Vorschau Profi-RadsportDas erwartet Radsport-Fans in der neuen Saison 2025

Andreas Kublik

 · 17.01.2025

Die große Vorschau auf die Profi-Radsport-Saison 2025
Foto: Getty Images; Tim de Waele
Was erwartet die Radsport-Fans in der kommenden Saison? Was ist neu? Was ändert sich? Ein Überblick über alle Rennen und Termine, die Top-Teams und die wichtigsten Personalien – wo sollte man im neuen Jahr hingucken?

Team Red Bull-Bora-Hansgrohe: Alle für einen?

Neues Outfit, alte Rollenverteilung: Primoz Roglic umringt von seinen Teamkollegen und Nachwuchsfahrern.Foto: Red Bull Content Pool; Maximilian FriesNeues Outfit, alte Rollenverteilung: Primoz Roglic umringt von seinen Teamkollegen und Nachwuchsfahrern.

Der große Paukenschlag blieb aus: Erstmals geht Deutschlands aktuell einziges World-Tour-Team mit dem milliardenschweren Getränkehersteller Red Bull als Hauptsponsor in eine Saison. Einen Transfercoup gab es aber nicht zu verzeichnen. Die Mannschaft formiert sich auch in der kommenden Saison vor allem um den 35-jährigen Primoz Roglic, der im Vorjahr für die Mannschaft den ersten ­Gesamtsieg bei der Spanien-Rundfahrt erkämpfte. In der kommenden Saison soll der Routinier aus Slowenien die Formation aus dem oberbayerischen Raubling sowohl beim Giro d’Italia als auch bei der Tour de France anführen. „Wir waren Zweiter beim Giro und Sieger der Vuelta – eine Grand Tour zu gewinnen, ist damit auch das logische Ziel 2025“, sagt Teamchef Ralph Denk. Top-Rundfahrer wie der Giro-Zweite Daniel Felipe Martinez, der Giro-Sieger 2022 Jai Hindley und Aleksandr Vlasov sollen Roglic zur Seite stehen. Die beiden Letztgenannten sollen dann die Verantwortung bei der Vuelta als Co-Kapitäne tragen. Insgesamt verstärkte CEO Denk das Team punktuell mit dem aufstrebenden belgischen Allrounder Maxim van Gils, dem Klassiker- und Sprinttalent Laurence Pithie aus Neuseeland, dem tempofesten Spanier Oier Lazkano sowie dem italienischen Routinier Gianni Moscon. Gleich drei deutsche Top-­Fahrer der vergangenen Jahre haben das Team verlassen: Emanuel Buchmann wechselte zu Cofidis, Lennard Kämna zu Lidl-Trek und Maximilian Schachmann setzt seine Karriere bei Soudal Quick-Step fort. Neu ist, dass Denk auch ein U23-Team eingliedert.

Tom Pidcock: Ein Team, zwei Radmarken

Tom Pidcock: Ein Team, zwei RadmarkenFoto: dpa/pa; David PintensTom Pidcock: Ein Team, zwei Radmarken

Ungewöhnliche Vertragskonstruktion: Tom Pidcock ist zur neuen Saison zum zweitklassigen Team Q36.5 gewechselt und bei dem Schweizer Rennstall nun das Aushängeschild. Mit seinem bisherigen Arbeitgeber Ineos Grenadiers fand der Allrounder keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit. Der zweimalige Mountainbike-Olympiasieger und Ex-Cross-­Weltmeister hat auch künftig nicht vor, sich komplett auf Straßenrennen zu konzentrieren. Im Team sitzt er auf Rennrädern der Marke Scott, im Gelände bleibt er weiter Partner des italienischen Herstellers Pinarello. Dort hatte man zuletzt eigens für Pidcock und die Französin Pauline Ferrand-Prévot wieder Mountainbikes entwickelt.

