Bikepacking verwandelt jede Radtour in ein aufregendes Abenteuer mit minimalem Gepäck. Anstatt schwerer Satteltaschen wird die Ausrüstung - Zelt, Schlafsack, Kleidung und Verpflegung - in speziellen Taschen am Rahmen, Sattel und Lenker befestigt. Der Reiz liegt in der absoluten Freiheit, die Bikepacking bietet. Es ermöglicht Unabhängigkeit und Flexibilität auf zwei Rädern. Im Gegensatz zu Zug- oder Autofahrten, bei denen die Natur schnell vorbeizieht, ist sie beim Bikepacking Teil des gesamten Reiseerlebnisses.
Bevor man in die Welt des Bikepackings eintaucht, sollte man sich eine wichtige Frage stellen: Was ist mein Antrieb? Ist es die Geschwindigkeit auf dem Asphalt oder ziehen mich eher die unberührten Pfade abseits der ausgetretenen Wege an? Die Antwort auf diese Frage bestimmt, welches Fahrrad am besten zu den eigenen Bedürfnissen passt. Sara Hallbauer, eine professionelle Bikepacking-Rennfahrerin, erklärt: “Für Fahrten auf Asphalt verlasse ich mich auf mein Rennrad, für Schotterwege nutze ich mein Gravelbike und für anspruchsvolles Gelände greife ich zum Mountainbike.” Am Anfang ist es jedoch nicht notwendig, sich zu sehr unter Druck zu setzen - oft reicht das Fahrrad aus, das man bereits besitzt. Der Trend unter Bikepackern geht hin zum Gravelbike als Allrounder. Es ist jedoch wichtig darauf zu achten, dass das gewählte Reifenprofil nicht zu dünn ist und bei Routen mit technisch schwierigen Abschnitten eher ein Mountainbike bevorzugt werden sollte.
Laut Hallbauer hängt es immer von der Schlafstrategie ab, welche Dinge man mitnimmt. Wenn man in einem Hotel übernachtet, kann man natürlich auf das Zeltequipment verzichten. Hallbauers ultraleichtes Zelt passt zusammen mit den Regenklamotten in die Lenkertasche. Für die Nacht trägt sie normalerweise ein Longsleeve-Shirt, eine Hose, warme Socken und eine Mütze. All diese Kleidungsstücke werden zusammen mit einer warmen Daunenjacke, einem Erste-Hilfe-Set und einem Schlafsack in die Satteltasche gepackt. In der Oberrohrtasche finden Riegel und Elektronik Platz, zum Beispiel eine Powerbank. Schwere Gegenstände wie Essen, Werkzeug und der Wassertank werden in der Rahmentasche verstaut. “Durch diese Anordnung verlagert sich der Schwerpunkt des Fahrrads nach unten und zur Mitte hin. So ist man bestens für Offroad-Strecken gerüstet”, erklärt Hallbauer.
Sara Hallbauer entdeckte das Bikepacking auf ungewöhnliche Weise. Ursprünglich war sie eine begeisterte Sportlerin und liebte das Reiten, Bergsteigen und Skifahren. Doch nachdem ihr geliebtes Pferd eingeschläfert werden musste und sie sich bei einer Ski-Tour den Knöchel brach, musste sie nach einer neuen Aktivität suchen. Ihr Arzt empfahl ihr das Radfahren zur Genesung und Sara verliebte sich sofort in diese Sportart.
Sie beschloss bald darauf, längere Touren mit dem Fahrrad zu unternehmen. Im Jahr 2020 nahm sie an der Bikepacking Transgermany Tour teil - einer Tour, die vom Rhein bis zum Kap Arkona führt und Deutschland durchquert. Seitdem hat Sara an vielen offiziellen Bikepacking-Rennen teilgenommen, darunter dem Transcontinental Race, Northcape 4000 und Race across France.
Auch privat macht sie gerne Fahrradurlaube, allerdings in einem gemütlicheren Tempo als bei den Rennen. Auf ihrem Blog bikepackers.de berichtet Sara regelmäßig über ihre jüngsten Bikepacking-Abenteuer.
Für deine erste Bikepacking-Tour ist es ratsam, keine allzu lange Strecke zu wählen. Je nach deinem sportlichen Level reichen 60-100 Kilometer an einem Tag aus. Es ist eine gute Idee, zu Beginn Freunde und Familie zu besuchen und erst nach und nach längere Routen zu planen. Keine Sorge, Bikepacken ist nichts anderes als Fahrradfahren - jeder kann es machen! Wenn du deine erste Tour mit dem Mountainbike planst, kannst du deine Downhill-Fähigkeiten bei DAV-Technikkursen auffrischen.
Ein wichtiger Schritt beim Bikepacking ist die Planung und Buchung eines Termins im Kalender, um sicherzustellen, dass man auch wirklich losfahren kann. Laut Hallbauer sollte man sich nicht vom Regen abschrecken lassen, da Bikepacking auch bei schlechtem Wetter Spaß machen kann. Sie empfiehlt die Nutzung des Meteo Blue Wetterradars, um beispielsweise Pausen während Regenschauern einzulegen.
