Weltweit sorgt die unberechenbare Handelspolitik unter Donald Trump für Sorgenfalten. Im Moment steht für Trump der Konflikt mit China im Mittelpunkt - vorerst hat er andere Zoll-Erhöhungen ausgesetzt. Beim Handelsvolumen ist die Fahrradbranche global gesehen nicht von großer Bedeutung, aber auch sie würde unter steigenden Importabgaben leiden. Branchenvertreter in den USA befürchten als Folge höherer Importzölle steigende Kosten, Arbeitsplatzverluste und Störungen in den globalen Lieferketten. Die von Trump verfolgte Zollpolitik ist breit gefächert und zielt auf zahlreiche Handelspartner ab, darunter wichtige Produktionsländer für die Fahrradindustrie wie China, Taiwan und Vietnam, aber auch Absatzmärkte wie Kanada und europäische Nationen. Mit seiner Entscheidung vom 9. April hat Trump Zölle für China erhöht - die höheren Zölle für andere Länder vorerst ausgesetzt. Branchenexperten fürchten einen Dominoeffekt der Zölle, der sich nicht nur auf die Hersteller, sondern auch auf den Einzelhandel und letztendlich die Konsumenten auswirken könnte. Besonders bedroht ist aber die Fahrradbranche in den USA.
So schätzte Trek, dass der vorgeschlagene Strafzoll von 25 Prozent auf Importe von E-Bikes und deren Motoren aus China jährliche Kosten von mindestens 30 Millionen US-Dollar verursachen und wahrscheinlich zu einem erheblichen Verlust von Arbeitsplätzen in Wisconsin führen würde. Bei einer offiziellen Anhörung vor der International Trade Commission in Washington warnte Trek-Vizepräsident Bob Burns vor den Folgen: Die Verteuerung importierter Waren hätte demnach unmittelbare Konsequenzen für Treks Rentabilität und könnte das Unternehmen zwingen, Preise zu erhöhen oder operative Kosten zu senken, was wiederum zu Entlassungen führen könnte. Konkrete Auswirkungen spürt Trek bereits jetzt: nachdem die USA Energieimporte aus Kanada verteuert hat, wurde von kanadischer Seite der Importzoll auf Sportartikel erhöht. Dies zeigt, wie Zölle zu Gegenmaßnahmen führen können, die den internationalen Handel weiter verkomplizieren und Unternehmen mit komplexen Lieferketten potenziell stark beeinträchtigen. Als Reaktion auf die steigenden Zölle verlagerte Trek einen Teil seiner Produktion aus China und lagerte zeitweise in den USA hergestellte Fahrräder ein, um die Zölle zu vermeiden. Trek-Präsident John Burke hatte sich in einem Offenen Brief bereits im März an Donald Trump gewandt und seine politischen Leitlinien kritisiert: „Wenn wir die Welt anführen wollen, brauchen wir Freunde“, war eine seiner Aussagen.
Der US-Amerikanische Händlerverband NBDA erklärte: „Die vorgeschlagenen Zölle würden zu Einzelhandelspreiserhöhungen von über 25 Prozent und potenziell einem Umsatzrückgang von 15 Prozent führen, was zu Konkursen vieler Einzelhändler führen könnte.“ Auch Specialized Bicycle Components sieht sich aufgrund der Importzölle mit Herausforderungen konfrontiert. Da das Unternehmen Rahmen und Komponenten aus Taiwan bezieht, einem Land mit einem großen Handelsüberschuss gegenüber den USA, wäre das Unternehmen von den geplanten Zöllen betroffen. Bob Margevicius, Executive Vice President von Specialized, warnte die US-Fahrradbranche könnte im Handelskrieg zum Kollateralschaden werden. In einem Statement auf der Seite des Händlerverbands NBDA erklärte er: „Der Zoll von 25 Prozent auf Fahrräder, Fahrradkomponenten und Fahrradsicherheitszubehör – wird katastrophale Folgen für den US-Fahrradmarkt haben.“ Was die Industrie beschäftigt, sind die ständigen Änderungen. Was am 8. April noch als unverrückbar bestätigt wurde, ist am 9. April schon wieder Geschichte. Offensichtlich war der Gegenwind für Trump zu groß - er konzentriert sich ganz auf den Konflikt mit China. Die anderen Zölle sind vorerst ausgesetzt. Die Börse feierte den Schritt mit explodierenden Kursen - für einzelne Unternehmen bleibt das Dilemma fehlender Planungssicherheit.
