen. Das galt auch für die beiden deutschen Starterinnen Linda Riedmann und Antonia Niedermaier, die im U23-Zeitfahren noch Weltmeisterin wurde.