Gent-Wevelgem 2024Pedersen knackt van der Poel im Zweiersprint

Sebastian Lindner

 · 24.03.2024

Am Rathaus in Ypern startete Gent-Wevelgem 2024.
Foto: Getty Images/Tim de Waele
Mads Pedersen hat Gent-Wevelgem 2024 gewonnen. Der Weltmeister von 2019 besiegte den aktuellen Titelträger Mathieu van der Poel im Zweiersprint. Bora-Profi Jordi Meeus gewann den Sprint des Hauptfeldes und wurde Dritter.
Mads Pedersen schlägt Mathieu van der Poel im Zweiersprint und gewinnt damit Gent-Wevelgem 2024.Foto: Getty Images /Tim de WaeleMads Pedersen schlägt Mathieu van der Poel im Zweiersprint und gewinnt damit Gent-Wevelgem 2024.

Mads Pedersen (Lidl-Trek) hat nach 2020 zum zweiten Mal in seiner Karriere Gent-Wevelgem gewonnen. Die 253 Kilometer lange 86. Austragung in 2024 dürfte aber noch einiges mehr Wert sein als seine Premiere. Denn dieses Mal schlug der 28-Jährige den Top-Favoriten Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck) in einem Sprint. Trotz der besseren Position am Hinterrad des Dänen konnte der Niederländer auf den letzten Metern nicht am Sieger vorbeiziehen.

Pedersen und van der Poel hatten sich auf Initiative des Mannes im Regenbogentrikot bereits bei der ersten Überfahrt des Kemmelberges, als es noch weit mehr als 100 Kilometer bis ins Ziel waren, mit fünf weiteren Fahrern, darunter zwei weiteren Lidl-Trek-Profis, abgesetzt. Kurz vor der zweiten Überfahrt des Anstieges, der das Rennen prägt, hatte das Hauptfeld den Kontakt zur Spitze fast wieder hergestellt, doch gemeinsam mit Laurence Pithie (Groupama-FDJ) behaupteten sich die Pedersen und van der Poel an der Spitze. Beim dritten Mal Kemmelberg konnte auch der Neuseeländer nicht mehr folgen, die letzten 34 Kilometer bestritt das Duo dann allein, bis es zum Sprint kam, in dem Pedersen der Stärkere war. 16 Sekunden hinter ihn sprintete Jordi Meeus (Bora-Hansgrohe) vor Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) im Hauptfeld auf den dritten Platz.

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Pedersen: “Es war meine einzige Chance”

“Ich hatte nicht wirklich das Zutrauen, im Sprint gegen Mathieu zu gewinnen, denn mit der Form, die er mitbrachte, würde es schwer werden”, erklärte Pedersen im Siegerinterview. “Aber ich musste daran glauben, denn es war meine einzige Chance.” Aufgrund der taktischen Situation musste sich der Däne zudem in die ungünstigere Position vor seinen Kontrahenten begeben. “Ich musste das Tempo hochhalten, denn Alpecin hätte sich auch gefreut, wenn Philipsen für den Sprint zurückgekommen wäre.” Bereits bei der dritten Überfahrt des Kemmelberges hatte Pedersen die Führung übernommen. “Es war besser für mich, das Tempo zu kontrollieren, als mich von ihm über das Limit bringen zu lassen.”

Für Pedersen ist der Sieg die Bestätigung seiner starken Form. “Ich kann zufrieden in die nächsten Rennen gehen.” Die Favoritenrolle für die Flandern-Rundfahrt am kommenden Sonntag wollte er sich aber dennoch nicht aufbürden lassen. “Gent-Wevelgem kommt mir eher entgegen, bei der Ronde gibt es andere.” Doch auch die beendete er im Vorjahr auf Rang drei, 2018 als Zweiter.

Van der Poel: “Pedersen war heute der Stärkste”

Zunächst steht für Pedersen aber am Mittwoch noch Quer durch Flandern an. Van der Poel wird das Rennen auslassen. “Ich habe heute wirklich gelitten und brauche ein paar Tage Pause”, so der 29-Jährige, der mit seinem zweiten Platz “gut leben kann. Ich hätte gerne gewonnen, aber Mads war heute der Stärkste. Und wenn einer besser war, dann ist es nicht so schlimm, Zweiter zu werden.”

Gut leben kann mit seinem Ergebnis auch Meeus, der als Bester des Hauptfeldes im Sprint neben Philipsen auch weitere große Namen wie Tim Merlier (Soudal - Quick Step) oder Olav Kooij (Visma | Lease a Bike) ausstach. “Das Ergebnis heute ist sehr wichtig für mich. Wir wollten gucken, wie weit ich in den Klassikern komme. Und dann Dritter hinter diesen beiden ‘Motorrädern’ zu werden ist wirklich gut.” Nachdem es Bora nicht in die Spitzengruppe geschafft hatte, arbeitete das Team mit Nico Denz und Marco Haller viel in der Nachführarbeit, was sich durch Meeus letztlich auch auszahlte.

Die Top 10 von Gent-Wevelgem 2024

  1. Mads Pedersen (Lidl-Trek) 5:35:36
  2. Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck) +0:00
  3. Jordi Meeus (Bora-Hansgrohe) +0:16
  4. Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) +0:16
  5. Jonathan Milan (Lidl-Trek) +0:16
  6. Olav Kooij (Visma | Lease a Bike) +0:16
  7. Biniam Girmay (Intermarche-Wanty) +0:16
  8. Tim Merlier (Soudal - Quick Step) +0:16
  9. Dylan Groenewegen (Team Jayco-AlUla) +0:16
  10. Matteo Trentin (Tudor Pro Cycling) +0:16


So lief Gent-Wevelgem 2024

Direkt nach dem Start in Ypern gab es zahlreiche Attacken, ehe sich bei trockener Witterung die Gruppe des Tages festigte, dauerte es aber ein paar Kilometer. Letztlich schafften acht Fahrer um Michael Morkov (Astana Qazaqstan Team) den Sprung in die Ausreißergruppe, die mit maximal fünfeinhalb Minuten Vorsprung den flachen ersten Teil des Rennens bestimmte.

