Dass mir nach mehr als 15 Jahren als Redakteur bei TOUR noch eine unbekannte Spielart des Radfahrens über den Weg läuft, hätte ich nicht für möglich gehalten. Entsprechend groß war die Verwirrung, als ich vor der Rahmenbaumesse Bespoked in Dresden das Ausstellerverzeichnis studierte: „Tracklocross-Bikes“ sollen eine Spezialität eines Ausstellers namens Ballern Cycle Works sein. Da es keine Bilder dazu gab, versuchte meine Fantasie, sich einen Reim darauf zu machen. Tracklocross? Was soll das sein? Rennen in einem Oval auf Schlamm mit Hindernissen? Oder sich mit einem starren Gang und ohne Bremsen durch schweres Gelände quälen? Beides schien mir unmöglich, bis ich auf der Messe das stahlgewordene Ergebnis der Wortschöpfung bewundern durfte. Tatsächlich stand da ein Rad mit Stollenreifen, aber ohne Bremsen. Mit Gepäckträgern und Packtaschen, aber ohne Gangschaltung. Unvernunft in Reinform sozusagen.
Für Schöpfer Bennet Janz dagegen ein Traumrad: „Es vereint die beiden schönsten Arten, Rad zu fahren, die es gibt. Zum einen das puristische Gefühl des Bahnrades, bei der jede Bewegung intuitiv stattfindet, und zum anderen Cyclocross und Gravel, fernab von lauten Straßen und mitten in der Natur.“ Dass man für berauschende Raderlebnisse auch leidensfähig sein muss, ist mir zwar bewusst, aber so? Bergauf ohne Schaltung, bergab ohne Bremsen? Janz sagt: „Mir gefällt am meisten, dass selbst anspruchslosere Touren an Spaß gewinnen, wenn man weiß, dass man nur mit dem Hinterrad bremsen kann, was einen deutlich öfter ans Limit bringt und oft darüber hinaus.“ Nun ja, für mich gleich noch eine Premiere: Es ist die erste Raddisziplin, die ich eigentlich nicht ausprobieren möchte.
„Reifen ist Reifen“, dachte ich lange Zeit. Doch seit man als Rennradler in die Breite gehen darf – zumindest was die Reifen angeht –, weiß sogar ich, dass die Gummis einen riesigen Unterschied im Fahrgefühl ausmachen. Den bekannten Komfortgewinn durch breitere Pneus toppen für mein Gefühl noch mal die Turbo Cotton von Specialized. Ich bin „in love“!
Himmlisch weich und leicht fühlt sich das Rollen damit an – ohne schwammig zu wirken. Auch in Schräglage habe ich immer das Gefühl, satt und sicher mit der Straße in Kontakt zu sein. Und rein optisch macht die helle Baumwollflanke jedes Rad zum Hingucker. Genau mein Ding … Dass der Pannenschutz laut TOUR-Test dabei nicht so besonders gut sein soll, lässt mich kaum an meiner Begeisterung zweifeln. Liegt vielleicht auch daran, dass ich persönlich das Gefühl habe, sowieso sehr oft das Opfer von Reifenpannen zu sein.
Irgendwie habe ich das Talent, immer dann alleine zu Touren aufzubrechen, wenn ein strammer Wind bläst – zumeist von vorne. Da schaue ich dann neidvoll zu den Rennradlern rüber, die cool genug sind, um die Unterarme lässig auf dem Oberlenker abzulegen und tief geduckt an mir vorbeizuziehen. Mir war diese Haltung immer zu wackelig und zu unsicher. Dann landete eines Tages der Lenkeraufsatz „Aero Bolt-On“ der australischen Marke Farr in der Redaktion.
