Die Wartungsmoral deutscher Fahrradbesitzer verschlechtert sich kontinuierlich. Eine aktuelle Befragung von Dekra und dem Marktforschungsinstitut Ipsos zeigt einen besorgniserregenden Trend: 68 Prozent aller Fahrradbesitzer verzichten auf regelmäßige professionelle Wartung. Im Vorjahr lag dieser Anteil noch bei 62 Prozent.
Die Bindung zu Fachbetrieben schwächelt ebenfalls. Während 2024 noch 43 Prozent der Befragten eine bevorzugte Werkstatt aufsuchten, sind es 2025 nur noch 37 Prozent. Zwei Drittel aller Fahrradbesitzer haben keine feste Anlaufstelle für Reparaturen und Wartung. Diese Entwicklung bereitet Sicherheitsexperten Sorgen, da moderne Fahrräder - insbesondere E-Bikes - deutlich komplexer geworden sind.
Unter den Fahrradbesitzern, die auf professionelle Wartung verzichten, führen 38 Prozent Reparaturen selbst durch. Fast ein Viertel (23 Prozent) sieht keinen Bedarf für regelmäßige Checks. Für 12 Prozent der Befragten ist der professionelle Service schlicht zu teuer. Diese Sparsamkeit kann jedoch gefährliche Folgen haben.
"Für die sichere Fahrt ist es wichtig, dass das Fahrrad in einem technisch guten Zustand ist", erklärt Peter Rücker, Leiter der Dekra Unfallforschung. Die zunehmende Verbreitung von Pedelecs verstärkt das Problem. E-Bikes erreichen höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten und verfügen über komplexe elektronische Systeme, die regelmäßige Fachkontrolle benötigen. Rücker warnt eindringlich: "Was den Service angeht, sollte man aus unserer Sicht nicht an der falschen Stelle sparen."
Die Erwartungen an Fahrradfachbetriebe haben sich gewandelt. 41 Prozent der Befragten wünschen sich professionelle Beratung im Schadenfall als wichtigste Dienstleistung. E-Bike-Kompetenz und Online-Terminvereinbarung folgen mit jeweils 31 Prozent auf den nachfolgenden Plätzen.
Ein Viertel der Fahrradbesitzer (26 Prozent) erwartet Ersatzmobilität während der Reparaturzeit. Attraktive Leasing- oder Finanzierungsangebote sind für 18 Prozent relevant. Besonders interessant: 27 Prozent wünschen sich eine komplette Schadenabwicklung durch den Fachbetrieb. Allerdings bieten nur 17 Prozent der bevorzugten Werkstätten diesen Service bereits an - eine deutliche Lücke zwischen Nachfrage und Angebot.
"Die Nachfrage nach unabhängigen Schadengutachten für Fahrräder steigt seit einigen Jahren spürbar an", berichtet Marcel Ott, Leiter Schadengutachten bei der Dekra Automobil GmbH. Der Grund liegt in den gestiegenen Anschaffungskosten moderner Fahrräder. E-Bikes kosten oft mehrere tausend Euro, was professionelle Schadensbewertung wirtschaftlich sinnvoll macht.
Dekra hat auf diese Entwicklung reagiert und flächendeckend Kapazitäten aufgebaut. In allen 74 deutschen Niederlassungen stehen speziell ausgebildete Fahrrad-Sachverständige bereit. Diese Experten bewerten Schäden an konventionellen Fahrrädern und E-Bikes nach einheitlichen Standards. Die Gutachten helfen bei Versicherungsfällen und Gewährleistungsansprüchen.
Für die repräsentative Online-Studie befragte Ipsos im Auftrag von Dekra im September 2025 insgesamt 1.000 Fahrradbesitzerinnen und -besitzer in Deutschland. Die Befragung erfasste sowohl Nutzer konventioneller Fahrräder als auch E-Bike-Fahrer. Die Ergebnisse zeigen einen klaren Trend zur Serviceverweigerung, der sich über mehrere Jahre entwickelt hat.
Die Studie unterstreicht die wachsende Kluft zwischen technischer Komplexität moderner Fahrräder und der Bereitschaft zur professionellen Wartung. Während E-Bikes immer ausgefeilter werden, sinkt paradoxerweise die Nutzung fachkundiger Services. Diese Entwicklung birgt erhebliche Sicherheitsrisiken für alle Verkehrsteilnehmer.