Giro d’Italia - 19. EtappeSteinhauser bei Vendrame-Sieg wieder auf dem Podium

Sebastian Lindner

 · 24.05.2024

Mit gewollter Verspätung startete das Peloton in die 19. Etappe. Aus Angst, die Fahrer könnten zu früh im Ziel sein, schickten die Organisatoren das Feld erst eine Viertelstunde nach dem Plan los.
Foto: Getty Images/Dario Belingheri
Andrea Vendrame hat die 19. Etappe des Giro d’Italia gewonnen. Der Italiener setzte sich am letzten Anstieg von seinen Gefährten aus der Ausreißergruppe ab und wurde nicht mehr gesehen. Georg Steinhauser zählte ebenfalls zu den Ausreißern und fuhr erneut aufs Podium.

Es ist der Giro von Georg Steinhauser (EF Education EasyPost). Auch auf der 19. Etappe lieferte der 22 Jahre alte Allgäuer eine weitere Spitzenleistung ab und wurde Dritter hinter Tagessieger Andrea Vendrame (Decathlon AG2R La Mondiale) und Pelayo Sanchez (Movistar). Vor zwei Tagen hatte der jung Deutsche bei seiner ersten Grand Tour seinen ersten Sieg als Profi gefeiert. Davor war er bereits auf der Königsetappe Dritter geworden.

Glauben konnte er das selbst kaum, wie er nach dem Rennen bei Eurosport schilderte. “Es fühlt sich unwirklich an, vor dem Giro hätte ich nie von solchen Ergebnissen geträumt.” Vor allem mit dem erneuten Podium war nicht zu rechnen. “Ich habe mich am Anfang nicht so gut gefühlt, wollte eigentlich gar nicht in die Gruppe”, schilderte er die Situation. Gelandet sei er dann aber doch dort, weil er Arbeit für seinen Teamkollegen Michael Valgren gemacht habe. In einer frühen ersten Gruppe, die nach 30 Kilometern wieder gestellt wurde, war kein Fahrer von EF vertreten.

“Eindruckswoller Sieg von Vendrame”

Auch den zweiten Angriff von Julian Alaphilippe (Soudal - Quick Step) mit neun weiteren Fahrern hatte das amerikanische Team verpasst. Mit Macht und der Hilfe von Visma | Lease a Bike, denen es ähnlich ging, setzten die beiden Teams dann nochmal eine Verfolgergruppe auf, die letztlich auch den Anschluss zu einer dann 19-köpfigen Spitzengruppe schaffte. Das Feld nahm die Beine hoch - und erreichte das Ziel mit 16 Minuten Rückstand.

An den Anstiegen des Tages auf dem 157 Kilometer langen Teilstück zwischen Mortegliano und Sappada duellierten sich Alaphilippe und Steinhauser immer wieder. Doch in Abfahrt vor dem letzten Anstieg war es dann Sieger Vendrame, der sich absetzen konnte und bergauf nicht mehr gestellt werden konnte. “Es war ein eindrucksvoller Sieg von Vendrame. Es war verrückt, wir sind voll gefahren und er war allein und hat es durchgehalten”, zollte der ebenfalls überzeugende Steinhauser dem Gewinner seinen Respekt.

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Steinhauser nun im Blauen Trikot

Für den war es der zweite Sieg beim Giro in seiner Karriere. Bereits 2021 hatte Vendrame eine Etappe in Italien gewonnen. Aus dem gleichen Jahr datierte auch der generell letzte der fünf Erfolge des 29-Jährigen Italieners. “Hinte rmir waren sie sich nicht ganz einig und das hat mit geholfen”, skizzierte er den letzten Anstieg aus seiner Sicht. “Ich dachte aber, irgendwer kommt zurück und ich bin nicht ganz voll gefahren. Das war perfekt.”

Fast perfekt lief es auch für Steinhauser, der durch seinen erneuten Auftritt in der Ausreißergruppe und das fleißige Sammeln von Bergpunkten auf der 20. Etappe im Bergtrikot unterwegs sein wird. Natürlich nur stellvertretend für Pogacar, der die unveränderten Top 10 der Gesamtwertung weiter anführt und Rosa trägt. Steinhauser ist neuer Zweiter in der Bergwertung, verdrängte Giulio Pellizzari (VF Group - Bardiani CSF - Faizane).

Eine Schrecksekunde erlebte Geraint Thomas (Ineos Grenadiers). Als der Sieger längst im Ziel war, kam der Dritte der Gesamtwertung zu Fall, nachdem er sich in einem unaufmerksamen Moment an einem Hinterrad aufhängte. Scheinbar unverletzt war er schnell wieder auf dem Rad. Die Konkurrenz nutzte die Situation nicht aus.