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Rennkalender Männer: Die World Tour wächst

2025 wird es ein neues Rennen in der wichtigsten Rennserie geben. Der Copenhagen Sprint schafft es bei seiner Premiere gleich in die World Tour. Das weitgehend flache Eintagesrennen in Dänemark dürfte Sprintern ideales Terrain bieten. Die Rennserie wächst damit auf 36 Rennen (Vorjahr 35) und 171 Renntage. Startrecht und -pflicht haben die 18 World-Tour-Teams, die Teams Lotto und Israel dürfen bei allen Rennen starten (müssen aber nicht), Uno-X nur bei Eintagesrennen. Die Teams können je acht (große Landesrundfahrten) bzw. sieben (alle anderen Rennen) Rennfahrer aufbieten.

Rennkalender Frauen: Der Rennkalender der Women’s World Tour

Künftig gibt es bei den Frauen auch ein Rennen Mailand-San Remo – wenn auch auf deutlich kürzerer Strecke als bei den Männern. Wie bei den Männern ist auch bei den Frauen der Copenhagen Sprint als flaches Eintagesrennen schon bei der Premiere Teil der wichtigsten Rennserie. Auch die Tour of Scandinavia soll in der neuen Saison wieder stattfinden. Das Rennen war im Vorjahr wegen finanzieller Probleme abgesagt worden. Während international die Top-Serie wächst, bleibt der Frauen-Radsport in Deutschland ein zartes Pflänzchen. Keines der großen Radrennen in Deutschland hat bisher ein Frauen-Rennen ergänzt. Deutschland ist im World-Tour-Kalender nicht vertreten. Die wichtigsten Rennen sind die Thüringen-Rundfahrt und das Eintagesrennen Women’s Grand Prix in Stuttgart, beide zählen zur zweithöchsten Rennkategorie Pro Series.

Deutsche Radprofis: Fünf minus

Deutschland verzeichnet ­einen deutlichen Rückgang bei der Zahl der Top-Profis. Statt 30 sitzen in diesem Jahr nur noch 25 Deutsche bei einem World-Tour-Rennstall im Sattel. Einen stärkeren Rückgang verzeichnet nur Kasachstan: Das Team Astana setzt statt auf zehn nur noch auf zwei Rennfahrer aus dem Heimatland (siehe untenstehende Meldung). Die meisten Profis stellt Frankreich mit 81 (Vorjahr 80). Die Belgier legen ordentlich zu v­on 63 auf 71 Rennfahrer.

XDS Astana Team: Werbeträger für chinesische Rennräder

Mitten im Abstiegskampf in der World Tour hat der kasachische Rennstall Astana frisches Geld gezapft: Wurde die Equipe von Teamchef Alexandr Vinokourov viele Jahre weitgehend aus kasachischen Staatsholdings ­finanziert, steigt zur neuen Saison der chinesische Carbonhersteller XDS als neuer Hauptsponsor ein. Die ­Firma, die bisher nur als Produzent für andere Radmarken bekannt war, will global expandieren und schickt auch gleich die bisher unbekannte Eigenmarke X-Lab mit Teamrädern an den Start.



Amstel Gold Race: Absage möglich?

Schreckmoment zum Jahres­ende: Selbst in einer Radsportnation wie den Niederlanden stehen die wichtigsten Radrennen auf der Kippe – das machte der dortige Radsportverband KNWU öffentlich, der wegen fehlender Polizeikräfte die Durchführung einiger Radsportwettbewerbe im kommenden Jahr gefährdet sah, darunter auch das wichtigste Rennen Amstel Gold Race. In den Niederlanden verlangt der NATO-­Gipfel im kommenden Sommer viel Einsatz seitens der Sicherheitsbehörden. „Wir verstehen es wirklich aus Sicht der Polizei, aber es ist äußerst bedauerlich, dass die Radrennen jedes Mal die Leidtragenden sind“, kritisierte Verbandsdirektor Maurice Leeser. Man versuche nun kurz- fristig, die Polizei durch zivile Motorradeskorten zu ersetzen. Der langjährige Rennorganisator Leon van Vliet betonte: „Wir organisieren das Rennen seit fast sechzig Jahren, es kann nicht einfach gestoppt werden.“

2,02 Meter...

