Paris-Nizza 2024Evenepoel holt Schlussetappe, kann aber Gesamtsieger Jorgenson nicht abschütteln

Sebastian Lindner

 · 10.03.2024

Auf zur letzten Etappe bei Paris-Nizza 2024. Zu Beginn des Tages zeigte sich das Bergtrikot von Mathieu Burgaudeau noch vorne, doch dem Franzosen ging schon vor dem ersten Berg die Power aus.
Foto: Getty Images
Remco Evenepoel hat die letzte Etappe von Paris-Nizza 2024 gewonnen. Das reichte allerdings nicht für den Gesamtsieg, denn direkt hinter ihm fuhr Matteo Jorgenson über die Ziellinie, der Brandon McNulty am letzten Tag noch aus dem Gelben Trikot fuhr. Primoz Roglic brach am vorletzten Anstieg ein.
Zwei Sieger in einem Bild: Während Remco Evenepoel die 8. und letzte Etappe von Paris-Nizza 2024 gewinnt, jubelt Matteo Jorgenson wenige Meter dahinter über den Gesamtsieg.Foto: Getty ImagesZwei Sieger in einem Bild: Während Remco Evenepoel die 8. und letzte Etappe von Paris-Nizza 2024 gewinnt, jubelt Matteo Jorgenson wenige Meter dahinter über den Gesamtsieg.

Die letzte Etappe von Paris-Nizza hat nochmal vieles auf den Kopf gestellt - allen voran die Gesamtwertung, die in Matteo Jorgenson (Visma | Lease a Bike) ein 24- jähriger US-Amerikaner gewinnen konnte. Der hatte vor dem 109 Kilometer langen Teilstück durch die Berge rund um Nizza als Zweiter noch vier Sekunden Rückstand auf seinen Landsmann Brandon McNulty (UAE Team Emirates). Doch der war geschlagen, als Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) im vierten Anstieg des Tages zum dritten Mal attackierte und damit die Favoritengruppe ein für allemal sprengte. Lediglich Jorgenson konnte dem Belgier letztlich noch folgen und blieb bis zum Ziel an dessen Hinterrad.

Bora-Hansgrohe: Primoz Roglic erleidet Einbruch - Aleksandr Vlasov macht Boden gut

Evenepoel sicherte sich dann zwar kampflos den Tagessieg, musste damit aber im Endklassement Jorgenson den Vortritt lassen, McNulty wurde schließlich Dritter. Primoz Roglic (Bora-Hansgrohe) kassierte einen weiteren Dämpfer, verlor auf der Etappe vier Minuten und wurde mit offensichtlichen Problemen bei der nasskalten Witterung nur Neunter der Gesamtwertung. Als Tagesdritter, womit er sich auch in der Endbrechnung noch bis auf Platz fünf nach vorne schob, betrieb Aleksandr Vlasov für Bora Schadensbegrenzung.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Evenepoel: “Dreimal Vollgas - Matteo hat es verdient”

Evenepoel konnte am Ende gut mit seiner Platzierung leben. “Ich hab es dreimal mit Vollgas versucht und nur Matteo konnte dranbleiben”, so der Belgier im Siegerinterview. “Damit hat er es verdient. Ich bin an der Cote de Peille All-out gefahren, war dort schon am Ende. Deswegen muss und kann ich jetzt mit diesem Ergebnis zufrieden sein.” Als kleinen Bonus obendrauf gab es für den 24-Jährigen auch die Punktewertung, die er Mads Pedersen (Lidl-Trek) entreißen konnte, und das Bergtrikot. Erst an der letzten Wertung beendete er damit die Träume von Mathieu Burgaudeau (TotalEnergies), Cristian Scaroni (Astana Qazaqstan) und auch Vlasov, die sich alle noch Chancen auf das Gepunktete Trikot ausgerechnet hatten.

Jorgenson: “Ich hätte nie gedacht, dass ich das schaffen kann”

Für Jorgenson ist der Gesamtsieg bei der 82. Austragung von Paris-Nizza der größte Erfolg der Karriere. Bisher hatte er im Vorjahr nur eine Etappe der Tour of Oman (2.Pro) und damit auch die Rundfahrt gewinnen können. “Ich hätte nie gedacht, dass ich das schaffen kann”, wirkte der Sieger, der in Nizza wohnt, beim ersten Interview immer noch perplex. “Es hätte nicht besser laufen können, heute nicht und in der gesamten Woche. Ich war so nervös und spürte zum ersten Mal im Leben Druck. Und dann noch mit jemandem wie Remco zu fahren ...”