Der Aufsatz besteht aus einem kleinen Rohrbogen, der mit zwei Schellen an Lenkern mit 31,8 Millimeter Durchmesser montiert wird. Er bietet eine enge Griffposition etwa auf Höhe der Bremsgriffe. Mein kleiner Garmin Edge 130 passt gerade noch so dazwischen. Die Position ist angenehm und erstaunlich ergonomisch; Handschuhe vorausgesetzt, denn ohne wird’s im Sommer schweißrutschig und im Winter eiskalt. Das Teil wiegt vertretbare 113 Gramm. In der gemäßigten Aeroposition kann ich lange Zeit verbleiben, ohne Rückenschmerzen und Nackenverspannungen. Dabei habe ich das Rad jederzeit gut unter Kontrolle.
Der Blick auf die Wattmessung der Kurbel für ein paar Sekunden reicht natürlich nicht für eine belastbare Aussage, aber gefühlt sinkt der Wattverbrauch, um das Tempo im Vergleich zur Bremsgriffposition über 30 km/h zu halten. Den Aeroaufsatz gibt’s über den Onlineshop des Herstellers ab 95 US-Dollar (aktuell rund 89 Euro, www.ridefarr.com), allerdings reist das Teil dann gegen heftige Versandgebühren um die halbe Welt. Tipp: Die höherwertige Carbonversion findet man aktuell für 95 Euro bei r2-bike.com in Dresden.
Nichts nervt mich an Podcasts mehr als endloses, belangloses Geschwafel. Wenn es nach der „Hey, Leute“-Begrüßung Ewigkeiten dauert, bis es wirklich inhaltlich losgeht, komme ich mir vor wie bei einer RTF, bei der man ewig nicht startet und dann erst mal auf den Radweg entlang der Bundesstraße abbiegt. Der „Sportschau-Tourfunk“-Podcast ist ganz anders: Der scharfe Start erfolgt gleich zu Beginn. Jede einzelne Minute ist hörenswert, und das liegt am Sachverstand der ARD-Moderatoren und Gäste. Moritz Cassalette, Holger Gerska und auch gelegentlich Florian Naß, Michael Ostermann und Fabian Wegmann bringen ihren geballten Radsport-Sachverstand ein.
Das führt auch dazu, dass sich die Gäste öffnen und erstaunlich detaillierte Einblicke geben. Bestes Beispiel sind die Auftritte von Bora-Teamchef Ralph Denk. Nirgendwo sonst hat er so offen seine vergangenen Deals und zukünftige Pläne erklärt. Der „Tourfunk-Podcast“ meldet sich nur, wenn es inhaltlich sinnvoll ist – deshalb liegen zwischen den einzelnen Folgen teils große Abstände. Dieser Podcast ist Rennsport pur – wer nur Entspannung sucht, findet genügend langsame „RTF-Podcasts“, um die Pausen zu überbrücken.
Es ist ja nicht so, dass ich trotz fortgeschrittenen Alters nicht an der Digitalfront aktiv wäre. Ich zeichne meine Touren mit Strava auf, weiß, was eine Heatmap ist, lasse mir von Komoot Touren empfehlen oder plane selbst welche mit Outdooractive. Neulich aber ging mir das Hin- und Hergeschiebe des Kartenausschnitts auf dem Monitor irgendwie auf die Nerven. Immer genau der Pass oder die Straße, die ich sehen will, führt aus dem Bild. Schiebe ich den Ausschnitt weiter, ist der Anschluss weg. Zoome ich kleiner, werden die Beschriftungen nicht mehr angezeigt, zoome ich größer, weiß man überhaupt nicht mehr, wo was liegt. Nervig. Gibt’s da nichts Besseres? Doch, gibt’s.
Ich habe mir jetzt wieder eine gedruckte Landkarte der Alpenregion gekauft. Die ist zwar so groß, dass ich den Esstisch abräumen muss, um sie auszubreiten, aber es gibt doch nichts Schöneres, als über die Karte gebeugt und mit dem Finger auf der farbigen Linie dem Traum der nächsten wunderschönen Pässetour nachzuspüren!
