Es war ein turbulentes Jahr, das erfolgreichste bisher: Franziska Koch hat sich mittlerweile einen Namen gemacht im Peloton, hat neue Stärken hinzugewonnen. Im Sommer verteidigte die 25-Jährige auf einer bergigen Strecke im Pfälzer Wald den Titel als Deutsche Meisterin im Straßenrennen. Im Herbst fuhr sie auf einem ebenfalls anspruchsvollen Parcours am Rande des französischen Rhonetals bei der Europameisterschaft auf Rang fünf. Und so sind einige Aufgaben unerledigt geblieben. Beispielsweise muss sie noch ein Versprechen bei der neuen Straßen-Weltmeisterin abarbeiten. Magdeleine Vallières hatte sie einen Kuchen versprochen, sollte sie bei der WM in Ruanda einen Top-Ten-Platz erreichen. “Wir haben uns auf einen Schokoladenkuchen geeinigt”, sagt Koch zu TOUR. Ob es jetzt als Glasur Regenbogenstreifen on top gibt, das ist noch nicht entschieden. Denn die Kanadierin überraschte die Radsportwelt, als sie in Kigali solo als Erste ins Ziel fuhr und nun in den kommenden zwölf Monaten das Weltmeisterinnen-Trikot mit den Regenbogenstreifen tragen darf. Für Franziska Koch war das nicht ganz so überraschend. Sie ist mit der Kanadierin gut befreundet, beide leben über große Teile des Jahres im spanischen Girona und trainieren gelegentlich gemeinsam.
Koch hat einen recht klaren Blick auf die Dinge. Jetzt - im Alter von 25 Jahren - ist sie langsam da, wo sie hin will. Schon im Jahr 2019, als sie dank eines Etappensiegs bei der Boels Ladies Tour ganz jung auf der Bildfläche auftauchte und gleich bei der Elite-WM in Yorkshire bei den Frauen an den Start gehen durfte, galt sie als eine kommende Klassikerspezialistin. In den vergangenen Jahren reichte es dann zu keinem einzigen weiteren internationalen Profisieg. Koch war bei ihrem Arbeitgeber, der zuletzt unter dem Namen Picnic PostNL firmierte, meist in Helferaufgaben gefangen. Mal in den Sprints für die US-Amerikanerin Megan Jastrab, mal für die britische Klassikerspezialistin Pfeiffer Georgi. Aber sie ist in den letzten zwei Jahren auch in den Finals der Rennen sichtbarer geworden. “Ich hatte die beste Form, die ich bisher jemals hatte. Und ich habe auch mal die Chance bekommen, sie zu zeigen”, sagt Koch im Gespräch mit TOUR. Große Ergebnisse fehlten dennoch im Saisonverlauf - ehe sie im Herbst in den Rankings auftauchte: Zwölfte bei der WM, Fünfte bei der EM. “Bei der EM habe ich mich am meisten überrascht, weil es eher ein Bergfahrerkurs war. Und dennoch bin ich mit den richtig guten Bergfahrerinnen über die Anstiege gekommen”, betont sie. Bisher galt sie vor allem als talentiert für Sprints und Klassiker. Der Reifeprozess scheint nun beendet. “Das gibt mir auf jeden Fall Selbstbewusstsein, zu wissen, was alles in mir steckt”, sagt sie mit Blick auf die Zukunft.
Warum es so gut lief? Lange Zeit gesund, keine großen Stürze, privat glücklich und zufrieden. Koch ist mit dem kanadischen Radprofi Riley Pickrell liiert, der ebenfalls in Girona und Andorra eine zweite Heimat hat. “Ich bin auch ein bisschen leichter geworden, das hilft bergauf”, betont Koch, die sichtbar besser klettert als in der Vergangenheit. Außerdem: “Ich bin gereift, erwachsener geworden”, erzählt sie. Gute Gene sind in der Familie Koch verbreitet: Mutter Petra war in den 1980er-Jahren Teilnehmerin an der Tour de France. Franziskas neun Jahre älterer Bruder Michel war zwei Jahre lang Profi beim Team Cannondale.
Zur kommenden Saison wechselt sie erstmals in ihrer Profikarriere den Rennstall. Dann fährt sie für die französische Equipe FDJ - SUEZ - der Vertrag läuft zunächst über zwei Jahre. Dort fährt sie an der Seite der Weltranglisten-Ersten Demi Vollering und der französischen Topfahrerinnen Evita Muzic und Juliette Labous. Letztere war schon einmal Teamkolleginnen - bei ihr informierte sich Koch vor dem Wechsel über den künftigen Arbeitgeber. “Deren aggressive Fahrweise fand ich schon immer sehr cool. Und das Team hat sehr nette Mädchen”, sagt sie über FDJ - SUEZ. Dort kann sie realistischerweise ehrgeizige Ziele verwirklichen. Teamleaderin Vollering hat bereits einmal die Tour de France gewonnen (2023), war insgesamt dreimal Zweite (2022, 2024 und 2025). “Es wäre megacool, im Tour-de-France-Siegerteam zu sein”, sagt Koch. Natürlich in einer Rolle als Helferin.
Aber sie will auch persönlich starke Ergebnisse einfahren. “Es wäre ein Traum, bei einem Klassiker auf dem Podium zu stehen”, blickt sie voraus, “und es ist ein persönliches Ziel, noch ein drittes Mal das deutsche Meistertrikot zu gewinnen.” Den Omloop Het Nieuwsblad, die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix, wo sie bereits Siebte war, zählt sie zu ihren Lieblingsrennen. Und der Erfolg der Freundin Magdeleine Vallières hat ihr Lust auf mehr gemacht - nicht nur aufs Kuchenbacken: “Es wäre schon ganz cool, einmal Weltmeisterin zu werden.”