Sebastian Lindner
· 26.04.2024
* Sarah Gigante, Liane Lippert, Kim Cadzow, Olivia Baril, Ane Santesteban
** Ricarda Bauernfeind, Mavi Garcia, Riejanne Markus, Ashleigh Moolman-Pasio
*** Juliette Labous, Gaia Realini, Evita Muzic
**** Katarzyna Niewiadoma, Elisa Longo Borghini
***** Demi Vollering
Sie galt als legitime Nachfolgerin der 2023 zurückgetretenen Annemiek van Vleuten und zeigte schon in jenem Jahr als Siegerin des Ardennen-Triples sowie der Tour de France Femmes, dass sie sowohl bei Klassikern als auch Rundfahrten auf Sicht zum Maß aller Dinge werden könnte. Doch die neue Saison läuft für Demi Vollering (SD Worx - Protime) überhaupt noch nicht nach ihren Vorstellungen. Hatte die Niederländerin im Vorjahr im Vergleichszeitraum vor der Vuelta schon fünf große Klassiker gewonnen, steht die 27-Jährige bisher noch ohne Sieg da. Mindestens eine Konkurrentin war immer schneller.
Zudem wird sie zum Ende des Jahres von ihrem Team mehr oder weniger vor die Tür gesetzt. Als SD Worx offenbar ohne Absprache mit der Fahrerin Ende März ankündigte, ihren auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen, gab sich Vollering überrascht. Doch hinter den Kulissen scheint es schon etwas länger zu rumoren. Auch das dürfte Einfluss auf ihre Leistung haben.
Dennoch geht Vollering als Top-Favoritin in die Vuelta. Einerseits, weil sich die 27-Jährige so langsam für einen neuen und hochdotierten Vertrag in Position fahren muss. Und andererseits, weil sie als Rundfahrerin immer noch etwas stärker war als bei Eintagesrennen. Bisher standen noch keine mehrtägigen Events in ihrem Rennkalender. Dazu kommt noch: Ihren Formhöhepunkt will Vollering erst im Sommer erreichen, wenn innerhalb von einem Monat Giro d’Italia und Tour de France anstehen. Eine zweite Spitze dürfte es während der Vuelta aber gewiss geben. Im letzten Jahr fehlten ihr nur neun Sekunden auf van Vleuten
Besser in Form und auch ergebnistechnisch erfolgreicher zeigten sich in den letzten Wochen Vollerings größte Konkurrentinnen um den Sieg bei der Vuelta. Das dürften Katarzyna Niewiadoma (Canyon//SRAM) und Elisa Longo Borghini (Lidl-Trek) sein. Niewiadoma beendete beim Fleche Wallonne ihre fünf Jahre währende Serie ohne einen Sieg, Longo Borghini gewann die Flandern-Rundfahrt. Beide waren bei den wichtigsten Rennen der bisherigen Saison immer in den Top 10.
Was sowohl der Italienerin als auch der Polin fehlt, ist der Sieg bei einer großen Rundfahrt. Longo Borghini gab im vergangenen Jahr sowohl Giro als auch Tour unterwegs auf, 2022 war sie bei der Vuelta bereits einmal Zweiter. Niewiadoma war in den letzten beiden Jahren jeweils Tour-Dritte und Vuelta-Zehnte. Die Erfahrung, eine ganz große Rundfahrt anzuführen, fehlt beiden noch. Doch dieses Manko könnten sie mit der aktuellen Top-Form wettmachen.
Und mit ihren starken Teams. Mit Gaia Realini hat Longo Borghini die Vuelta-Dritte des Vorjahres an ihrer Seite. Die 22-Jährige, die im letzten Jahr auch Etappensiegerin war, hat also das Potenzial, als Co-Kapitänin ins Rennen zu gehen. Bei Canyon nimmt diese Rolle Ricarda Bauernfeind ein. Die 24-Jährige war letztes Jahr Fünfte der Spanien-Rundfahrt. Sicher nicht ganz so stark einzuschätzen wie Realini, ist Bauernfeind aber dennoch mehr als nur eine gute Edelhelferin. Mit Antonia Niedermaier steht Niewiadoma eine weitere junge deutsche Bergfahrerin zur Verfügung.
Aus deutscher Sicht ist zudem Liane Lippert (Movistar) am Start. Sie feiert nach langer Verletzungspause in Spanien ihr Saisondebüt. Wäre der 26-Jährigen sonst ein Top-10-Resultat zuzutrauen, dürfte dies in der aktuellen Situation noch nicht der Anspruch sein. Wahrscheinlicher ist es, dass ihr Fokus vielleicht auf einer Etappe liegt.
Auf Gesamtklassement fahren wird auf jeden Fall Juliette Labous (dsm-firmenich PostNL). Die Französin hat bereits mehrere Top-Resultate bei den großen Rundfahrten auf der Habenseite und ist neben van Vleuten die einzigem die im vergangenen Jahr bei Giro (2.), Tour (5.) und Vuelta (7.) in den Top 10 landete. In den Ardennen zeigte sie mit zwei Platzierungen unter den besten Acht aufsteigende Form und dürfte entsprechend fit an den Start gehen. Ähnliches gilt für ihre Landsfrau Evita Muzic (FDJ-Suez), die als Vuelta-Sechste der Vorsaison bereits Rundfahrt-Qualitäten nachgewiesen hat und beim letzten Formcheck in den Ardennen als Vierte beim Fleche Wallonne überzeugte.