Eine Woche nach der WM in Ruanda endete die EM in Frankreich - mit Spitzenleistungen und prominenten Titelträgern wie Tadej Pogačar, Demi Vollering, Remco Evenepoel und Marlen Reusser. Auch die deutsche Mannschaft feierte Erfolge - vor allem in den Nachwuchsklassen. An den Austragungsorten in den Departements Ardèche und Drome rund um den Ballungsraum Valence im Rhonetal gab es einiges an Bemerkenswerten zu sehen - unsere EM-Highlights in Zahlen.
Seit 20 Jahren gibt es die Straßeneuropameisterschaft als Veranstaltungsformat. Die Premiere fand 2005 in Moskau statt. Als Titelkämpfe auf höchstem europäischen Niveau mit Rennen der Eliteklasse fand die EM erst zum zehnten Mal statt. Erst 2016 kämpften erstmals im französischen Plumelec Profis bei Männern und Frauen um das weiße Europameister-Trikot mit blauen Ringen und den Sternen als Sinnbild Europas. In den ersten Jahren waren die EM-Titel den Rennfahrern der Nachwuchsklassen U19 und U23 (männlich und weiblich) vorbehalten.
Ausnahmsweise hat Tadej Pogačar nichts erreicht, was es bisher nicht gab. Der Slowene ist der zweite männliche Radsportler, der sowohl Welt- als auch Europameister im Straßenrennen bei den männlichen Profis ist. 2016 siegte Peter Sagan bei der EM-Premiere für die Berufsradsportler in Plumelec in der Bretagne - als amtierender Weltmeister. Im Jahr zuvor hatte der Slowake erstmals den WM-Titel in Richmond in den USA gewonnen. Zwei weitere WM-Titel ließ Sagan kurz nach der EM 2016 bei der WM in Katar und im Jahr 2017 im norwegischen Bergen folgen. Anders als das Regenbogentrikot werden die Zuschauer “Pogi” nicht im Trikot des Europameisters sehen. Das Regenbogentrikots des Weltmeisters hat Vorrang - das darf der Slowene bis 26. September 2026 tragen. Zwischen der nächsten WM in Kanada (27.9.) und der nächsten EM (4.10.2026) liegen nur wenige Tage - dazwischen liegt eine aufwändige Transatlantik-Reise, weitere Rennstarts, bei denen er kurze Zeit im EM-Trikot auftreten könnte, sind eher unwahrscheinlich.
Nur 17 Rennfahrer erreichten im Straßenrennen der Profis das Ziel und wurden gewertet. Nach 202 Kilometern mit 3400 Höhenmetern erreichte der Luxemburger Mats Wenzel als 17. und Letzter das Ziel. Die geringe Zahl an Rennfahrern, die das Rennen bis zum Ende durchfuhren, lag auch an einer behördlichen Vorgabe. Um die Behinderung des Verkehrs kleinzuhalten, habe man schon bei der ersten Zielpassage alle Rennfahrer aus dem Wettbewerb genommen, die mehr als zehn Minuten Rückstand auf den Führenden hatten, wie lequipe.fr berichtete. “Es waren 18 Rennfahrer, die im Rennen blieben. Das ist lächerlich. Wir wollen zuhause das Rennen vor dem französischen Publikum wenigstens zuende fahren dürfen”, echauffierte sich der französische Rennfahrer Julien Bernard. Kein einziger der fünf deutschen Starter kam durch - das Aufgebot von German Cycling stellte wie im WM-Rennen eine Woche zuvor 0 Finisher.
Die Niederlande sind die dominierende Nation im Frauenradsport. Das zeigt sich auch an der Liste der Europameisterinnen der Profis. In Demi Vollering jubelte in Guilherand-Granges zum neunten Mal in zehn Jahren eine Rennfahrerin im orangefarbenen Trikot des niederländischen Radsportverbands als Europameisterin. Vollering erreichte nach 116 Kilometern als Solistin mit 1:18 Minuten Vorsprung auf die Polin Kasia Niewiadoma das Ziel. Bronze ging an Vollerings Landsfrau Anna van der Breggen.
Karl Herzog ist der erste deutsche Junioren-Europameister. Der 16-jährige Allgäuer siegte als Solist. Es ist ein Versprechen auf eine große Zukunft im Radsport. Prominente Vorgänger als Junioren-Europameister waren die späteren Profi-Weltmeister Michal Kwiatkowski und Remco Evenepoel. Der jüngere Bruder von Radprofi Emil Herzog (Red Bull - BORA - hansgrohe) ist ein Erfolgsprojekt der Nachwuchsarbeit beim deutschen World-Tour-Rennstall. Er fährt die sonst im Trikot von Grenke-Auto Eder, dem U19-Team der Top-Mannschaft. Nationalmannschaftskollegin Magdalena Leis gewann die zweite Medaille für die Abordnung von German Cycling. Sie war hinter der Spanierin Paula Ostiz Zweite im Einzelzeitfahren der Juniorinnen. Gold verpasste die 18-jährige Leis um lediglich 2,41 Sekunden.
Marlen Reusser ist zum vierten Mal Europameisterin im Einzelzeitfahren. Die Schweizerin hat damit so viele Titel im Kampf gegen die Uhr gewonnen wie die Niederländerin Ellen van Dijk. In den kommenden Jahren kann die neue Weltmeisterin Reusser in der Disziplin mit einem weiteren Titel die Bestmarke alleine übernehmen. Van Dijk macht am Ende der Saison Schluss mit dem Profi-Radsport. Laut eigenen Worten endgültig.
Als einziger EM-Teilnehmer absolvierte Remco Evenepoel die 24-Kilometer-lange Zeitfahr-Strecke mit Tempo 50. Zwar war die Strecke mit 24 Kilometern nicht besonders lang für ein Profi-Zeitfahren, allerdings ging es auf den letzten 1,1 Kilometern durchschnittlich mit 5,2 Prozent Steigung bergauf ins Ziel in Étoile-sur-Rhone. Am Ende lag der aktuelle Weltmeister aus Belgien 43 Sekunden vor dem Italiener Filippo Ganna. Überraschender Dritter: Niklas Larsen aus Dänemark.
Franziska Koch hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie zu den besten deutschen Radsportlerinnen zählt. Zweimal hintereinander gewann die 25-Jährige aus Mettmann den deutschen Meistertitel. Bei der EM erreichte sie im Zielsprint der ersten Verfolgergruppe Rang fünf. Auf Rang acht folgte Teamkollegin Antonia Niedermaier.
Der jüngste Teilnehmer im Profi-Rennen der WM war auch der jüngste Medaillengewinner: Paul Seixas holte elf Tage nach seinem 19. Geburtstag Bronze im Rennen der Profi-Männer. Er war damit der jüngste Teilnehmer, der seit 2016 an einem Eliterennen der Männer teilgenommen hat. In Frankreich wird der Profi vom Team Decathlon schon als kommender Sieger der Tour de France gehandelt.
Die nächste Europameisterschaft findet vom 3. bis 7. Oktober 2026 in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens Stadt (siehe diese Meldung). Es ist die Premiere für das kleine Land, dass dank der Erfolge von Primož Roglič und Pogačar zu einer der führenden Radsportnationen aufgestiegen ist. Der aktuelle Europameister Pogačar ist wenige Kilometer von Ljubljana entfernt aufgewachsen.