Interview mit Maximilian Schachmann“Der Ofen war aus!”

Andreas Kublik

 · 13.04.2023

Interview mit Maximilian Schachmann: “Der Ofen war aus!”Foto: Henning Angerer
Maximilian Schachmann

Maximilian Schachmann war ein gutes halbes Jahr fast von der Bild­fläche verschwunden. TOUR hat den zweimaligen Deutschen Meister auf Teneriffa zum Rückblick und Ausblick getroffen.

Interview mit Maximilian Schachmann

Das Interview wurde geführt von Andreas Kublik

TOUR: Maximilian, die Fans haben Sie zuletzt bei der Tour de France gesehen. Bei zwei darauf folgenden Rennen kamen Sie nicht mehr ins Ziel. Was war genau los?

Maximilian Schachmann: Das letzte Jahr war zum Vergessen. Ich hatte große Ups und Downs. Insgesamt war ich nicht stabil genug über die Saison. Bei der Tour de Suisse hatte ich echt gute Form. Die Tour de France war dann extrem hart. Ich habe sie nicht gut verkraftet. Danach war der Ofen aus. Mein Körper hat nicht mehr auf Training reagiert. Ich war immer fertig. Ich habe mich von keiner Trainingseinheit erholt. Da konnte man nichts anderes machen als zu pausieren.

Maximilian Schachmann auf der 18. Etappe der Tour de France 2022Foto: Getty Velo
Maximilian Schachmann auf der 18. Etappe der Tour de France 2022

TOUR: Die vergangene Tour de France war insgesamt außergewöhnlich?

Schachmann: Sie war für alle hart – nicht nur für mich. Das war auch dem geschuldet, dass wir viel Rückenwind hatten. Bis auf die zwei Ruhetage gab es sonst jeden Tag richtig Radrennen – selbst auf den Überführungsetappen, selbst wenn eine Gruppe weg war. Dann haben Vingegaard und Pogacar angefangen, sich gegenseitig zu attackieren. Es war für alle hart, weil sich die beiden nicht auf die Bergetappen beschränkt haben, sondern es bei jeder Gelegenheit versucht haben. Wo man’s schwer machen konnte, war’s schwer. Wenn sich die beiden mal nicht gezeigt haben, dann waren die anderen Rennfahrer und Teams unter Druck, weil nicht mehr viel übrig war, was man gewinnen konnte.

TOUR: Sie haben unter einem Erschöpfungssyndrom gelitten. Wie fühlt sich das an?

Schachmann: Ich habe nachts zwischen zehn und zwölf Stunden geschlafen und mittags nochmal zwei – sonst sind es bei mir sieben bis acht Stunden, ohne Mittagsschlaf. Und trotzdem fühlt man sich hinterher nicht gut. Erst nachdem ich sechs Wochen komplett mit dem Training pausiert hatte, wurde es besser.

TOUR: Sie sind bereits im Januar die Rennen in Australien gefahren. Wie viel Zweifel gab’s zwischenzeitlich?

Schachmann: Als ich im Dezember im Training gespürt habe, dass es vorwärtsgeht, war das eine große Erleichterung. Zuvor gab es schon Ungewissheit.

Schachmann bei der Tour Down Under, im Januar 2023Foto: Getty Velo
Schachmann bei der Tour Down Under, im Januar 2023

TOUR: Die Phase muss auch mental extrem hart gewesen sein.

Schachmann: Ich hatte Ablenkung, weil meine Tochter in der Zeit geboren wurde.

TOUR: Jetzt ist es überwunden?

Schachmann: Ich denke schon. Es passt wieder.

TOUR: Sie sind jetzt Vater. Verändert das auch die Berufsauffassung?

Schachmann: Es ist Verantwortung. Aber meine Frau managt das sehr gut, obwohl sie oft in unserem Zuhause am Gardasee allein ist, weil ihre Familie in Peru lebt.

TOUR: Sie haben sich mit Höhentraining im Februar am Teide speziell auf die Frühjahrsklassiker vorbereitet. Die haben Sie im Vorjahr wegen einer Corona-Erkrankung verpasst. Haben Sie ein Lieblingsrennen?

Schachmann: Jedes Rennen hat seinen Charakter. Ich fahre alle der drei Rennen in den Ardennen gerne (neben Lüttich-Bastogne-Lüttich auch Amstel Gold Race und Fleche Wallonne; Anm. Red.). In Flandern muss ich erst mal sehen. Ich dachte immer, das wäre nichts für mich, war aber bei einer Probefahrt und meinem bisher einzigen Start (2020) erstaunt, wie es dort auf und ab geht.

TOUR: Sie sind 2021 Paris-Roubaix gefahren. Einmal und nie wieder?

Schachmann: In diesem Jahr passt es nicht in mein Programm. Aber ich fand’s nicht schlecht. Bei der Tour im Trockenen (auf der 5. Etappe 2022) hat das Fahren übers Pflaster aber deutlich mehr Spaß gemacht bei Nässe während Paris-­Roubaix.

TOUR: Hat Bora-Hansgrohe mittlerweile ein neues Klassikerteam?

Schachmann: Mit Bob (Jungels, Sieger von Lüttich-Bastogne-Lüttich 2018) haben wir Verstärkung bekommen. Wir sind ein gutes Klassikerteam in der Breite – die Breite müssen wir ausspielen. Seit Peter (Sagan) das Team verlassen hat, gab es eine Transformation.

TOUR: Haben Sie noch große Ziele?

Schachmann: Ich würde gern ein Monument und eine Etappe bei der Tour gewinnen. Aber jetzt muss ich erst einmal sehen, dass ich zurückkomme.