Sebastian Lindner
· 28.01.2024
Noch ist Frank van den Broek ein recht unbeschriebenes Blatt. Dabei ruft der Name Assoziationen hervor. Doch es war Frank Vandenbroucke, der Ende der 1990er Jahre Lüttich-Bastogne-Lüttich, Gent-Wevelgem, Paris-Nizza und Etappen bei der Vuelta a Espana gewann - und später ein tragisches Ende nahm.
Mit all dem hat der junge Niederländer nichts zu tun, wobei auch sein Weg im vergangenen Jahr ziemlich steil bergauf führte. Als Junior lief beim heute 23-Jährigen nicht allzu viel zusammen, immer wieder wurde er durch Verletzungen zurückgeworfen. Einst war es aber ein Kreuzbandriss, der in ihm die Begeisterung für den Radsport weckte. Seine Eltern kauften ihm damals ein Rad, damit der 12 Jahre alte Wettkampfhungrige wieder in Bewegung kam.
Mit einstelligen Ergebnissen bei Nachwuchsklassikern, unter anderem als Sechster beim Omloop Het Niewusblad, machte er 2022 das niederländische Kontinental-Team ABLOC auf sich aufmerksam, dass ihn für die kommende Saison unter Vertrag nahm. Doch lange blieb van den Broek nicht. Im Juni gewann er die Ronde de l’Oise (2.2) in Frankreich. Ein Etappensieg auf hügeligem Terrain bescherte ihm zusätzlich den Gesamtsieg. Es folgte ein starker Auftritt bei den Niederländischen Meisterschaften, zunächst mit Platz 8 im Zeitfahren, dann Rang 6 auf der Straße. Seine Solofahrt endete dabei erst acht Kilometer vor dem Ziel.
Doch zu diesem Zeitpunkt hatte Frank van den Broek längst schon einen neuen Vertrag unterschrieben. “Ich wusste früh im Jahr, dass ich wechseln würde”, sagte er auf der Homepage seines neues Arbeitgebers, dsm-firmenich PostNL. Nur der Zeitpunkt habe ihn überrascht. Noch Mitten in der Saison wechselte er ins Development Team der Niederländer, nachdem er für ABLOC noch kurz vorm Abflug eine Bergetappe der zur ProSeries gehörenden Qinghai Lake Tour gewann.
Worin die Gründe dafür liegen, ist nur zu vermuten. Entweder hatte dsm Sorge, dass ihnen das Talent doch noch jemand wegschnappt. Oder, wahrscheinlicher: Der eigentlich mit 30 Fahrern maximal ausgelastete Kader hatte aus diversen Gründen Personalmangel. Auch hausgemachte. Fahrer eines ähnlichen Kalibers, wie etwa Marco Brenner, wurden kaum mehr berücksichtigt. Im eigenen Devo-Team unter Vertrag, konnte van den Broek - den dsm als ersten Fahrer überhaupt ins Devoteam holte, der nicht mehr für die U23 startberechtigt war - problemlos als Gastfahrer auch bei World-Tour-Rennen antreten. Und nach einem weiteren Tagessieg bei der Tour Alsace Ende Juli war er auch nur noch mit den Profis unterwegs.
Für den selbstbewussten und extrovertierten Quasi-Neoprofi war das kein Problem. “2023 fühlte sich für mich wie eine natürliche Entwicklung an, aber, na klar, es ging schon sehr, sehr schnell”, sagte van den Broek, Spitzname “Professor”, den Teammedien. Meistens in der Helferrolle, blieben weitere Ergebnisse jedoch zunächst aus.
Für 2024 will er sich damit aber nicht begnügen. “Natürlich ist ein Profi-Sieg in Europa schwer zu erreichen, aber ich hätte ihn schon gerne”, so van den Broek. “Ich würde auch gerne zu ein paar richtig großen Erfolgen des Teams beitragen”, umriss er seine Ziele. Seine Saison beginnt er im Oman, wo es auch mal gut bergauf geht. Die absolute Weltklasse ist nicht am Start, was durchaus Gelegenheit bieten könnte, sich zu zeigen. Danach ist van den Broek aber auch für den Omloop Nieusblad eingeplant und bleibt damit zunächst seinen beiden bevorzugten Terrains treu.
Auf welchem seine Erfolgsaussichten größer sind, zeigt vielleicht schon seine erste Saison als Profi.