Dinge zu pflegen und lange zu nutzen, war und ist aus Gründen der Nachhaltigkeit und Sparsamkeit immer eine gute Idee. Entsprechend pfleglich behandle ich meine Bontrager-XXX Road-Langzeittreter, die mich bei unzähligen Kurbelumdrehungen seit mittlerweile sieben Jahren begleiten. Bontragers Top-Modell mit Carbonsohle und zwei Boa-Verschlüssen war einer von insgesamt 40 Kandidaten beim Schuhtest in TOUR 7/2016 und kostete damals 350 Euro. Ein Indiz für seine Testteilnahme ist die kleine Bohrung im Fersenbereich der Carbonsohle, in der das Gewicht für die Steifigkeitsmessung fixiert wurde. Aufgrund dieses Makels wollte Bontrager den Schuh nach dem Test nicht zurück und überließ ihn mir als „Dauertester“.
Seither steige ich immer wieder gerne in die roten Bontrager mit der breiten Zehenbox, der stabilen Fußgewölbeunterstützung und dem perfekten Fersenhalt. Im Vergleich zu weißen Rennradschuhen, die mit den Jahren im Sonnenlicht oft ausbleichen – egal welches Fabrikat –, strahlt das Rot von diesem Schuh noch frisch und kräftig. Experten erkennen am Klettriemen, dass es sich um ein älteres Modell handelt; beim aktuellen Nachfolger und Top-Modell verzichtet Bontrager auf die Zurrhilfe, die ich in sieben Jahren übrigens nur einmal eingestellt habe und seither nicht mehr.
Meine Leidenschaft für schöne Kochbücher ist groß, ich blättere immer wieder gerne darin und lasse mich inspirieren. Meine Entdeckung ist das Grand-Tour-Kochbuch von Hannah Grant. Es sind köstliche Rezepte darin, welche man einfach nachkochen kann. Burger-Buns und Tortilla-Pfannkuchen zum Beispiel sind im Handumdrehen selbst gemacht. Mir gefällt die Aufmachung, jedes Rezept hat eine Doppelseite mit einem schönen großen Foto, Dauer der Zubereitung und Schwierigkeitsgrad. Zum Lesen gibt es auch genug, im Buch verteilt sind Interviews mit aktiven und ehemaligen Radprofis, welche Einblicke in ihre Ernährung geben.
Das Buch ist aber auch für all jene lesenswert, die die Tour de France und den Radsport lieben. Hannah Grant ist eine erfahrene Profiköchin und war die erste überhaupt im Profiradsport. Die Rezepte basieren auf ihrer Ernährungsphilosophie für große Etappenrennen, sind aber auch für die ganze Familie geeignet.
Als Testredakteur kommt man nicht nur in den Luxus, viele topaktuelle Rennräder oder Gravelbikes zu testen. Auch Zubehörprodukte wie Helme, Schuhe oder Brillen wollen in der Praxis auf Passform und Funktionalität geprüft werden. Beim „Nasenfahrrad“ greife ich immer wieder auf ein Modell zurück, das seit zig Jahren in der Kiste liegt: die POC Crave.
Die Sonnenbrille des schwedischen Herstellers ist praktisch unkaputtbar. Von kleineren Abnutzungsspuren abgesehen, entstanden aus Unachtsamkeit oder Stürzen, passt sie fast wie am ersten Tag. Gemessen an aktuellen Modellen, die mit riesigen Scheiben an Skibrillen erinnern, trägt die POC zudem nicht dick auf. Man muss ja nicht jede Mode mitmachen! Die Schutzfunktion ist gut, sowohl vor gleißendem Sonnenlicht als auch Fahrtwind. Für mich als Kontaktlinsenträger wären tränende Augen ein absolutes No-Go. Der größte Vorteil der Crave sind allerdings die Wechselgläser von Carl Zeiss. Die Scheiben sind mit zwei Handgriffen gewechselt und verhelfen in der getönten oder klaren Version bei jeder Witterung und zu jeder Uhrzeit für Durchblick.