Gepäcktransport auf Reisen

Unbekannt

 · 14.10.2004

Gepäcktransport auf ReisenFoto: Jan Greune

Das Rennrad als Reiserad? Na klar! Wer dem Alltag auf schmalen Reifen für einige Tage entfliehen will, braucht keine großen Packtaschen. Die wenigen wirklich wichtigen Dinge lassen sich im Zeitalter von Kreditkarte und Funktionskleidung auch anders verstauen. Gewicht: 316 Gramm (inklusive Halter); 35 Euro. Relativ große Satteltasche mit wasserdichtem Rollverschluss

Rucksäcke

Bei wenig Gepäck ist ein Rucksack die naheliegendste Transportlösung. Hauptvorteil: Kein Umbau am Rad. Größtes Problem: Wegen der flachen Sitzhaltung auf dem Rennrad liegt der Rucksack nicht optimal am Rücken; Bauchgurte helfen auch nicht weiter und behindern die Atmung. Selbst bei guten Tragesystemen ist das Trikot am Rücken schnell nass. Erfahrungswert: Bis zu fünf Kilo Gesamtgewicht sind kleine, leichte Rucksäcke auch auf längeren Strecken noch erträglich.

Deuter Race X:
Stauvolumen: 14 Liter; Gewicht: 560 Gramm; 40 Euro. Leichter Rucksack mit Trägern aus luftigem Netzmaterial, integriertem Windschutz und optionaler
Trinkblase.

Ortlieb S-Cape:
Stauvolumen: 25 Liter; Gewicht: 977 Gramm; 130 Euro.
Etwas schwerer, dafür mehr Volumen und wasserdicht. Mit integriertem Helmhalter.

Vaude Flash Light 18:
Stauvolumen: 18 Liter; Gewicht: 461 Gramm; 50 Euro. Ultraleichter Rucksack mit integriertem
Helmhalter. Hält besser duch leicht verstellbaren Brustgurt.

Weniger ist mehr – das gilt besonders fürs Gepäck am Rennrad. Schon die Begriffe „Rennrad“ und „Gepäck“ wollen nicht recht zusammenpassen. Schließlich verzichten Rennradler nicht umsonst auf alles, was ihre Fortbewegung bremst. Gepäckträger, Schutzbleche, Seitenständer? Überflüssiger Ballast, der die Leichtigkeit des Rennradfahrens behindert – fort damit!

AUF UND DAVON
Andererseits: Gerade weil das Rennrad so leicht rollt, ist es das ideale Vehikel für kleine Fluchten aus dem Alltag. Am verlängerten Wochenende von Hamburg in den Harz oder von München über die Alpen nach Mailand – mit dem Rennrad wird daraus bei halbwegs guter Kondition ein Kurzurlaub mit Langzeitwirkung.

In der Schwierigkeit, das nötige Kleingepäck für eine Mehrtagestour mit Hotelübernachtung unterzubringen, liegt auch ein Reiz: sich zu beschränken. Das bedeutet, gründlich über jedes Ausrüstungsdetail nachzudenken. Viel kommt da außer Kleingeld und Kreditkarte nicht zusammen: Kleidung für jedes Wetter, ein Notfall-Set für Pannen und kleinere Verletzungen, zivile Kleider fürs Restaurant am Abend, eine Zahnbürste. Alles weitere kann zu Hause bleiben, schließlich leben wir in Mitteleuropa. Spielt das Wetter wirklich mal nicht mit, ist der nächste Bahnhof sicher nicht weit. Das Schlimmste, was dann droht, ist ein Regionalzug, in dem die Rückreise länger dauert als die Hinfahrt mit dem Rad.

Intelligent zusammengestellt, muss eine Minimalausrüstung für radelnde Kurzurlauber nicht mehr als zwei Kilo wiegen. Erste Optimierungs-Maßnahme: Die gewohnten Rennradschuhe bleiben zu Hause, statt dessen kommen Mountainbike-Schuhe mit Laufsohle und passendem Pedalsystem ans Rad. So spart man sich ein zweites Paar Schuhe und zwischen 500 bis 1.000 Gramm Gewicht. Funktionale Nachteile: Keine. Viele Mountainbike-Schuhe ähneln im Aufbau bis auf die Sohle Rennradmodellen und fahren sich auch sehr ähnlich.

