Sebastian Lindner
· 25.09.2024
Nach mehr als einer Stunde Fahrzeit und 53,7 Kilometern waren 85 Hundertstel ausschlaggebend. Australien hat Gold in der Mixed-Staffel der Elite bei den Weltmeisterschaften in Zürich gewonnen. In der Besetzung Marco Brenner, Miguel Heidemann, Maximilian Schachmann, Franziska Koch, Antonia Niedermaier und Liane Lippert hatten die Deutschen vorgelegt. Als viertletztes Team kam dann Australien. Jay Vine, Ben O’Connor, Michael Matthews, Grace Brown, Brodie Chapman und Ruby Roseman-Gannon kannten die Zeiten ihrer ganz am Anfang und dann wieder zum Ende ärgsten Widersacher und nutzen den Vorteil des späteren Starts für den Minivorsprung.
Sowohl die deutschen Männer als auch die Frauen hatten besonders im ersten Teil der Strecke, der durch viele Kurven, vor allem aber viele Höhenmeter auffiel, stark abgeliefert. Beide Dreierteams lieferten an der Zwischenwertung die Top-Zeit. Die Männer mussten in der Folge allerdings noch Australien und Italien wieder vorbeiziehen lassen.
Dann war es vor allem U23-Zeitfahrweltmeisterin Niedermaier, die einen Großteil der Strecke von vorne fuhr. Ihr Pendant bei den Australierinnen war Elite-Weltmeisterin und Olympiasiegerin Brown. Die 35-Jährige, die nach der Saison trotz diverser Titel im letzten Jahr ihre Karriere beenden wird, zog Chapman mit sich. Trotzdem verloren die Australier Sekunde um Sekunde. Dennoch sollte der Vorsprung, den Matthews und Co. herausgefahren hatten, am Ende reichen.
“Als wir dann mit der besten Zwischenzeit im Ziel waren, konnten wir zuversichtlich sein, weil wir wussten, dass wir noch ein Frauenteam haben, dass alles über die Bühne bringen kann”, sagte der dann auch im Siegerinterview und ergänzte, dass sein Team den ersten Berg mit 650 Watt im Schnitt gefahren sei. Brown ergänzte: “Ich fühle mich ein wenig gierig, nachdem ich jetzt noch ein Regenbogentrikot gewinnen konnte. Aber es ist ein sehr schönes, weil ich es mit der Mannschaft gewinnen konnte. So eng wie es war, ist es schwer zu sagen, was am Ende den Unterschied gemacht hat, es gab so viele Gelegenheiten für diesen winzigen Unterschied.”
Im deutschen Lager verzichtete man auf die Analyse, wo genau jetzt die entscheidende Sekunde verloren gegangen sein könnte. “0,8 Sekunden sind zwar ärgerlich, aber nachher ist man immer schlauer. Ich denke wir hätten es nicht besser machen können und haben uns nichts vorzuwerfen. Wir sind ein gutes Rennen gefahren und haben das Bestmögliche herausgeholt,” sagte Antonia Niedermaier nach der Siegerehrung. Staffel-Debütant Brenner ergänzte: “Die Frauen haben wie erwartet geliefert, und wir Männer waren besser als erwartet. Ich bin hochzufrieden mit dem Ergebnis.”
In zwei Startblöcke geteilt, gingen zunächst zehn Mannschaften ins Rennen, von denen klar war, dass sie um die Medaillen nicht mitspielen würden. Zwischen Ruanda, der Mongolei, China und Algerien setzte zuächst die Ukraine nach drei Männern und drei Frauen die Bestzeit von 1:19:52 Stunden. Weil Männer und Frauen die gleiche Runde unter die Räder nahmen und Chaos vorprogrammiert gewesen wäre, wenn sie gemeinsam auf die Strecke gegangen wären, war zwischen den Starts von Estland und Kanada mehr als eine Stunde Pause.
In der zweiten Startgruppe setzte sich zunächst fort, was sich schon davor zeigte. Der steile Anstieg in der Züricher Bergstraße sorgte dafür, dass kaum ein Team zu Dritt über die bis zu 17 Prozent kam. Das deutsche Team schaffte es und hatte auch deswegen letztlich die Bestzeit nach dem ersten Messpunkt, der in erster Linie den bergauf führenden Teil des Rennens abdeckte. Aber es war eng. Italien folgte mit vier, Australien mit fünf Sekunden Rückstand. Auch Frankreich mit acht und USA mit elf Sekunden blieb in Reichweite.
Bei der Übergabe von den Männern auf die Frauen hatte sich das Bild bereits gedreht. Australien hatte das Kommando übernommen und in 33:44 Minuten die beste Zeit geliefert. Acht Sekunden dahinter rangierte Italien auf Rang zwei, Deutschland brauchte 22 Sekunden länger. Eine weitere Sekunde hatten die Franzosen Rückstand.
Deutlich geschlagen waren da bereits die Schweizer, die mit mehr als anderthalb Minuten Rückstand ins Ziel kamen und damit ihren Ambitionen weit hinterherfuhren. Die letzten beiden Austragungen hatten die Eidgenossen noch für sich entschieden.
Und so ging es auf die Runde der Frauen. Dort lieferten Lippert und vor allem Niedermaier - Koch wurde schnell abgehängt - eine Riesenleistung auf dem Bergaufteil der Strecke bis zur Zwischenmessung. Aus den 22 Sekunden Rückstand auf die Australierinnen waren sechs geworden. Italien platzierte sich dazwischen. Frankreich schien mit nun 47 Sekunden Rückstand aus dem Medaillenrennen gefallen.
Was sich danach entwickelte, war ein Sekundenkrimi, der sich noch weiter verschärfte. Deutschland legte vor - dann kam Australien. Angefeuert und die Zeiten kennend, retteten Brown und Chapman 0,85 Sekunden. Italien - wo nach dem Abfall von Paladin Longo Borghini die komplette Arbeit für den Rest der Strecke übernehmen musste - hatte im Ziel acht Sekunden Rückstand.