InterviewOne Cycling Projekt 2026?

Kristian Bauer

 · 19.02.2024

Interview: One Cycling Projekt 2026?Foto: Tim de Waele
Die Flandern-Rundfahrt: Teil von One Cycling?
Seit Monaten gibt es Gerüchte über eine geplante “Rennrad Champions League”. Unter dem Titel One Cycling soll es demnach eine neue Rennserie geben. TOUR hat Ex-UCI-Präsident Brian Cookson gefragt, was er von den Plänen hält.

Laut Berichten von Reuters will Saudi-Arabien über seinen Public Investment Fund (PIF) 125 Mio. Euro in das Projekt One Cycling investieren. Die Idee ist 2026 eine Rennserie mit den wichtigsten Teams und Fahrern zu schaffen. TOUR hat den ehemaligen UCI-Präsidenten Brian Cookson gefragt, ob er glaubt, dass die Rennserie kommt und wo er die Probleme sieht.

Brian CooksonFoto: PA WireBrian Cookson

TOUR: Laut Reuters sind die Planungen für One Cycling sehr konkret – glauben sie den Berichten?

Brian Cookson: Ich sehe keine öffentlichen Belege – bisher sind es nur Spekulationen und Gerüchte. Ich frage mich: warum investieren diese Anleger und woher kommt die Rendite ihrer Investition? Die meisten Radsportveranstaltungen kosten Geld statt Geld einzuspielen. Das ist immer die große Schwierigkeit bei Radrennen. Vielleicht täusche ich mich, aber ich sehe nichts, was sich wesentlich von Projekten, die in der Vergangenheit angedacht waren, unterscheidet. Der einzige Unterschied ist, dass mit Beteiligung der Flanders Classics eine Reihe von Eintages- und Nicht-Grand-Tour-Etappenrennen zusammenarbeiten könnten, um ihre Fernsehrechte zu einem höheren Preis zu vergeben. Eine Gefahr besteht darin, dass die UCI World Tour als übergreifender Saisonkalender geschwächt werden könnte.

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Dominanz der A.S.O. erschwert One Cycling

TOUR: Die Besonderheit im Radsport ist die Dominanz der A.S.O. und ihrer Hauptveranstaltung, der Tour de France. Warum sollte die A.S.O. so ein Projekt unterstützen?

Brian Cookson: Die ASO wird nichts tun, was ihrer Meinung nach die Rentabilität ihrer Veranstaltungen schwächen könnte. Aber sie veranstalten bereits ein Event in Saudi-Arabien, haben also bereits gute Kontakte dorthin. Vielleicht sind sie enger mit dem Projekt One Cycling verbunden, als es im Moment den Anschein hat.

TOUR: Entscheidend für den Erfolg von One Cycling wäre eine weltweite TV-Übertragung. Halten Sie das für realistisch?

Brian Cookson: Nein. Die wichtigsten Radsportveranstaltungen werden in den meisten Ländern bereits über Eurosport und discovery+ im Fernsehen übertragen. Ich sehe nicht, dass die Fernsehsender oder ihre Abonnenten sich bemühen mehr Radsportberichterstattung zu bekommen oder bereit sind mehr dafür zu bezahlen. Tatsächlich sind es in vielen Fällen die Veranstalter, die für die TV-Produktion zahlen, und nicht umgekehrt.

TOUR: Velon hat versucht mit der Hammer Series neue Rennformate zu schaffen – das hat aber nicht geklappt. Was kann man daraus lernen?

Brian Cookson: Es gibt einen Grund, warum sich der Radsport so entwickelt hat - ein Jahrhundert des Experimentierens und der Entwicklung hat gezeigt, was funktioniert und was nicht. Der größte Fehler der Hammer Series bestand darin, ein Teamformat einzuführen. Radsportfans unterstützen im Allgemeinen keine Teams, sondern Fahrer. Sie haben ihre eigenen Favoriten, denen sie folgen, egal für welches Team sie fahren. Es mag ein gewisses Maß an nationaler Loyalität oder Interesse an einem bestimmten Team geben, z. B. Bora-Hansgrohe in Deutschland, aber wenn ein deutscher Fahrer in einem anderen Team gut abschneidet, freuen sich die deutschen Fans mehr darüber, als wenn ein Australier in einem deutschen Team gewinnt. Das ist im Fußball ganz anders, wo die Fans eine starke Identifikation mit dem Verein und meist auch geografische Verbindung zu den Mannschaften haben, die sie unterstützen, unabhängig davon, woher die Spieler kommen.



TOUR: Es werden bei der Debatte über One Cycling immer wieder Vergleiche zum Fußball und der Formel 1 gezogen, wo die Erlöse gewachsen sind. Passen diese Vergleiche?

Brian Cookson: Meiner Ansicht nach nicht. Der Radsport ist ein einzigartiger Sport mit komplett anderen wirtschaftlichen Triebkräften und einem Ökosystem, das sich über mehr als ein Jahrhundert entwickelt hat. Ökosysteme können sich verändern und anpassen, aber sie sind auf ein Gleichgewicht angewiesen, wenn sie gedeihen sollen.

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