Die vergangenen Erfolge genießen, die nächsten vorbereiten und zugleich die schrillsten Erwartungen der Fans etwas dämpfen – so formulierte Tadej Pogačar seine Dreifachstrategie beim ersten Trainingslager in Vorbereitung auf die neue Saison. “Für mich persönlich war es mit Sicherheit die beste Saison überhaupt, ein großartiges Jahr. Ich hatte einfach eine tolle Zeit”, blickte er beim Gespräch im Hotel Grand Luxor in Benidorm auf das von Erfolgen nur so gespickte Jahr 2024 zurück.
Er holte das Double aus Giro und Vuelta, was seit Marco Pantani 1998 niemandem mehr geglückt war. Er krönte das noch mit dem WM-Titel. Diese Art “Triple Crown of Cycling” holte 1974 Eddy Merckx und 1987 Stephen Roche, sonst niemand mehr. Der Club ist also ziemlich elitär. Pogačar war sich der Besonderheit bewusst: “Im Radsport braucht man manchmal auch das Glück auf seiner Seite. In diesem Jahr war das bei mir sicher der Fall. Ich bin wirklich dankbar, dass alles superglatt lief und ich in jedem Rennen von Anfang bis Ende in guter Form sein konnte. Viele kleine Teile passten einfach zusammen. Es war eine perfekte Saison.” Aber Pogačar wäre nicht Pogačar, wenn er fortan kleinere Brötchen backen wollte.
“Das Ziel ist, die beiden Titel bei der Tour und der WM zu verteidigen”, sagte er. Auch ein Grand-Tour-Double hat er wieder im Blick, wollte sich wegen der zum Zeitpunkt des Gesprächs noch nicht erfolgten Streckenpräsentation des Giro aber noch nicht zwischen Italien- und Spanien-Rundfahrt entscheiden. Auf diesbezügliche Fragen italienischer wie spanischer Journalisten reagierte er so freundlich wie nichtssagend. Ja, er liebe beide Rennen, fahre sie auch gern, wisse aber noch nicht, in welchem Jahr.
Ganz entschieden wirkte er hingegen beim Thema Grand-Tour-Triple. Alle drei großen Rundfahrten stehen 2025 für ihn nicht an. “Wir haben 30 Fahrer im Team, ich muss nicht alle Rennen selbst fahren”, meinte er mit einer Spur von Ironie in der Stimme. Den auf Rekorden versessenen Radsport-Fans machte er aber dennoch Hoffnung: “Ich würde es gerne versuchen, das stimmt. Aber es hat keine Priorität. Ich habe dieses Jahr herausgefunden, dass ich zwei große Rundfahrten in einem Jahr machen kann, dass das auch wirklich schön sein kann, wenn man in guter Form ist. Aber man muss seine Planung mit den Trainingslagern, den Rennen und den Ruhepausen dazwischen auch wirklich gut organisieren.”
Es bleibt also noch offen, selbst für ihn, den Überflieger des Radsports. An ein anderes Kästchen würde der Slowene aber gern ein Häkchen machen: Mailand-San Remo. “Das ist das am wenigsten vorhersehbare Rennen im Kalender und eines derer, bei denen ich mich immer wieder beweisen möchte. Dem ersten Platz komme ich langsam auch immer näher. Und das ist definitiv eines der Ziele der Saison”, erläuterte der Dritte des vergangenen Jahres.
Den Angriff auf die Classicissima bestätigte UAE-Teamboss Mauro Gianetti: “Das ist das für ihn sicher am schwersten zu gewinnende Rennen. Aber genau deshalb ist es eine wunderschöne Herausforderung für ihn”, meinte der Schweizer. Der mittlerweile in Dauerschleife vorgetragenen Frage nach Paris-Roubaix beschieden sowohl der Rennfahrer wie auch sein Arbeitgeber eine mittelfristige Absage.
“Man muss dafür eine spezielle Vorbereitung machen. Die Flandern-Rundfahrt ist schon speziell, aber Roubaix erfordert noch viel mehr Aufwand. Man muss sicher zwei bis drei Monate investieren, um mental und physisch bereit zu sein für ein solches Unternehmen. Auch die Position auf dem Rad ist eine andere”, begründete Gianetti das Verschieben eines solchen Versuchs auf später. Zunächst einmal soll Pogačar bei den Wettbewerben die Lorbeeren abgreifen, für die sein Körper in der aktuellen Verfassung am besten geeignet ist. Das bedeutet Tour de France und WM in Ruanda, eine weitere Grand Tour und auch wieder das eine oder andere Klassikermonument. Außer Paris-Roubaix, vorerst.