Johannes Rützel
· 05.08.2021
Wann muss ich mit meinem Rennrad den Radweg benutzen? Wann darf oder muss ich sogar auf der Straße fahren? TOUR klärt auf, an welche Regeln Sie sich als Rennradfahrer im Straßenverkehr in Deutschland halten müssen und welche Ausnahmen es gibt.
Grundsätzlich gilt in der StVO für Fahrradfahrer §2 Abs. 1.: “Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte.” Im Gegensatz zum KFZ-Verkehr gibt es für Fahrradfahrer von dieser Pflicht zur Fahrbahnbenutzung jedoch zahlreiche Ausnahmen. Wir haben für Sie zusammengefasst, welche Regeln in Deutschland beim Rennradfahren gelten:
Immer dann, wenn der Radweg mit einem blauen Verkehrszeichen (Schilder 237, 240 und 241, hier im Bild) gekennzeichnet ist. Das ergibt sich aus §2 Abs. 4 Satz 2 der StVO. Das Fahren auf der begleitenden Fahrbahn ist dann verboten, ohne dass dieses Verbot eigens durch ein Schild angezeigt werden muss.
Baulich angelegte Radwege, sofern sie nicht durch Zeichen 237, 240 oder 241 gekennzeichnet sind, sind nicht benutzungspflichtig. Piktogramme auf dem Boden oder touristische Radwegschilder verdeutlichen oft, dass der Weg Fahrradfahrern vorbehalten ist. Daraus ergibt sich aber keine Benutzungspflicht.
Die StVO unterscheidet nicht zwischen Hollandrädern, Mountainbikes oder Rennrädern, insofern sind alle Radfahrer vor dem Gesetz gleich - auch Rennradfahrer. Aber es gibt Ausnahmen von der Radwegbenutzungspflicht:
Laut §27 Abs. 1 StVO dürfen mehr als 15 Radfahrer einen geschlossenen Verband bilden und dann zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren.
Wenn Sie links abbiegen möchten, dürfen Sie den Radweg verlassen. Sie müssen Verkehr, der die Kreuzung gerade überquert, durchfahren lassen, um sich auf der Fahrbahn links einzuordnen oder einen eigenen Linksabbiegestreifen zu nutzen. Beachten Sie gegebenenfalls die für den Linksabbiegestreifen geltende Ampel.
Wenn der Radweg faktisch unbenutzbar ist - auch für Rennradfahrer -, das heißt, dass eine gefahrlose Teilnahme am Verkehr aufgrund der Radwegbeschaffenheit nicht mehr möglich ist, müssen Sie auf der Fahrbahn fahren - das Ausweichen auf den Gehweg ist verboten.
Ist erkennbar, dass die Befahrung aufgrund des schlechten Zustands des Weges Sachschaden oder Personenschaden verursachen könnte, müssen Sie Ihre Fahrweise in jedem Fall anpassen - auch als Rennradfahrer. Beachten Sie, dass Ihre Entscheidung, nicht auf dem Radweg zu fahren, im Falle eines Rechtsstreits individuell vor Gericht bewertet werden muss. Der Ausgang ist dabei nicht vorhersehbar - teilweise werten Gerichte es als zumutbar, mit Schrittgeschwindigkeit weiter auf dem Radweg zu fahren.
Falls vorhanden, müssen Sie sich an die Lichtzeichen für den Fahrradverkehr halten. Dabei kann es sich entweder um eine eigene Fahrradampel handeln oder um ein Kombisignal. Ausschlaggebend ist das Fahrradpiktogramm in der Leuchtfläche der Ampel.
Ist keine eigene Ampel für den Fahrradverkehr vorhanden, müssen Sie sich nach der Ampel für den KFZ-Verkehr richten - auch wenn Sie neben der Fahrbahn auf dem Radweg fahren, das gilt auch für Rennradfahrer. Eine Haltelinie auf dem Radweg verdeutlicht, dass Sie bei Rotlicht für den KFZ-Verkehr auf dem Radweg ebenfalls anhalten müssen.
Vorsicht an Kreuzungen! Bis zum 31. Dezember 2016 galt für Radfahrende die Fußgängerampel. Die Änderung dieser Regel ist vielen KFZ-Führern unbekannt - rote Fußgängerampeln werden häufig als “Freibrief” für das schnelle Rechtsabbiegen ohne Schulterblick missbraucht. Sie sollten als Rennradfahrer daher stets damit rechnen, dass Ihnen in so einem Fall die Vorfahrt genommen wird.
Wenn die Vorfahrt nicht durch Lichtzeichen, Vorfahrtsschilder oder Haifischzähne (Zeichen 342, Anlage 3 der StVO) geregelt ist, gilt “rechts vor links”. Besonders wenn sich die Wege in ihrer Oberflächenbeschaffenheit unterscheiden, sollten Sie nur vorsichtig in die Kreuzung einfahren. Wenn Sie von einem Wald- oder Wirtschaftsweg kommen, müssen Sie in jedem Fall Vorfahrt achten.
Beschilderten Radweg nicht benutzt: 20 Euro mit Behinderung, 25 Euro mit Gefährdung 30 Euro mit Unfall oder Sachbeschädigung 35 Euro
Radfahren auf dem Gehweg: 10 Euro mit Behinderung, 15 Euro mit Gefährdung, 20 Euro mit Unfallfolge, 25 Euro Fahren über eine rote Ampel, 60 Euro und 1 Punkt mit Gefährdung, 100 Euro und 1 Punkt mit Unfall, 120 Euro und 1 Punkt Fahren über eine rote Ampel, die länger als eine Sekunde rot war, 100 Euro und 1 Punkt mit Gefährdung, 160 Euro und 1 Punkt mit Unfall, 180 Euro und 1 Punkt.
Punkte in der Verkehrssünderkartei des Kraftfahrbundesamtes können Kinder ab 12 Jahren sammeln. Ein eingetragener Punkt, zum Beispiel nach einer Rotlichfahrt, verjährt nach 2,5 Jahren. Wenn Sie acht Punkte gesammelt haben, wird der Füherschein entzogen. Haben Sie keinen Führerschein, aber “Punkte in Flensburg”, kann es schwieriger werden, eine Fahrerlaubnis für KFZ erteilt zu bekommen.
Jüngste Änderungen der StVO schufen für Radfahrer in wichtigen Bereichen Rechtssicherheit:
In Paragraf 1 der StVO steht: “Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.” Denken Sie daran, wenn Sie sich in unklaren Situationen wie auf Radwegen außerorts und an Kreisverkehren befinden oder das Befahren eines unbeschilderten Radweges in Erwägung ziehen.
Seien Sie sich bewusst, dass Sie als Rennradfahrer als besonders schneller (und oft routinierter) Verkehrsteilnehmer auch ein hohe Verantwortung tragen. Insbesondere Kinder, alte oder körperlich eingeschränkte Personen können Ihre Geschwindigkeit möglicherweise nicht richtig einschätzen. Fahren Sie daher vorsichtig und vorausschauend, benutzen Sie bei Mischverkehr eine Klingel und zeigen Sie Richtungswechsel per Handzeichen frühzeitig an, damit Ihre Fahrlinie für andere Verkehrsteilnehmer berechenbar ist.
Quellen und Links:
Straßenverkehrsordnung (StVO)