KLEIDUNGS-TUNING
Eine winddichte, wasserabweisende Jacke, Arm- und Knielinge – mit diesen wenigen Accessoires, kombiniert mit Trikot, Funktionsunterhemd und Radhose, ist man sowohl für kühle zehn Grad gerüstet als auch für hochsommerliche Temperaturen. In den Bergen, im Frühjahr oder Herbst kommen noch Überschuhe, Mütze und lange Handschuhe hinzu. Dann führt auch ein kurzfristiger Kälteeinbruch nicht gleich dazu, den Ausflug abbrechen zu müssen. Wer darüber hinaus abends in der Hotel-Lobby einen halbwegs gepflegten Eindruck hinterlassen will, braucht außerdem ein ziviles Outfit. Eine dünne Fleece-Jacke, ein leichtes Hemd samt leichter Trekkinghose aus Microfaser, dazu Unterwäsche – schon gehen Held und Heldin der Landstraße als (fast) normale Handlungsreisende durch. Dazu noch das Nötigste aus dem Kulturbeutel, der am besten zu Hause bleibt. Shampoo, Dusch-Gel und Föhn gehören in den meisten Hotels zum Service, Handtücher sowieso.
Für alle Fälle: Radelnde Kurzurlauber brauchen weder Abendgarderobe noch polartaugliches Touren-Equipment. Eine funktionale Minimalausrüstung muss nicht viel wiegen. Wir empfehlen: Hose aus leichter Microfaser (280 Gramm), Wind- und Regenjacke (320 Gramm), dünne Fleece-Jacke (300 Gramm), Oberschuhe (250 Gramm), Arm- und Knielinge (70 Gramm/120 Gramm), Mountainbike-Schuhe (800 Gramm). Dazu kommen noch: eine zweite Rad-Garnitur, Baumwoll-T-Shirt, Unterhose, Socken, Hygiene-Artikel und Pannenausrüstung, Multifunktionstuch (als Kopf- oder Halstuch verwendbar; 30 Gramm).

Händlernachweise:
Deuter, Telefon 0821/4987327, www.deuter.com
Ortlieb, Telefon 09872/8000, www.ortlieb.de
Topeak über RTI-Sports, Telefon 02630/95520, www.rtisports.de
Tubus, Telefon 0251/7619688, www.tubus.net
Vaude, Telefon 07542/53060; www.vaude.de

SACK & PACK
Bleibt noch die Frage, wie das Hab und Gut transportiert werden soll. Es gibt vor allem vier Möglichkeiten, jeweils mit Vor- und Nachteilen: Rucksack, klassischer Gepäckträger mit Packtaschen, Sattelstützen- Gepäckträger oder eine geräumige Satteltasche. Eine fünfte Möglichkeit ist die gute, alte Lenkertasche, die aber nur selten an moderne Rennräder passt. Die Taschen-Adapter gibt es nicht für die Durchmesser von Oversized-Lenkern; außerdem beanspruchen Lenkertaschen den Raum, den die Schaltzüge von Shimano-STI-Brems-Schalthebeln einnehmen. Ansonsten sind Lenkertaschen jedoch praktisch – man kommt sogar während der Fahrt an Portemonnaie oder Proviant. Und: Lenkertaschen haben im Deckel häufig ein Fach für Landkarten.

MEHR IST DOCH MEHR
Gemeinsam ist allen Transportvarianten ein Nachteil: Sie entsprechen nicht gerade dem Schönheitsideal vom puren, auf das Wesentliche reduzierten Rennrad. Wer sich darüber nicht hinwegsetzen kann, verzichtet allerdings auf ein einmaliges Erlebnis. Der Erholungswert einer Mehrtages-Tour mit dem Rennrad ist kaum zu toppen. Zurückbauen kann man das gute Stück hinterher immer noch.