Giro d’Italia 2024: Ergebnisse - die Top 10 der 19. Etappe

  1. Andrea Vendrame (Decathlon AG2R La Mondiale) 3:51:05
  2. Pelayo Sanchez (Movistar) +0:54
  3. Georg Steinhauser (EF Education EasyPost) +1:07
  4. Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) +2:27
  5. Luke Plapp (Jayco AlUla) +2:27
  6. Simone Velasco (Astana Qazqastan) +2:30
  7. Jan Tratnik (Visma | Lease a Bike) +2:30
  8. Michael Valgren (EF Education EasyPost) +2:30
  9. Julian Alaphilippe (Soudal - Quick Step) +2:32
  10. Quinten Hermans (Alpecin-Deceuninck) +2:52

Der aktuelle Stand in der Gesamtwertung

  1. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) 71:24:03
  2. Daniel Felipe Martinez (Bora-Hansgrohe) +7:42
  3. Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) +8:04
  4. Ben O’Connor (Decathlon AG2R La Mondiale) +9:47
  5. Antonio Tiberi (Bahrain-Victorious) +10:29
  6. Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) +11:10
  7. Romain Bardet (Team dsm-firmenich PostNL) +12:42
  8. Einer Rubio (Movistar) +13:33
  9. Filippo Zana (Team Jayco-AlUla) +13:52
  10. Jan Hirt (Soudal - Quick Step) +14:44


So lief die 19. Etappe des Giro d’Italia 2024

Sofort mit der Freigabe des um eine Viertelstunde verspäteten Starts - die Veranstalter hatten Sorge, dass das Feld zu früh im Ziel ist - lösten sich zehn Fahrer, die sich aber keine halbe Minute Vorsprung herausfahren konnten, weil hinten im Feld keine Zufriedenheit mit den Ausreißern herrschte. Dennoch dauerte es 30 Kilometer, ehe diese Gruppe an einer kleinen Welle wieder gestellt wurde.

Julian Alaphilippe (Soudal - Quick Step) war es dann, der dort direkt die Initiative ergriff und eine zweite Gruppe bildete. Und dieses Mal war es richtig namhaft. Mit Pelayo Sanchez (Movistar) und Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) waren zwei weitere Etappensieger dabei. Auch Quinten Hermans (Alpecin-Deceuninck) war im Laufe der Rundfahrt schon auf dem Podest. Doch zufrieden war damit immer noch keiner. Zunächst rollte von hinten ein weiteres Quartett mit den beiden Lidl-Trek-Profis Jasper Stuyven und Edward Theuns heran, sodass erneut eine Zehnergruppe entstanden war.

Steinhauser fährt mit nach vorne

Aber auch damit war nicht alle Teams einverstanden, vor allem nicht Visma | Lease a Bike und EF Education EasyPost. Nach dem Druck dieser beiden Teams lösten sich nochmal neun Fahrer aus dem Peloton, das danach die Beine hochnahm und sich breitmachte. 80 Kilometer vor dem Ziel hatten dann auch diese Fahrer die Spitze erreicht. Mit dabei: Ein EF-Trio um Georg Steinhauser oder auch Jan Tratnik (Visma | Lease a Bike) mit Verstärkung.

Bevor es in den zweiten, bergigen Teil des Tages ging, hatte die Gruppe bereits acht Minuten Vorsprung, womit klar war, dass der Sieger einer der Ausreißer sein würde. Mit dem größten Abstand, den das Feld während dieser Rundfahrt zuließ, eröffnete Alaphilippe am Passo Duron (2. Kategorie) das Rennen neu. Der Franzose sprengte die Gruppe, die ihm von Beginn an viel zu groß war.

Vier Fahrer, Steinhauser, Narvaez, Sanchez und Hermans, schafften es mit Alaphilippe über den Duron, fast zehn Minuten vor dem Feld, aber nur ein paar Sekunden vor den ersten Verfolgern. In der Abfahrt schloss noch Andrea Vendrame (Decathlon AG2R La Mondiale) auf, alle anderen mussten sich vom Gedanken an den Sieg verabschieden. Gleiches Spiel dann am Sella Valcada (3. Kategorie). Wieder drpckte Alaphilippe aufs Tempo, wieder viel die Gruppe auseinander. Doch bis zur Bergwertung, die letztlich Steinhauser gewann, waren wieder sieben Mann gemeinsam an der Spitze.

Thomas stürzt im Finale

In den letzten Anstieg zur Cima Sappada (2. Kategorie) ging Vendrame mit einem kleinen Vorsprung, da er auf der nassen Abfahrt - es hatte in der Zwischenzeit begonnen zu regnen - mehr Risiko ging. 20 Sekunden holte er auf Narvaez und Alaphilippe heraus. Eine Gruppe um Steinhauser hatte noch mehr Rückstand. Die fuhr bergrauf allerdings wieder nach vorne - doch nicht bis zum Führenden. Der baute seinen Vorsprung auf bis zu 1:20 Minuten aus, weil sich dahinter Alaphilippe, Steinhauser, Narvaez und Co, gegenseitig angriffen, ohne aber ein gleichmäßig hohes Tempo zu fahren. Das half nur Vendrame, der so mehr oder weniger ungefährdet seinem Sieg entgegen fahren konnte.

Zwar konnte sich Steinhauser auf den letzten Kilometern des Anstieges doch noch lösen. Aber Sanchez konterte, fuhr vorbei und sicherte sich den zweiten Platz vor dem Deutschen. Die Gruppe dahinter hatte das Tempo herausgenommen, sodass sogar noch die Gruppe um Tratnik wieder herankam.

Als die Ausreißer längst im Ziel waren, rollte die Favoritengruppe über den Berg. Nach einer Unachtsamkeit hing sich Thomas dabei am Hinterrad von Antonio Tiberi (Bahrain-Victorious) auf und stürzte. Doch der Waliser sprang schnell wieder auf sein Rad und hatte Glück, dass keiner seiner Kontrahenten im Kampf um das Podium diesen Zwischenfall ausnutzte und attackierte. Letztlich fuhren die GC-Fahrer alle gemeinsam über den Zielstrich.

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