... misst der größte Radprofi in der kommenden Saison: der Däne Mathias Norsgaard vom Team Movistar, der drei Zentimeter größer als der Deutsche Max Walscheid, der mit rund 90 Kilogramm Kampfgewicht das Schwergewicht im internationalen Peloton sein dürfte. Der kleinste Radprofi ist aktuell der Kolumbianer Harold Lopez (XDS Astana) mit ­1,60 Meter.

Tadej Pogacar: Rekordjahr folgt Rekordvertrag

Rosige Zeiten: Tadej Pogacar führt nach seiner erfolgreichen Saison auch die Gehaltsrangliste anFoto: dpa/pa; RothRosige Zeiten: Tadej Pogacar führt nach seiner erfolgreichen Saison auch die Gehaltsrangliste an

Tadej Pogacar weiß nach eigenen Worten selbst nicht, ob ein erfolgreicheres Jahr als 2024 in Zukunft für ihn möglich ist. Die Erfolge haben ihm aber einen Vertrag beschert, den es bisher im Radsport so noch nicht gab: Der 26-Jährige hat beim Team UAE Emirates-XRG bis einschließlich 2030 verlängert – acht Millionen Euro pro Saison soll er laut der italienischen Sporttageszeitung Gazzetta dello Sport kassieren. Das Arbeitspapier soll auch eine Ausstiegsklausel in Höhe von 200 Millionen Euro enthalten. Bei der Team-Pressekonferenz verkündete der ­Slowene, dass in der neuen Saison die Wiederholung des Sieges bei der Tour de France im ­Mittelpunkt stehe; zusätzlich möchte er statt des Giro als zweite Drei-Wochen-Rundfahrt die Vuelta bestreiten. Weitere wichtige Ziele: Siege bei Mailand-San Remo und der Straßen-WM in Ruanda. Sein Debüt bei Paris-Roubaix möchte er im Jahr 2025 noch nicht geben.

John Degenkolb: Dauerbrenner

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Auch zehn Jahre nach seinen Triumphen bei Mailand-San Remo und Paris-Roubaix hat John Degenkolb noch nicht genug vom Radsport. Der 35-Jährige aus Oberursel hat seinen Vertrag bis 2026 verlängert – in neuen Farben: Sein Team heißt nach einem Wechsel des Sponsors künftig Team Picnic PostNL (bisher dsm-firmenich).

Pläne für deutsches Profi-Team: Erfolgreiches Kräftebündeln?

Bekommt Deutschland bald ein zweites Profi-Team? Bereits für die Saison 2025 haben die beiden deutschen Continental-Teams rad-net Oßwald und REMBE Pro Cycling Team Sauerland eine Fusion angekündigt. Mit vereinten Kräften geht man im neuen Radsportjahr als Rad-Net Rembe Pro Cycling Team an den Start. Die Pläne sind ehrgeizig. Laut Jörg Scherf, Teamchef bei den Sauerländern, wolle man für die Saison 2026 eine Lizenz als Pro-Team (international zweithöchste Lizenzklasse) anstreben und sei daher aktuell auf der Suche nach dem Geldgeber, der den Aufstieg finanzieren soll. Großes Ziel: deutschen Radsportlern den Weg zu einem Olympia-Start im Jahr 2028 in Los Angeles zu ebnen.

