Türwarnsysteme als PflichtBundesregierung plant besseren Radfahrerschutz

Sandra Schuberth

 · 09.12.2025

Türwarnsysteme als Pflicht: Bundesregierung plant besseren RadfahrerschutzFoto: ADFC
Die Bundesregierung plant laut Medienberichten eine verpflichtende Einführung von Türwarnsystemen in Kraftfahrzeugen, um sogenannte Dooring-Unfälle mit Radfahrenden zu verhindern. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begrüßt diesen Vorstoß, betont jedoch, dass sichere Radwege mit ausreichendem Abstand zu parkenden Autos der entscheidende Faktor für die Sicherheit im Radverkehr seien.

Die Bundesregierung will offenbar die Sicherheit von Radfahrerinnen und Radfahrern durch technische Maßnahmen verbessern. Wie aus Medienberichten hervorgeht, sollen Autohersteller künftig verpflichtet werden, ihre Fahrzeuge mit Türwarnsystemen auszustatten. Diese sollen verhindern, dass Radfahrende durch plötzlich geöffnete Autotüren zu Fall kommen. Dieser Unfalltyp ist als „Dooring” bekannt. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begrüßt diesen Vorstoß grundsätzlich, sieht jedoch in der Verbesserung der Radinfrastruktur den wichtigeren Hebel. "Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Sicherheit von Radfahrenden verbessern will. Denn tödliche Fahrradunfälle haben in den letzten zehn Jahren zugenommen – vor allem durch schlechte Aufteilung und Gestaltung von Straßen", erklärt ADFC-Bundesgeschäftsführerin Dr. Caroline Lodemann. Die Unfallstatistik gibt ihr recht: Jährlich sterben über 400 Radfahrerinnen und Radfahrer im Straßenverkehr, mehr als 90.000 werden verletzt, teilweise schwer. Der Hauptunfallgegner ist dabei das Auto. Auch unser Kollege hat schon vieles gesehen und erlebt in 12 Jahren Pendeln per Fahrrad.



Dooring als unterschätzte Gefahr

Obwohl Dooring-Unfälle in der bundesweiten Statistik nicht gesondert erfasst werden, belegen regionale Zahlen die Relevanz des Problems. In Berlin steht das "verkehrswidrige Verhalten beim Ein- und Aussteigen" mit 435 Unfällen an dritter Stelle der Hauptunfallursachen gegenüber Radfahrenden. In Köln wurden 2024 insgesamt 120 Dooring-Unfälle registriert. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat zudem ermittelt, dass fast jeder fünfte Fahrradunfall im Zusammenhang mit parkenden Autos steht. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Dooring ein ernstzunehmendes Sicherheitsproblem darstellt, das durch verschiedene Maßnahmen adressiert werden muss. "Moderne Fahrzeugtechnik kann helfen, menschliches Fehlverhalten im Straßenverkehr zu kompensieren. Beim Thema Dooring muss man aber genauer hinschauen: Wenn eine Person auf dem Rad durch eine unvorsichtig geöffnete Autotür stürzt, fehlt dort ein sicherer Radweg", betont Lodemann.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Infrastruktur als entscheidender Faktor

Der ADFC sieht in der Verbesserung der Radinfrastruktur den Schlüssel zur Unfallprävention. "Gute Radwege müssen mit ausreichend Sicherheitsabstand zu parkenden Autos angelegt werden. Diese sogenannte 'Dooring-Zone' stellt sicher, dass man auf dem Rad gar nicht erst durch die gefährliche Türzone fahren muss", erläutert Lodemann. Der Verband weist seit Jahren auf die Gefahren durch veraltete und unsichere Radinfrastruktur hin. "Sicheren Radverkehr gibt es nur auf guten Radwegen – doch der Ausbau der Radwegenetze kommt viel zu langsam voran." Die Situation werde durch Kürzungen in den Etats für den Radwegebau zusätzlich verschärft. Während in den Niederlanden und Dänemark bereits seit Jahrzehnten in sichere Radinfrastruktur investiert wird, hinkt Deutschland bei der Umsetzung moderner Standards hinterher. Besonders in Großstädten, wo der Platz begrenzt und der Verkehr dicht ist, fehlen häufig ausreichend breite und geschützte Radwege.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Mehrgleisiger Ansatz zur Unfallvermeidung

Neben der Infrastruktur und der nun diskutierten Fahrzeugtechnik gibt es weitere Ansätze zur Vermeidung von Dooring-Unfällen. Eine simple, aber effektive Methode ist der sogenannte "Dutch Reach". In den Niederlanden ist es gängige Praxis, die Autotür mit der von der Tür abgewandten Hand zu öffnen. Dadurch dreht sich der Oberkörper automatisch nach hinten, was einen Schulterblick erleichtert und das sichere Öffnen der Tür fördert. Diese Technik könnte auch in Deutschland stärker in der Fahrausbildung verankert werden. Die nun diskutierten technischen Lösungen umfassen Warnsysteme, die herannahende Radfahrende erkennen und den Fahrzeuginsassen akustisch warnen. Im Ernstfall könnten fortschrittliche Systeme die Tür sogar kurzzeitig blockieren. "Wichtig ist, dass diese Systeme sowohl auf Fahrer- als auch auf Beifahrerseite eingesetzt werden. Denn Radwege verlaufen oft rechts von Kfz-Parkplätzen. Oft fehlen Radwege aber auch – und der Radverkehr wird links an parkenden Autos vorbeigeführt", erklärt Lodemann.

Forderung nach ganzheitlichem Sicherheitskonzept

Der ADFC unterstützt die Initiative der Bundesregierung, betont jedoch die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes. "Die Bundesregierung sollte Türwarnsysteme vorschreiben und gleichzeitig den Ausbau sicherer Radwege deutlich beschleunigen", fordert Lodemann. Neben Dooring-Unfällen sind Kollisionen an schlecht gestalteten Kreuzungen und Einmündungen ein Schwerpunkt des Unfallgeschehens. Hier könnten bauliche Maßnahmen wie geschützte Kreuzungen nach niederländischem Vorbild die Sicherheit erhöhen. Auch die konsequente Trennung von motorisiertem Verkehr und Radverkehr durch baulich getrennte Radwege würde zu einer deutlichen Verbesserung führen. Der ADFC setzt sich als größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland mit über 240.000 Mitgliedern auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs ein. Dabei steht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden im Mittelpunkt.

Meistgelesen in der Rubrik Kaufberatung