Unterdessen blieb Visma | Lease a Bike das Sturzpech weiter treu: Jan Tratnik kam zu Fall und musste aufgeben. Das war noch, bevor 148 Kilometer vor dem Ziel - kurz vor den ersten Pflasterabschnitten - die ersten Windstaffeln aufgingen. Das Hauptfeld wurde in zwei Teile getrennt, 30 Fahrer mit allen Favoriten, ausgenommen Nils Politt (UAE Team Emirates), fuhren sich eine halbe Minute heraus.

120 Kilometer vor dem Ende wurden die Ausreißer vom ersten Hauptfeld aufgefahren und es ging in die ersten Hellingen. Während Max Walscheid (Team Jayco-AlUla) nach dem Scherpenberg attackierte und Unterstützung von Johan Jacobs (Movistar) fand, der bereits in der Gruppe des Tages war, vereinigten sich die beiden großen Felder wieder. Nach dem Baneberg wurde bei aber wieder gestellt.

Van der Poel macht am ersten Kemmelberg ernst

Am Monteberg machte sich Lidl-Trek breit, doch auch so konnte die Attacke von van der Poel am Kemmelberg kurz darauf nicht verhindert werden. Der Weltmeister gab Vollgas - nur Pedersen und Jonathan Milan konnten zunächst folgen. Mit Jasper Stuyven schloss ein weiterer Lidl-Fahrer auf, auch Rasmus Tiller (Uno-X Mobility), Tim van Dijke (Visma | Lease a Bike) und Laurence Pithie (Groupama-FDJ) kamen noch nach vorne. Dahinter ging eine Lücke auf, die bis auf eine Minute anwuchs.

Während sich Milan noch aus der Spitzengruppe absetzte und sich zwischenzeitlich eine halbe Minute herausfuhr, wurden van Dijke und Tiller durch eine Tempoverschärfung von van der Poel in den drei Schottersektoren abgehängt, Stuyven fiel durch Defekt zurück. 63 Kilometer vor dem Ziel hatte das Verfolgertrio dann auch wieder Milan eingeholt.

So ging es in die zweite Auffahrt des Montebergs und direkt danach zum zweiten Mal den Kemmelberg über die Belvedere-Auffahrt hoch - 50 Kilometer vor dem Ziel. Das Feld hatte, angeführt von Nico Denz (Bora-Hansgrohe), die Lücke zu den Ausreißern fast geschlossen. Doch Pedersen drückte auf dem Kopfsteinpflaster erneut aufs Gas. Van der Poel und Pithie konnten folgen, dahinter wuchs die Lücke wieder auf eine halbe Minute an.

Pedersen wird van der Poel nicht los

Matteo Trentin (Tudor Pro Cycling) versuchte es, als Solist die Lücke zu überbrücken, doch das gelang nicht. Ineos Grenadiers verrichte daraufhin viel Arbeit im Feld, doch auch 40 Kilometer vor dem Ziel, als es wieder in den Baneberg ging, blieb der Abstand konstant bei 30 Sekunden. Hugo Page (Intermarche-Wanty) und Ben Turner (Ineos Grenadiers) lösten sich dort aus dem Feld, später versuchte sich auch noch Anthony Turgis (TotalEnergies).

Aber bis zum Kemmelberg, der bei der letzten Überfahrt von der schwierigeren Ossuaire-Auffahrt gefahren wurde, blieben die kleinen Lücken bestehen. Den Anstieg fuhr Pedersen von vorne. Pithie konnte er abschütteln, van der Poel blieb am Rad. Und so fuhr der aktuelle mit dem früheren Weltmeister die letzten 34 Kilometer als Duo gen Ziel.

Auf dem Weg zurück zum Startort Ypern ging die Lücke von Pithie zur Spitze auf 20 Sekunden auf, eine Minute auf die Spitze hatten Turner, Page und Turgis, der aufgeschlossen hatte. Das Hauptfeld hatte weitere 30 Sekunden Rückstand. Ab Ypern herrschte für den Rest des Tages Rückenwind. Pithie wurde von seinen Verfolgern eingeholt, das neue Quartett hatte 25 Kilometer vor dem Ziel 1:10 Minuten Rückstand auf die Spitze.

Pedersen hat im Finale die besseren Beine

Während Pedersen und van der Poel ihre Kreise zogen und gut zusammenarbeiteten, waren 15 Kilometer vor dem Ziel die Verfolger vom Hauptfeld wieder eingeholt worden. Soudal - Quick Step und Bora-Hansgrohe machten im Hauptfeld zwar nochmal verzweifelt Tempo, doch stellen konnten sie die beiden stärksten Fahrer des Tages nicht mehr, obwohl sie Sekunde um Sekunde vom Rückstand abknapsten.

Bis auf den letzten Kilometer wechselten sich beide regelmäßig ab. Während auf der langen Geraden im Hintergrund bereits das Feld zu sehen war, blieb van der Poel dann die ganze Zeit am Hinterrad des Dänen. Bei 300 Metern ging Pedersen aus dem Sattel. Van der Poel fuhr daneben, doch 50 Meter vor der Linie platzten ihm die Beine, sodass Pedersen triumphieren konnte. Den Sprint des Hauptfelds gewann Jordi Meeus (Bora-Hansgrohe).

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