Neun Jahre nach ihrem ersten Sieg bei der Flandern-Rundfahrt 2015 hat Elisa Longo Borghini (Lidl-Trek) zum zweiten Mal die ‘Ronde’ der Frauen gewonnen. Damit gehört die 32-Jährige nun zu den fünf Fahrerinnen, die das Rennen in 21 Jahren seines bestehens doppelt gewinnen konnten. Borghini war gemeinsam mit ihrer Teamkollegin Shirin van Anrooij und Kasia Niewiadoma auf die Zielgerade in Oudenaarde, wo das Rennen 163 Kilometer zuvor auch gestartet war, gefahren. Dort nutzte Lidl seine numerische Überzahl.
Das Trio begann unter dem Teufelslappen mit dem Poker und van Anrooij, die zuvor nach mehreren Attacken schon viel Kraft gelassen hatte, eröffnete den Sprint von vorne. Vom Hinterrad konnte Niewiadoma zwar an der jungen Niederländerin vorbeiziehen, doch Longo Borghini ihrerseits nutzte das Hinterrad der Polin, um zu ihrem zweiten Saisonsieg zu sprinten.
Neun Sekunden dahinter gewann Marianne Vos (Visma | Lease a Bike), die am Mittwoch noch Dwars door Vlaanderen gewonnen hatte, den Sprint der Verfolgergruppe vor Lotte Kopecky (SD Worx - Protime) und Puck Pieterse (Fenix-Deceuninck). Weltmeisterin Kopecky konnte genauso wenig wie ihre Teamkolleginnen Demi Vollering oder Lorena Wiebes dem entscheidenden Angriff von Niewiadoma und Longo Borghini am Paterberg 13 Kilometer vor dem Ziel folgen.
Van Anrooij fuhr bereits seit dem Oude Kruisberg gut 30 Kilometer vor dem Ende vor der Favoritengruppe, aus der sie sich zunächst wie Pieterse und Karlijn Swinkels (UAE Team ADQ) gelöst hatte. Während die anderen beiden aber wieder gestellt wurden, blieb van Anrooij über den Oude Kwaremont sowie den Paterberg als Solistin vorne. Erst als ihre Teamkollegin mit Niewiadoma von hinten heranrauschte, nahm sie etwas Tempo heraus und spannte mit dem Duo zusammen.
Ihr Sieg sei ganz anders als ihr erster bei der ‘Ronde’, so die Italienische Meisterin Longo Borghini im Siegerinterview. “Ich habe die Tricolore auf meinen Schultern und bin eine erwachsene Frau. Als ich 2015 gewann, war ich nur ein Kind. Jetzt kann ich es viel bewusster realisieren, was ich hier erreicht habe.”
Das Rennen hatte schon früh Tempo aufgenommen. Bereits vor dem Koppenberg, an dem bei Starkregen - ähnlich wie bei den Männern zuvor - nur eine Handvoll Fahrerinnen nicht absteigen musste, war viel Action drin. Eine Vorentscheidung fiel dort aber noch nicht, obwohl das Feld in viele kleine Gruppen zerbrach und auch die Favoritinnen nicht immer ganz vorne mitspielten.
Mitentscheidend war dafür aber vielleicht bereits ein Sturz nach zehn Kilometern im ersten Kopfsteinpflasterabschnitt, in dessen Folge Marlen Reusser (SD Worx - Protime) das Rennen mit gebrochenem Kiefer verlassen und Lizzie Deignan (Lidl-Trek) mit blutenden Kopfwunden aufgeben musste. Auch Kopecky war in den Massensturz verwickelt und in der Folge nicht mehr im Volbesitz ihrer Kräfte.