Unbekannt
· 14.01.2016
Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel hat am Donnerstagnachmittag (14.1.2016) gemeinsam mit Tour-de-France-Direktor Christian Prudhomme der deutschen Öffentlichkeit die Pläne für den „Grand Départ“ der Frankreichrunde im kommenden Jahr vorgestellt.
Die Tour wird also 2017 zurückkehren nach Deutschland, zum ersten Mal seit 2005 – und zum ersten Mal seit 30 Jahren, damals in Berlin, wieder auf deutschem Boden ihren Anfang nehmen. Ein Plan, den der damalige Oberbürgermeister der Stadt, der für seine Macherpolitik und seinen schuldenfreien Politikstil auch überregional bekannte Joachim Erwin, bereits vor zehn Jahren an die Tour-Organisatoren der ASO herangetragen hatte, doch der nach Erwins Tod nicht realisiert worden war. Erwins Nachfolger Dirk Elbers soll dem Vernehmen nach von der Idee nicht allzu beseelt gewesen sein. Als dann der sportbegeisterte Thomas Geisel im Herbst 2014 von den Bürgern der Stadt gewählt wurde, gingen der ehemalige Radprofi Sven Teutenberg und seine Frau Suzan schnell in die Offensive und starteten mit ihrer Überzeugungsarbeit, um das Vorhaben endlich in die Tat umzusetzen. Wenn man sich so umhört, dann haben die Teutenbergs, die in Düsseldorf-Oberkassel den Radladen La Bici betreiben, die Initialzündung dafür geschafft, dass heute nicht nur Christian Prudhomme und die erfolgreichste Radsportorganisation der Welt an den Rhein kam, sondern weit mehr als 100 Medienvertreter und auch der fünfmalige Tour-de-France-Sieger Bernard Hinault.
Bei der Vorstellung des Grand Départ der Tour verneigte sich Christian Prudhomme vor Deutschland als Radsportland, das zuletzt so viele Etappensieger hervorgebracht habe – aber auch eine lange Erfolgsgeschichte in dem Sport habe, in dem es etwa den ersten Sieger bei Paris-Roubaix hervorbrachte. Schon länger ist klar, dass die ASO den Markt Deutschland nach der Dopingkrise wieder stärker ins Visier nehmen will.
Was den Sport anbelangt, so ist der Start auch als Verneigung an den deutschen Zeitfahrexperten Tony Martin zu werten. Denn der 13 Kilometer lange Parcours durch die Düsseldorfer Innenstadt am 1. Juli 2017 dürfte ihm entgegenkommen. Er sprach im Fernsehinterview mit der ARD bereits von einem "Jackpot". Die zweite Etappe wird mit einer Schleife durch eine Stadt führen – wo sie endet, ist bislang unklar – aber es gibt nun ein realistischeres Bild, denn erst nach etwa 50 Kilometern wird sie auf dem linken Rheinufer die Stadt verlassen. Der Pfeil zeigt momentan rheinaufwärts – ob wohl auch Köln eine mögliche Wegmarke ist? Bislang soll es von dort keine Kandidatur geben.
Die Organisatoren sagen dazu, dass es momentan völlig offen sei, welche der zahlreichen Kommunen in Deutschland, den Niederlanden und Belgien am 2. Juli den Zieleinlauf veranstalten wird. Natürlich hätten die Organisatoren in Düsseldorf einen gewissen Einfluss, aber die Entscheidungshoheit liege dann eben bei der ASO, sagt Sven Teutenberg.
In Düsseldorf hat man nun jedenfalls große Träume im Radsport. Carsten Wien von dem Düsseldorfer Kult-Radcafé Schicke Mütze sieht den Grand Départ als großes Zeichen für den Ort, der in der Sportart bislang eher "unter dem Radar" geblieben sei. Aber jetzt ändere sich das: "Hier passiert enorm viel. Wir merken bereits jetzt, dass beispielsweise Unternehmen auf uns zukommen und gemeinsam mit uns etwas organisieren wollen." Die Radsportkultur in Düsseldorf dürfte profitieren – und auch die Jedermannszene, wo – wie man hört – im Vorfeld des Tour-Starts auch das Rennen "Rund um die Kö" einen neuen Anstrich bekommen könnte.
Ein wichtiger Aspekt einer Tour in Deutschland muss auch das öffentliche Bekenntnis gegen Doping sein. Oberbürgermeister Geisel versprach, den "sauberen Sport", wie er sagte, "in den Mittelpunkt zu rücken." Er sei auch überzeugt, dass die ASO dafür der richtige Partner sei. So soll im Vorfeld des Starts auch die Dopingprävention fester Bestandteil des Programms sein. Laut Sven Teutenberg hat die deutsche Antidopingagentur Nada bereits ihre Bereitschaft zur Mitwirkung signalisiert.
Es sind also viele optimistische Töne zu hören an diesem Tag – doch auch ein bisschen Nachdenklichkeit mischt sich darunter. Jens Zemke, Sportdirektor bei Team Dimension Data for Qhubeka, findet es bemerkenswert, dass die Tour de France nach Deutschland kommt, aber fast gleichzeitig mit der Bayern-Rundfahrt das letzte verbliebene Profi-Etappenrennen aus Finanzgründen abgesagt wird. "Wir können scheinbar nur ganz groß."
Sven Teutenberg ist allerdings optimistisch. Das Signal, das von der Tour 2017 in Düsseldorf ausgeht, werde positiv sein. "Es wird mehr Geld in den Sport gespült", sagt er, und dann werde es auch wieder neue Rennen geben.