Jorgenson, der vor der Saison zu Visma gewechselt war, sprach von einer “komplizierten Situation” vor dem Rennen. “Es konnte noch so viel passieren, ich wusste nicht, was ich zu erwarten hatte. Deswegen habe ich versucht, auf alles vorbereitet zu sein.” Das klappte offensichtlich gut. Nun gelte es für ihn, “die Füße auf dem Boden zu halten.” Letzter Amerikaner, der Paris-Nizza gewinnen konnte, war Floyd Landis 2006.

Paris-Nizza 2024 - Ergebnisse: Die Top 10 der 8. Etappe

  1. Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) 2:50:03
  2. Matteo Jorgenson (Visma | Lease a Bike) +0:00
  3. Aleksandr Vlasov (Bora-Hansgrohe) +0:50
  4. Mattias Skjelmose (Lidl-Trek) +1:39
  5. Brandon McNulty (UAE Team Emirates) +1:39
  6. Samuele Battistella (Astana Qazaqstan) +2:13
  7. Michael Storer (Tudor Pro Cycling Team) +2:13
  8. Felix Gall (Decathlon - AG2R La Mondiale) +2:13
  9. Egan Bernal (Ineos Grenadiers) +2:13
  10. Luke Plapp (Team Jayco-AlUla) +2:13

Der finale Stand in der Gesamtwertung

  1. Matteo Jorgenson (Visma | Lease a Bike) 27:50:23
  2. Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) +0:30
  3. Brandon McNulty (UAE Team Emirates) +1:47
  4. Mattias Skjelmose (Lidl-Trek) +2:22
  5. Aleksandr Vlasov (Bora-Hansgrohe) +2:57
  6. Luke Plapp (Team Jayco-AlUla) +3:08
  7. Egan Bernal (Ineos Grenadiers) +4:03
  8. Wilco Kelderman (Visma | Lease a Bike) +4:04
  9. Felix Gall (Decathlon - AG2R La Mondiale) +4:35
  10. Primoz Roglic (Bora-Hansgrohe) +5:33


So lief die 8. Etappe von Paris-Nizza 2024

So wirklich schön war es auch auf der letzten Etappe rund um Nizza noch nicht, doch Wetterbesserung hatte eingesetzt. Sonne und Regen wechselten sich ab, dazu kletterte das Thermometer auch mal in den zweistelligen Bereich.

Manch einer wollte sich dennoch nicht mehr über die auch in Originallänge nur 109 Kilometer Strecke quälen, denn fünf Bergwertungen der 1. und 2. Kategorie standen trotzdem noch auf dem Programm, dazu der Zwischensprint auf dem Hausberg von Paris-Nizza, dem Col d’Eze. David Gaudu (Groupama-FDJ), Elmar Reinders (Team Jayco-AlUla) und Madis Mikhels (Intermarche-Wanty) traten gar nicht erst an, auf den ersten Kilometern verließ dann auch den zweifachen Etappensieger Olav Kooij (Visma | Lease a Bike) die Hoffnung auf ein gutes Ende.

Campenaerts hat viel vor

Dafür gab es eine frühe Ausreißergruppe. Laurence Pithie (Groupama-FDJ), Victor Campenaerts (Lotto Dstny) und Johan Jacobs (Movistar), der gestern schon lange auf der Flucht war, attackierten gleich auf den ersten Kilometern. Doch dem früheren Zeitfahr-Europameister Campenaerts waren seine Begleiter offenbar zu langsam. Erst viel Pithie zurück, dann ließ der Belgier auch Jacobs stehen und machte sich allein auf den Weg.

Dahinter bildeten sich schon im ersten Anstieg des Tages zum Cote de Levens (2. Kategorie) mehrere Grüppchen. Ausgangspunkt war der Angriff von Scaroni, der den Kampf um das Bergtrikot noch nicht aufgegeben hatte. Nach 21 Kilometern fuhr er als Zweiter hinter Campenaerts über die erste Wertung, kassierte dafür noch zwei Punkte und lag damit nur noch acht hinter Bugaudeau im Bergtrikot zurück.

Buitrago nach Sturz in der Abfahrt raus

Zwölf Fahrer gingen auf die Verfolgung von Campenaerts, unter ihnen Pello Bilbao (Bahrain-Victorious). Mutmaßlich hätte der eine Relaisstation im Finale für Kapitän Santiago Buitrago bilden sollen, doch der stürzte in der Abfahrt gemeinsam mit Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers) und Kevin Geniets (Groupama-FDJ). Während Rodriguez nach langer Behandlungspause nochmal aufs Rad kletterte, war für die anderen beiden Schluss.