Straßen-WM 2025: Premiere in Afrika

Steiniger Weg zum WM-Erfolg: Das Männerrennen wird über die berüchtigte Mur de Kigali führenFoto: Getty Images / Guillem SartorioSteiniger Weg zum WM-Erfolg: Das Männerrennen wird über die berüchtigte Mur de Kigali führen

Erstmals in der Geschichte des Radsports wird eine Straßen-WM der Profis auf dem afrikanischen Kontinent stattfinden. Die Wettbewerbe im Einzelzeitfahren und im Straßenrennen sind zwischen 21. und 28. September 2025 terminiert und führen über Strecken in und um Kigali, der Hauptstadt Ruandas. In dem radsportbegeisterten Land im Zentrum Afrikas warten harte Kletterprüfungen auf die Teilnehmer – das Elite-Rennen der Männer misst 267,5 Kilometer mit 5475 Höhenmetern, bei den Frauen geht es über 164,6 Kilometer und 3350 Höhenmeter. Eine weitere Herausforderung: Die Radsportler müssen auch mit der dünneren Luft auf rund 1500 bis 1800 Metern über Seehöhe klarkommen.



Cancellaras Tudor Pro Cycling Team: Aufstiegs-Aspirant

Schnell: Die Rennfahrer von Team Tudor wollen bald bei allen wichtigen Rennen dabei seinFoto: Getty Images; Dario BelingheriSchnell: Die Rennfahrer von Team Tudor wollen bald bei allen wichtigen Rennen dabei sein

Fabian Cancellara war als Radprofi bekannt dafür, dass man ihm noch so viele Steine in den Weg legen konnte – am Ende setzte er sich durch. Seit einigen Jahren treibt er in der Schweiz ein ehrgeiziges Radsportprojekt voran: Das Team Tudor, dessen Eigentümer der 43-jährige Schweizer ist und in dem Raphael Meyer als Teammanager die Regie führt. Gemeinsam wollen sie an die Weltspitze – eine World-­Tour-Lizenz und der Start bei der Tour de France sind die nächsten großen Ziele. Zur neuen Saison hat der Schweizer Rennstall ordentlich aufgerüstet: Man hat den französischen Publikumsliebling und zweimaligen Straßen-Weltmeister Julian Alaphilippe (von Soudal Quick-Step) und den Schweizer Allrounder Marc Hirschi (von UAE Team Emirates) verpflichtet. Das Team könnte schon bald für eine Überraschung gut sein: Die Schweizer Parvenüs gelten bereits in diesem Jahr als Kandidaten für eine Wildcard bei der Tour de France. Prominente Namen werden dort auf der Gästeliste gerne gesehen.

Bas Tietema: Dank YouTube zur Tour de France?

Wer den Namen „Tietema“ googelt, stößt vor allem auf einen YouTube-Kanal mit viel Nonsens rund um den Radsport. Tour de Tietema heißt das in den Niederlanden beliebte Format mit rund 180.000 Abonnenten. Jetzt will der Gründer Bas Tietema mit zwei Geschäftspartnern und seinem eigenen Team TDT-Unibet Rockets zur Tour de France. Der heute 29-jährige Niederländer war einst selbst auf dem Weg zum Radprofi, war Dritter beim U23-Rennen von Paris-Roubaix und fuhr in der Nationalmannschaft mit Mathieu van der Poel.

Verletzungen, Krankheiten und letztlich auch seine Einstellung verhinderten, dass er den Beruf des Rennfahrers ergriff. „Das Leben als Radprofi war mir zu eintönig. Trainieren, essen, schlafen – ich bin eher der Typ Unternehmer“, sagt Tietema. Vor sieben Jahren startete er den Youtube-Kanal und fuhr mit zwei Kumpels zur Tour de France. Die dort gedrehten Videos kommen speziell in den Niederlanden gut an. Auch bei den Radprofis ist das Trio beliebt – schließlich gaben sie in den vergangenen Jahren nach der Schlussetappe der Tour den Radprofis Gratis-Pizza aus – es entstand dabei eines von Tietemas Lieblingsvideos. In der vergangenen Saison startete Team TDT – das Kürzel steht für Tour de Tietema – erstmals als Profi-Team und war gleich beim Amstel Gold Race dabei. „Wir wollen 2027 bei der Tour de France mit unserem Team mitfahren“, sagt Tietema. Das meint er ernst.

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