Für Tern Bicycles, ein in Taiwan ansässiges Unternehmen, das seine E-Cargo-Bikes in Vietnam für den US-Markt montiert, stellten die geplanten "reziproken Zölle" eine existenzielle Bedrohung dar. Das Unternehmen würde sich mit Zollgebühren in Höhe von einer Million US-Dollar konfrontiert sehen, da die Zölle auf E-Bikes aus Vietnam von null auf 46 Prozent und auf Standardfahrräder auf 57 Prozent stiegen. Steve Boyd, General Manager von Tern für Nordamerika, bezeichnete die Situation als "nicht tragbar" und forderte die Branche auf, sich bei ihren politischen Vertretern zu engagieren. Dass am 9. April entschieden wurde die Erhöhung der Zölle vorerst auszusetzen, verschafft Zeit für Verhandlungen.
An der Börse ist man sich nicht sicher, ob Trump die Zölle nicht doch wieder zurücknimmt. Die Kehrtwende am 9. April lässt die Investoren hoffen. Analysten warnen aber vor den möglichen Konsequenzen von Handelsbarrieren. Spürbar wären die Folgen z.B. für Shimano, das Produktionsstätten in Ländern wie China, Singapur und Malaysia betreibt. Allerdings spielt der Absatzmarkt Nordamerika für Shimano eine untergeordnete Rolle. Beim Umsatz entfallen nur rund 5,6 Prozent auf Nordamerika. Zum Vergleich: 54 Prozent der Einnahmen wurden 2024 mit Verkäufen in Europa erzielt. Für Verbraucher in den USA ist der Preisanstieg kaum zu vermeiden: auch SRAM produziert in China und ist daher von höheren Importzöllen betroffen. Die Taiwan Bicycle Association (TBA) befürchtet Auswirkungen der US-Zölle auf die taiwanesische Fahrradindustrie. Der Vorsitzende der TBA, Robert Wu, forderte die Regierung Taiwans auf, Steuern zu senken, um die Fahrradhersteller zu unterstützen.
Vermutlich wird es für Verbraucher, Hersteller und Radhändler in Europa kaum Auswirkungen durch den Handelskonflikt geben. Produkte US-Amerikanischer Marken werden meist in Asien gefertigt und beim direkten Import nach Europa ändert sich nichts an der Zollsituation. Hier könnte es höchstens indirekte Folgen haben, wenn aufgrund sinkender Nachfrage in den USA mehr Produkte auf den europäischen Markt kommen. Nachdem der europäische Fahrradmarkt zuletzt angeschlagen war, wäre das auf keinen Fall eine gute Entwicklung. Für die deutsche Fahrradbranche haben die USA als Absatzmarkt hingegen keine große Bedeutung. Gegenüber dem Branchendienst Velobiz erklärte Burkhard Stork vom ZIV – Die Fahrradindustrie: „Mit knapp 8 Mio. Euro Umsatz ist der USA-E-Bike-Export eine kleine Nische.“ Die Marktbedeutung der USA für die deutsche Fahrradbranche ist gering – für einzelne Unternehmen können die höheren Zölle aber spürbar sein. So hat z.B. der Koblenzer Versender Canyon in den letzten Jahren sein Geschäft in den USA ausgebaut. Aber in der Welt der “Deals” von Donald Trump ist alles möglich - vielleicht sind all die angedrohten Zölle schnell vergessen, wenn ihm zu viel Gegenwind aus dem eigenen Land entgegenschlägt.