Belgien wartet schon lange auf einen Sieg bei der Tour de France. Bei den Männern war Lucien van Impe der letzte aus der Radsportnation, der beim wichtigsten Radrennen am Ende ganz oben stand. Das war im Jahr 1976. Bei den Frauen stand in der noch jungen und kurzen Geschichte des Frauen-Wettbewerbs noch nie eine Belgierin ganz oben auf dem Siegertreppchen. Das könnte sich in diesem Jahr bei der 4. Auflage der Tour de France Femmes (26. Juli bis 3. August 2025) ändern. Denn die belgische Weltmeisterin Lotte Kopecky hat Großes vor. “Ich habe die Tour schon als Zweite beendet, ohne richtige Vorbereitung. Wir werden sehen, wie es läuft, wenn ich es mir als Ziel setzte”, sagte Kopecky vor dem Saisonstart. “Wir haben uns darauf verständigt, dass Lotte sich auf die Tour de France konzentrieren will”, sagt Danny Stam, Sportlicher Leiter von SD Worx-Protime. Dieser Fokus ist neu.
Im Vorjahr war sie beim Giro d’Italia am langen und steilen Anstieg Blockhaus von der späteren Gesamtsiegerin Elisa Longo Borghini nicht abzuhängen. Auch in Italien schloss sie als Gesamtzweite ab. Danach hatte die Flämin auf den Start bei der Tour verzichtet, um sich in Ruhe auf die Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Paris vorbereiten zu können. Im Straßenrennen holte sie dann Bronze, im Bahnwettbewerb Omnium wurde sie Vierte.
Kopecky will ungewöhnlich spät, nämlich erst am 22. März, ihr erstes Rennen der Saison fahren - bei Mailand-San Remo, wo es erstmals seit 20 Jahren wieder einen Wettbewerb für Frauen gibt. Den späten Einstieg erklärt Kopecky damit, dass sie so frisch wie möglich an den Start der Tour de France gehen wolle. Auf die Saisoneröffnung in Belgien und Strade Bianche will sie in diesem Jahr verzichten. Nach den Klassikern (Starts bei der Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix und bei Lüttich-Bastogne-Lüttich sind geplant) gilt der volle Fokus der Tour. Erstmals will Kopecky dazu ein Höhentrainingslager in Livigno absolvieren. Mit dem ganz großen Erfolg in Frankreich könnte sie in ihrer Heimat eine größere Begeisterung für den Frauen-Radsport entfachen. Anders als im Nachbarland, in den Niederlanden, blickt man in Belgien fast nur auf die Männer - Kopecky ist aktuell die einzige Rennfahrerin von Weltformat in der Radsportnation. “Der Frauenradsport in Belgien ist nicht groß. Aber wir werden stärker. Ich will ein Beispiele für die nächste Generation in Belgien sein”, betont die Weltmeisterin.
Die Rolle als Anführerin wurde frei, weil die Niederländerin Demi Vollering, die in Frankreich 2023 im Trikot von SD Worx - Protime siegte, zur französischen Equipe FDJ-SUEZ weitergezogen ist. Es bleibt die Frage, wie das Team mit Anna van der Breggen plant, die nach langer Pause ein Comeback gegeben hat. “Ist sie eine ideale Teamkollegin oder die neue Konkurrentin intern für Lotte Kopecky?”, fragte die belgische Tageszeitung “Het Nieuwsblad”, nachdem die Niederländerin ein sehr starkes Saisondebüt abgeliefert hatte.