Tour Magazin
· 19.03.2023
Der Kampf gegen Doping in Deutschland verliert zunehmend an Transparenz. Grund sind Konflikte mit dem Datenschutz.
Während die Nationale Antidoping-Agentur NADA ihre Urteile früher zeitnah und nachvollziehbar kommunizierte, geschieht dies inzwischen im Verborgenen. Die Datenbank der Dopingverfahren, NADAjus, wurde eingestellt, Verfahren werden anonymisiert und erst verspätet im NADA-Jahresbericht bzw. durch Sportverbände veröffentlicht.
Zuletzt gab es wieder mehrere Dopingfälle im deutschen Amateurradsport. Durch die Veröffentlichungspraxis wurden die Fälle nur Insidern bekannt. Positiv getestet wurden ein Fahrer beim Bundesliga-Crossrennen am 17. Oktober 2021 und ein Amateur beim Rundstreckenrennen in Serrig 2022. Beide erhielten je eine dreijährige Dopingsperre.
>> Wir haben bei der NADA nachgefragt, ob sich an der Veröffentlichungspraxis etwas ändert. Nachfolgend die schriftliche Stellungnahme:
TOUR: Nach einer Klage eines Dopingsünders wurde die NADA-Datenbank mit Dopingvergehen 2021 komplett eingestellt. Bleibt es dabei?
NADA: Ja, die NADAjus-Datenbank wird bis auf weiteres nicht mehr genutzt. Aus Sicht der Landesdatenschutzbeauftragten Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) ist die Veröffentlichung von personenbezogenen Informationen und Schiedssprüchen aus Disziplinarverfahren im Internet in der von der NADA bislang durchgeführten Art und Weise nicht zulässig. Rechtliche Bedenken bestehen seitens der LDI NRW auch im Hinblick auf die Rechtsgrundlage zur Veröffentlichung der Sanktionsentscheidungen. Die LDI NRW bezieht sich dabei auf die Auslegung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
TOUR: Wie kann der Anti-Dopingkampf abschreckende Wirkung haben, wenn Strafen und Täter nicht bekannt werden?
NADA: Für die NADA ist es wichtig zu betonen, dass der Schutz von personenbezogenen Daten und der Persönlichkeitsrechtsschutz jedes*r Athleten*in für die NADA einen sehr hohen Stellenwert hat. Ungeachtet dessen prägt es das Leitbild der NADA, die größtmögliche Transparenz in der Anti-Doping-Arbeit zu gewährleisten. Dazu gehört es ihrer Auffassung nach auch, Entscheidungen von unabhängigen Disziplinar- oder Schiedsgerichten ohne Einschränkung und so wie es der Welt Anti-Doping Code (WADC 2021) und der Nationale Anti-Doping Code (NADC21) vorsehen, zu veröffentlichen. Dabei darf aber keine Prangerwirkung für Athleten*innen, die einen Dopingverstoß begangen haben, entstehen. Vielmehr dient eine klare und eindeutige Veröffentlichung dazu, dass nicht betroffene Athleten*innen vor unberechtigten Dopinganschuldigungen geschützt werden. Eine Veröffentlichung von unvollständigen Sanktionsentscheidungen ohne konkrete Namensnennung birgt des Erachtens der NADA nach die große Gefahr einer Stigmatisierung Unschuldiger.