Unterdessen hatte Campenaerts bereits den Anstieg zur Cote de Chauteauneuf (2. Kategorie) in Angriff genommen und auch diesen Berg als Erster überquert. Gut eine Minute später kamen die 14 Fahrer um Scaroni, der weiter den Vorsprung von Burgaudeau verkleinerte. Der Franzose hingegen hing weit hinter dem Peloton zurück und sollte an diesem Tag keine weiteren Puntke sammeln.

Evenepoel dreht auf

Hinauf zur Cote de Berre-les-Alpes (2. Kategorie) wurden die Verfolger vom Hauptfeld eingesammelt, Campenaerts war damit der letzte verbliebene Ausreißer. Doch auch er rettete nur wenige Sekunden über den Gipfel und wurde am Ende der Abfahrt gestellt. Zweiter wurde oben erneut Scaroni, der damit nur noch zwei Punkte hinter Burgaudeau lag.

Damit stand die Cote de Peille bevor, der erste Anstieg der 1. Kategorie. Gleich unten rein attackierte Evenepoel bei noch 46 zu fahrenden Kilometern. Der Belgier zog nicht durch, dünnte die Gruppe aber sofort auf elf Fahrer aus. Neben Scaroni gehörten noch McNulty und sein Helfer Großschartner, Roglic und Vlasov, Jorgenson und Teamkollege Wilco Kelderman, Skjelmose sowie das Jayco-AlUla-Duo Luke Plapp und Chris Harper dazu.

Vlasov mitten im Kampf ums Bergtrikot

Drei Kilometer vor dem Gipfel attackierte Evenepoel zum dritten Mal. Jorgenson hing sofort an seinem Hinterrad, McNulty und Vlasov bildeten dahinter ein zweites Duo, das aber kurz darauf gesprengt wurde, nachdem der Russe den Sprung an die Spitze schaffte. Die Bergwertung erreichte dann als Vierter nach einem Kraftakt Scaroni, der dafür noch zwei Punkte kassierte und somit punktgleich mit Burgaudeau wurde. Doch in den Kampf um das Leibchen mischte sich nun auch Vlasov ein, der durch Platz eins an der Cote de Peille zehn Zähler kassierte und damit nur noch neun hinter der Spitze lag - bei noch 20 zu vergebenen Punkten an der letzten Bergwertung.

25 Sekunden Vorsprung nahm das Spitzentrio auf die Verfolger McNulty, Skjelmose, Plapp, Roglic und Scaroni mit in die Abfahrt. 30 Kilometer vor dem Ziel hatte sich der Vorsprung verdoppelt, am Col d’Eze waren es 1:20 Minuten. Jorgenson sicherte sich die Bonussekunden vor Evenepoel. In der Gruppe dahinter musste und Roglic seine Mitfahrer ziehen lassen

Evenepoel fängt Konkurrenz ums Gepunktete Trikot noch ab

Spätestens als die Uhr am Fuße des Col des Quatre-Chemins (1. Kategorie) zwölf Kilometer vor dem Ende der Rundfahrt bei knapp zwei Minuten stehen blieb, war klar, dass das Trio den Tages- wie den Gesamtsieg unter sich ausmachen musste, zumal die Verfolger von der dritten Gruppe um Egan Bernal (Ineos Grenadiers) und Felix Gall (Decathlon - Ag2R La Mondiale) eingeholt wurden.

Anderthalb Kilometer vor dem Gipfel musste Vlasov seine beiden Begleiter ziehen lassen, weshalb er auch seine Aktien an der Bergwertung verlor. Denn mit 20 Punkten am Schlussanstieg setzte sich Evenepoel noch mit drei Punkten Vorsprung auf Scaroni und Burgaudeau durch.

Jorgenson gibt Tagessieg kampflos her

Die letzten neun Kilometer bis ins Ziel ging es bergab. Auf der Abfahrt taten sich die beiden nicht mehr weh. Jorgenson ließ Evenepoel im Sprint um den Etappensieg gewähren. Vlasov kassierte bis ins Ziel noch 50 Sekunden auf die Spitze und musste damit auch die letzten Hoffnungen auf das Podium begraben. Dahinter kamen Skjelmose und McNulty ins Ziel. Bevor Roglic das Ziel mit vier Minuten Rückstand erreichte, schaffte es noch mehrere Gruppen ins Ziel.

Meistgelesen in der Rubrik Profi - Radsport