John Degenkolb nach Platz 11“Bin noch nicht fertig mit Paris-Roubaix”

Sebastian Lindner

 · 08.04.2024

John Degenkolb vor dem Start von Paris-Roubaix 2024 mit seinem Sohn ...
Foto: picture alliance / Roth / CV / Roth
John Degenkolb hat bei Paris-Roubaix einmal mehr seine Klasse unter Beweis gestellt. Mit Platz 11 lieferte der Sieger von 2015 erneut eine Topleistung ab. Schon jetzt freut er sich auf die Austragung im kommenden Jahr.

Es gibt kaum noch ein Rennen im Kalender, bei dem John Degenkolb auf ein eigenes Ergebnis fährt. Seine Rolle als Roadcaptain, als Mentor, als Helfer für die jungen Fahrer wie Casper van Uden im Team dsm-firmenich PostNL, ist längst seine Hauptaufgabe geworden. Doch wenn das Kopfsteinpflaster ruft, dann ist der Reiz, selbst erfolgreich zu sein, immer noch da. Und auch das Leistungspotenzial. Vor allem bei Paris-Roubaix.

Bei seinem Lieblingsrennen durch die “Hölle des Nordens” hat Degenkolb, inzwischen 35 Jahre alt, einmal mehr bewiesen, wozu er immer noch in der Lage ist. Nach dem vielumjubelten Ergebnis im Vorjahr, dem Sieg 2015, Platz zwei in der Saison davor sowie einem weiteren Top-10-Ergebnis 2016 fuhr der gebürtige Geraer im zwölften Anlauf beim erneuten Doppelsieg von Mathieu van der Poel und Jasper Philipsen (beide Alpecin-Deceuninck) als Elfter nochmal ein Spitzenergebnis ein. Unter den Umständen, mit denen sich Degenkolb zu arrangieren hatte, ein honorables Resultat.



John Degenkolbs “Premiere” im zwölften Anlauf

“Ich hatte nicht die allerbeste Form, dazu kam dann noch dieser dämliche Sturz am Freitag”, schilderte Degenkolb nach dem Rennen im Velodrom von Roubaix gegenüber den Journalisten. Bei der Trainingsausfahrt mit den Teamkollegen stürzte der erfahrene Profi auf dem Pflaster, die Spuren davon waren in Form eines verarzteten Knies noch am Sonntag zu erkennen. Ein Start soll zumindest zwischenzeitlich fraglich gewesen sein.

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John Degenkolb im Wald von ArenbergFoto: picture alliance / Roth / CV / RothJohn Degenkolb im Wald von Arenberg

Im Rennen kam dann noch ein plattes Vorderrad im Wald von Arenberg dazu. “Eine Premiere, hier hatte ich noch nie Defekt. Das gehört jetzt auch zu meinen Palmares”, schrieb ein in Summe offensichtlich zufriedener Degenkolb am Abend noch über seine Kanäle in den sozialen Medien. “Zum Glück ist das Material mittlerweile so gut, dass wir noch einigermaßen weiterfahren können, auch wenn keine Luft mehr drin ist”, hatte er bereits im Velodrom erklärt.

Degenkolb profitierte davon - aber auch vom Pech des Mads Pedersen (Lidl-Trek), den es nach Arenberg ebenfalls erwischt hatte. “Sein Team hat ihn wieder nach vorne gefahren und damit auch mich”, so der nach Nils Politt (UAE Team Emirates), der starker Vierter wurde, zweitbeste Deutsche, über die Situation, die ihn zunächst aus der Spitzengruppe warf, ihn später aber auch wieder dorthin zurückführte. Noch etwa 90 Kilometer waren da zu fahren.

Emotionen übermannen John Degenkolb im Ziel

John Degenkolb im Ziel von Paris-RoubaixFoto: picture alliance/dpa/Belga / Jasper JacobsJohn Degenkolb im Ziel von Paris-Roubaix

Noch gut 40 davon blieb Degenkolb, wo er war. Doch nachdem van der Poel in Orchies (Sektor 13) zu seiner Solofahrt ansetzte, wurde das Tempo zunächst nochmal höher. Zwei Sektoren später, im zweiten Fünf-Sterne-Abschnitt des Tages, Mons-en-Pevele, “hatte ich nach allem, was passiert ist, nicht mehr die Beine, um ganz vorne mitzufahren.”

Während sich Politt, Pedersen und Philipsen nach vorne lösten, konnte Degenkolb nicht mehr zulegen. Letztlich fand er sich im Velodrom in einer Gruppe wieder, die um den achten Platz kämpfte. “Ich habe keine Regrets.”

Stattdessen übermannten Degenkolb im Ziel wie im letzten Jahr einmal mehr die Gefühle, als seine Familie, Frau und Kinder, auf dem Kunstrasen im Inneren des Ovals auf ihn warteten. Doch mischten sich 2023 nach dem ärgerlichen Sturz im Finale, der ein noch besseres Ergebnis verhinderte, Tränen der Enttäuschung, war es dieses Mal vor allem Glück. “Es bedeutet mir alles, dass meine Familie gerade hier dabei ist. Es gibt mir bei diesem bei diesem unvergleichlichen Rennen eine riesige Portion Extramotivation, wenn ich sie am Straßenrand sehe”, so Degenkolb, nachdem er sie alle im Ziel ausgiebig geherzt hatte.

John Degenkolb: “Paris-Roubaix ist einfach für mich gemacht”

Dass auf ihn wieder ein guter Tag warten würde, war Degenkolb schon “beim Einschreiben” klar, scherzte er. Etwas ernster war da schon sein Versuch, eine Erklärung dafür zu finden, warum es gerade in Roubaix immer wieder so gut für ihn läuft. “Ich weiß nicht weshalb, aber es scheint, dass dieses Rennen einfach für mich gemacht ist. Oder ich für dieses Rennen gemacht bin. Dieses Rennen fließt in meinen Adern.” Neben den scheinbar höheren Mächten, die eine Rolle spielen, sind es aber auch Degenkolbs Zähigkeit und seine große Stärke, sich immer in die richtige Position fahren zu können, wenn es ernst wird, die einen großen Anteil am Erfolg haben. “Es bedeutet mir alles, hier mit dabei zu sein. Und jedes Jahr, in dem ich nochmal alles reinhauen kann, ist alles für mich. Dafür lohnen sich alle Opfer, die ich für den Sport aufbringe, das die Familie hintendran steht. Es ist einfach großartig, ein Teil dieses Stücks Radsporttradition zu sein.”

Und das soll auch im kommenden Jahr wieder so sein. “Ich bin noch nicht fertig mit Paris-Roubaix und freue mich jetzt schon auf die Austragung 2025”, schrieb er.

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