Wenn man längere Radtouren unternimmt, ist es wichtig, grundlegende Reparaturkenntnisse zu haben. Das Flicken von Schläuchen und Reifen ist das A und O - sonst könnte die Radtour schnell vorbei sein. Hallbauer empfiehlt daher, ein Werkzeug-Set, Flickzeug, eine Luftpumpe, einen Ersatzschlauch und mindestens drei Reifenheber einzupacken.
Beim Fahrradfahren kann man leicht die Zeit vergessen. Doch es ist wichtig, genug Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Außerdem sollte man hin und wieder einen Energieriegel snacken, um genügend Energie beim Bikepacking zu haben.
Laut Hallbauer ist der Begriff Wildcamping oft mit romantischen Vorstellungen von einem Zelt in der Natur verbunden. Allerdings stellt dies ein großes Problem für den Natur- und Wildschutz dar. In Deutschland ist Wildcamping daher nicht gestattet. Es wird empfohlen, einen Privatgrund zu suchen, auf dem das Aufstellen eines Zeltes legal erlaubt ist, oder auf einem Campingplatz zu übernachten.
Wenn Sie nicht mit dem Fahrrad nach Hause fahren können, sollten Sie sich frühzeitig um einen Platz im Zug kümmern. Im Sommer sind Fahrradstellplätze knapp. Ein Trick von Hallbauer ist es, eine zusammenfaltbare Fahrradtasche an ihren Zielort schicken zu lassen. Sie nimmt das Vorderrad ab, legt den Lenker um und packt das Rad in die Tasche. Auf diese Weise wird es als Gepäckstück angesehen und ist weniger sperrig, erklärt die Expertin. Alternativ bieten einige Orte auch Bikeshuttles an, zum Beispiel am Gardasee. Der Bus bringt Radfahrer und ihre Räder sicher zurück nach Hause. Auch Flixbus hat sich für Hallbauer als gute Option für die Heimreise erwiesen.
Mit ihrer reichen Erfahrung aus vielen gefahrenen Routen hat Bikepacking-Profi Sara Hallbauer zwei maßgeschneiderte Strecken für uns kuratiert.
Die beliebte Klassiker-Route erstreckt sich vom Isarursprung bis nach Bad Tölz und hat eine Länge von etwa 80,5 Kilometern. Wenn man Lust auf eine längere Strecke hat, kann man die Tour bereits in München beginnen und somit die Route erweitern. Es empfiehlt sich, je nach persönlicher Kondition, am Zielort eine Übernachtung einzuplanen, um am nächsten Tag gestärkt den Rückweg antreten zu können.
Die “Tour Royal” startet am Königsschloss in Hohenschwangau bei Füssen und führt entlang des Tegernsees und des Chiemsees bis zum Königssee in Schönau. Diese Route kann in drei Tagesetappen mit jeweils etwa 100 Kilometern zurückgelegt werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Tour nichts für unerfahrene Radfahrer ist. Eine gute Kondition und Willenskraft sind hier gefragt.
Sara Hallbauer hat ihre schönsten Strecken auf komoot zusammengestellt: https://www.komoot.com/de-de/collection/2015167/saras-schoenste-schotterstrecken-graveln-im-toelzer-land
Ralf Reins von der e-motion experts GmbH klärt über die wichtigsten Fragen zur Bikepacking-Tour mit dem E-Bike auf.
Was sind die Vorteile für Bikepacking mit dem E-Bike?
Ralf Reins: E-Bikes reduzieren den Kraftaufwand und vergrößern die Fahrdistanz. Insbesondere älteren Fahrern und Bikepacking-Startern kommt das zugute. Zudem kann die Packliste beim Bikepacking mit dem E-Bike großzügiger ausfallen, da der Motor die höhere Zuladung abfängt. Aufgepasst: Möchte man die E-Bike Tour mit einer Bahnfahrt kombinieren, sollte man auf das Gewicht des E-Bikes achten.
Welches E-Bike bietet sich an?
Vor allem Trekking- und SUV-E-Bikes sind meist auf die Anforderungen von Bikepacking ausgelegt. Neben den klassischen Modellen gibt es viele weitere Systeme, die sich fürs Bikepacking eignen: Kompakte bzw. Light-E-Bikes sind besonders praktisch im Handling, Full-Power-E-Bikes entfalten eine ordentliche Portion an Kraft. Ganz egal, welches E-Bike Sie wählen: In jedem Fall raten wir dazu, das E-Bike bei einer Probefahrt selbst zu testen.
Wie verwalte ich die Akkulaufzeit effektiv auf längeren Bikepacking-Touren?
Hochwertige Motorensysteme zeigen im Display die Restreichweite in der jeweiligen Unterstützungsstufe an. Um möglichst effizient ans Ziel zu kommen, kann man die unterschiedlichen Stufen des Motors clever und vorausschauend nutzen: Den Eco-Modus für flache Strecken und den Turbo-Modus für steile Passagen. Ganz moderne Systeme verfügen sogar über einen Automatikmodus.