Motor-Doping - Versteckspiel mit Motor - UCI intensiviert Kampf gegen technischen Betrug

Unbekannt

 · 10.05.2016

Motor-Doping - Versteckspiel mit Motor - UCI intensiviert Kampf gegen technischen BetrugFoto: Manuel Jekel
UCI-Mitarbeiter Johan Kucaba zeigt, wie der neue Test funktioniert

Mit einem neuen Testverfahren will der Radsportweltverband verbotenen Hilfsantrieben auf die Spur kommen. Für 2016 sind 10.000 Tests geplant

Die erforderliche Technik existiert seit Jahren: Elektrische Minimotoren, die sich ohne großen Aufwand so an einem Fahrrad anbringen lassen, dass sie von außen nicht erkennbar sind. Ob und wenn ja in welchem Umfang versteckte Antriebe bisher in Radrennen eingesetzt wurden, ist allerdings Spekulation. Bislang wurde erst ein Fall von "Motor-Doping" aufgedeckt. Im Januar 2016 entdeckten Kommissäre des Radsportweltverbandes UCI bei der Cross-WM in einem Ersatzrad der Belgierin Femke Van den Driessche einen Hilfsantrieb. Ob das Rad in Wettkämpfen genutzt wurde, blieb unklar. Dennoch kannte die UCI keine Gnade und sperrte die 19-Jährige für sechs Jahre. Das Urteil soll auch abschreckende Wirkung haben.

In der vergangenen Woche demonstrierte die UCI, dass sie nicht nur mit drakonischen Strafen gegen technischen Betrug vorgehen will. Mark Barfield, technischer Koordinator bei der UCI, präsentierte am Hauptsitz des Verbandes am Genfer See vor Fachjournalisten eine neu entwickelte Testmethode, die Betrüger überführen soll. Basis ist ein handelsüblicher Tablet-Computer, der mit Hilfe eines Adapters ein Magnetfeld aussendet, das auf Magnetfelder am Fahrrad reagiert. Beim Abscannen des Rades registriert das Gerät verdächtige Störquellen wie Motoren und Batterien, die sich im Rahmen befinden. Weil auch legale elektrische Schaltsysteme und Leistungsmessgeräte mit Batterien betrieben werden, gilt erst ein entsprechend starker Ausschlag auf der Anzeige als Indiz für einen versteckten Antrieb. Auffällige Räder werden dann eingehender untersucht. Erprobt wurde das vom britischen IT-Unternehmen Endoscope-I entwickelte Magnetresonanzverfahren bislang an mehr als 2.000 Rädern. Allein bei den Frühjahrsklassikern Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix im April scannten die Kommissäre vor und nach den Rennen jeweils über 200 Räder. Für 2016 plant der Verband, rund 10.000 Räder zu testen.

Die UCI steht beim Thema Motor-Doping nicht nur wegen der Affäre um Van den Driessche unter Druck. Im Internet kursieren mehrere Videoclips, die die Verwendung von Motoren in Radrennen zu belegen scheinen. Im April hatten französische und italienische Medien den Eindruck erweckt, bei zwei Frühjahrsrennen in Italien seien manipulierte Räder im Einsatz gewesen. Reporter hatten während der Rennen von Motorrädern aus Wärmebildkameras auf verdächtige Fahrer gerichtet. Die Aufnahmen zeigen auffällige Wärmezonen an den Rädern, die von Motoren stammen könnten. Namen von Fahrern wurden nicht genannt, doch sollte der Vorwurf stimmen, wäre das Problem weitaus größer als bisher vermutet.

Insider hatten immer wieder von der UCI gefordert, Wärmebildkameras gegen versteckte Motoren einzusetzen. Zuletzt hatte sich Gianni Bugno, Vorsitzender des Fahrerverbandes CPA, dafür ausgesprochen. Barfield ging es deshalb bei der Präsentation des neuen Tests auch darum, dessen Vorteile gegenüber anderen Prüfmethoden hervorzuheben. Ausführlich erläuterte der Brite, warum Verfahren wie Thermografie, Röntgen und Ultraschall, die die UCI ebenfalls in Erwägung gezogen hatte, verworfen wurden. Gegen die Thermografie mit Hilfe von Wärmekameras spreche unter anderem, dass nur Motoren, die sich in Betrieb befinden oder kurz zuvor im Einsatz waren, entdeckt werden können. Für Tests vor dem Start sei das Verfahren deshalb ungeeignet. Außerdem ließen sich Minimotoren leicht gegen Abwärme dämmen, um den Test auszutricksen. Gegen Röntgenuntersuchungen sprechen neben der komplizierten technischen Durchführung auch rechtliche Probleme. Röntgenaufnahmen im öffentlichen Raum erfordern hohe Sicherheitsvorkehrungen und seien in vielen Ländern gar nicht erlaubt. Ultraschalluntersuchungen seien für derartige Tests generell ungeeignet, da wegen der unterschiedlichen Materialien an einem Rennrad keine eindeutigen Signale zu erwarten seien.

Dagegen habe die Magnetwiderstandsprüfung mehrere Vorteile. "Das Verfahren ist zuverlässig, einfach und ohne intensive Schulung durchführbar", erläuterte Barfield. Außerdem seien die Testgeräte weltweit verfügbar, relativ preisgünstig, leicht zu transportieren und ohne rechtliche Einschränkungen anwendbar. Ein weiteres Argument ist die kurze Prüfdauer. Das Abscannen eines Rades dauert kaum länger als eine halbe Minute.

Die UCI will ihr Testverfahren nun so schnell wie möglich ihren nationalen Mitgliedsverbänden zur Verfügung stellen und die Kommissäre im Umgang mit dem Test schulen. Wie viele Geräte jeder Verband erhalten soll, dazu wurden keine Angaben gemacht. Eine möglichst hohe Zahl wäre aber wichtig, weil sich das Problem nicht alleine auf den Profiradsport und wichtige Rennen wie die großen Rundfahrten und Klassiker beschränkt. Ob in absehbarer Zeit genügend Geräte zur Verfügung stehen, um auch im Amateur- und Nachwuchsbereich Tests durchführen zu können, ist derzeit völlig offen.