Andreas Kublik
· 07.07.2025
Lennard Kämna klang nicht tief enttäuscht, als er befragt wurde, ob er wohl am Start der Tour de France stehen würde – wo er im Jahr 2020 einen Etappensieg und seinen internationalen Durchbruch feierte. Und verneinte. Der 28-jährige aus der Nähe von Bremen zeigt sich glücklich, dass er überhaupt wieder im Radsport vorne mitmischen kann. Bei der DM vor gut einer Woche sagte er der dpa, es sei bis vor zwei, drei Monaten überhaupt nicht klar gewesen, „ob ich überhaupt zurückkomme“. Kurz: Er ist glücklich, dass sein Comeback bereits gelungen ist - auch ohne Tour-Start in diesem Jahr. Das war beileibe nicht sicher nach seinem schweren Trainingsunfall auf Teneriffa im April 2024. Mittlerweile ist der damals lebensgefährlich Verletzte weit vorangekommen auf dem Weg zu alter Stärke, mischte zuletzt bei der Tour de Suisse wieder ganz vorne mit und belegte im Abschlussklassement Rang sechs.
Sein nächster Renneinsatz für sein Team Lidl - Trek findet ab 9. Juli in seiner Wahlheimat Österreich statt: bei der Tour of Austria, wo ihm das abwechslungsreiche Terrain und die mitunter hohen Berge liegen dürften. Begleitet wird er vom Österreicher Patrick Konrad, der ebenfalls bei der Tour de France bereits einen Etappensieg gefeiert hat und in diesem Jahr bei seiner Heimatrundfahrt mit einem Top-Ergebnis liebäugelt. An der Seite der beiden fährt der Spanier Aleix Espargaro. Der ehemalige Moto-GP-Rennfahrer lieferte Schlagzeilen, weil er nach seinem Wechsel in den Radsport auf Österreichs Straßen sein erstes Profi-Rennen überhaupt bestreitet.
Die Lidl-Trek-Profis treffen er auf hochkarätige Gegner: Das derzeit stärkste Rennstall UAE Team Emirates schickt Isaac del Toro an den Start, der als Newcomer im Mai nur ganz knapp den Gesamtsieg beim Giro d’Italia verpasste – erst auf der letzten Bergetappe entwischte ihm der Brite Simon Yates im Kampf ums Rosa Trikot. An der Seite des Mexikaners fährt der Österreicher Felix Großschartner, der mit der Startnummer 1 ins Rennen geht. Die erbt er von Vorjahressieger Diego Ulissi, der 2024 im Trikot von UAE die Gesamtwertung gewann, nach seinem Wechsel zu XDS-Astana aber in diesem Jahr fehlen wird. Sein Start war geplant, laut seines Sportlichen Leiters Helmut Dollinger geriet er nach dem Start beim Giro d’Italia und dem folgenden Sieg beim Giro dell’Appennino außer Form. Insgesamt gehen sieben World-Tour-Teams an den Start. Der deutsche Rennstall Red Bull - BORA - hansgrohe fehlt in Österreich. Die deutschen Farben vertreten neben Kämna vor allem Georg Steinhauser (EF Education), im Vorjahr Etappensieger beim Giro d’Italia, und Felix Engelhardt (Jayco AlUla), der jüngst nur knapp den DM-Titel verpasste.
Dazu kommen viele kleinere Rennställe - darunter fünf aus Österreich und zwei aus Deutschland, die sich vor allem der Talentförderung verschrieben haben. Beim Team Tirol wurden beispielsweise der frischgebackene deutsche Meister Georg Zimmermann und der deutsche Tour-Hoffnungsträger Florian Lipowitz groß. Der Manager des Teams, Thomas Pupp, ist auch der Direktor der Tour of Austria, die nach einer Pause während der Pandemie-Jahre von den Machern der österreichischen Continental-Teams neu gestartet wurde. Der neue Continental-Team RC Arbö Kärnten Sport Feld am See hat eigens für die Rundfahrt, die die wichtigste Bühne für den österreichischen Radsport ist, Hermann Pernsteiner verpflichtet, der nach dem Auslaufen seines Vertrags bei Bahrain - Victorious wieder vor allem Mountainbike-Rennen bestreitet. In Österreich hoffen sie, es möge nach zwölf Jahren wieder ein Landsmann triumphieren. Das schaffte zuletzt im Jahr 2013 Riccardo Zoidl, der in diesem Jahr im Trikot des Teams Hrinkow-Advarics dabei sein wird.
Die Startnummer 171 findet sich in der Startliste nicht. Die Nummer trug im Vorjahr der Norweger André Drege, der damals in der Abfahrt von der Großglockner-Hochalpenstraße bei einem Sturz tödlich verunglückte. Seine ehemaligen Teamkollegen vom norwegischen Team Coop-Repsol erhalten die Nummern 172 bis 178. Der Großglockner ist in diesem Jahr nicht Teil der Rundfahrtstrecke.
(Legende: * bedeutet, der Rennfahrer wird für die Nachwuchswertung gewertet)